Enwor 5 - Das schwarze Schiff
seiner Seite war er verloren.
Er nickte wortlos und blieb unter dem Eingang stehen, während der Freisegler weiterging, um den Navigator zu suchen.
Das Innere der Höhle war vom tanzenden Licht brennender Fackeln erhellt. Es war merklich wärmer als draußen auf dem Strand, und dort, wo Fackeln und Kohlebecken aufgestellt waren, begann das Eis bereits zu schmelzen und sich in kleinen, schimmernden Rinnsalen zu sammeln. Der Boden der Eishöhle fiel zur Mitte leicht ab, und Skar sah, daß sich an der tiefsten Stelle bereits ein kleiner See aus Schmelzwasser angesammelt hatte. Sein Wasser begann wieder zu gefrieren und zu blattdünnen Schwestern der mächtigen weißen Schollen draußen auf dem See zu erstarren, aber es floß rascher nach, als es gefrieren konnte, und die dünne weiße Haut riß immer wieder auf. Wenn das Eis weiter im gleichen Maße schmolz, dann würden sie bald bis zu den Knöcheln im Wasser stehen. Aber sie brauchten die Wärme, wenn sie auch nur die erste Nacht überstehen wollten.
Skar verschob auch die Lösung dieses Problems — wie so vieler anderer — auf später. Er trat vom Eingang zurück, um einer weiteren Gruppe Matrosen, die schwerbeladen und zitternd vor Kälte hinter ihm durch den Eingang drängten, Platz zu machen, lehnte sich mit verschränkten Armen gegen das Eis und sah sich neugierig um. Er war zum ersten Mal hier oben, und die Höhle war größer, als er erwartet hatte — ein mächtiger gewölbter Dom, dessen Decke von gigantischen Stalagmiten aus Eis wie von bizarren Stützpfeilern getragen wurde. Trotzdem herrschte eine bedrückende Enge. An die dreißig Männer drängten sich auf dem schimmernden Eis, errichteten provisorische Lagerstellen oder waren damit beschäftigt, in dem Durcheinander von Fässern, Kisten und Bündeln wenigstens den Anschein von Ordnung zu schaffen. Und fast die gleiche Anzahl von Männern war noch draußen auf dem Schiff. Es würde sehr eng werden, wenn sie die gesamte Mannschaft hierher evakuieren mußten. Obwohl die Höhle groß war, drängten sich die Männer auf einem relativ kleinen Teil des Innenraumes zusammen; wie eine Herde verängstigter Tiere, die sich schutzsuchend aneinanderschmiegte.
Er entdeckte Dels hochgewachsene, in schwarzes Horn gepanzerte Gestalt im Hintergrund der Höhle, löste sich mit einem Stirnrunzeln von seinem Platz und ging auf ihn zu, so rasch es das Gedränge zuließ. »Was tust du hier oben?« begann er übergangslos. »Ich dachte, du wärest noch unten auf dem Schiff.«
Del sah von dem Bündel auf, mit dem er beschäftigt gewesen war, schüttelte den Kopf und grinste. »Wie du siehst, bin ich es nicht mehr.«
Skar setzte zu einer wütenden Antwort an, riß sich aber im letzten Moment zusammen und schluckte seinen Ärger hinunter. Er war gereizt, und es hatte wenig Sinn, wenn er sich jetzt zu allem Überfluß auch noch mit Del stritt.
»Vela?«
Del deutete mit einer Kopfbewegung auf eine zusammengekauerte, in graues Tuch gekleidete Gestalt ein Stück hinter sich und stand auf. Sein Gesicht wurde übergangslos ernst. »Ich hatte meine Gründe, schon jetzt hier heraufzukommen, Skar«, sagte er. »Und es ist gut, daß du da bist. Ich hätte dich so oder so rufen lassen. Ich muß mit dir reden.«
Skar deutete auf die Errish. Sie schien zu schlafen. Ihre linke Hand lag in einer unbewußten beschützenden Geste auf ihrem Leib, die andere hatte sich in einen Zipfel ihres Gewandes gekrallt. Ihre Lippen bebten. Wenn sie schlief, dann war es kein guter Schlaf. »Ihretwegen?« Del nickte. »Auch. Du weißt, daß Gowenna ihr etwas ins Essen mischt.«
Skar nickte. Es war kein Geheimnis — die Ehrwürdige Mutter von Elay selbst hatte Gowenna den Beutel mit dem weißen Pulver gegeben, das sie ihr unter die Mahlzeiten mischte; eine Droge, die sie ruhig und ungefährlich halten würde, bis sie am Ziel ihrer Reise angekommen waren. »Und?«
»Du solltest es ihr verbieten«, sagte Del. »Sag ihr, daß sie damit aufhören soll.«
»Ich kann ihr nichts verbieten«, sagte Skar mit einem entschiedenen Kopfschütteln, »das weißt du. Vela ist ihre Gefangene. Wir sind nur als bessere Leibwächter hier.«
Del stieß ein ungeduldiges Knurren aus. »Unsinn«, sagte er. »Rayan hat dir das Kommando über Schiff und Mannschaft gegeben. Wenn du es ihr befiehlst, dann muß sie gehorchen.«
»Vielleicht«, sagte Skar. »Vielleicht würde sie es tun, wenn ich es befehlen würde. Aber warum?« »Warum?« Del schürzte wütend die
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