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Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sah dem Mädchen kopfschüttelnd nach, aber er lächelte noch immer, als er sich wieder zu Skar herumdrehte. »Manchmal beneide ich sie«, flüsterte er.
    »Kiina?«
    »Die Menschen. Euch. Eure Welt ist so… so einfach. So klar.«
    »Ich kenne eine Menge Männer und Frauen, die anderer Meinung sind«, wandte Skar vorsichtig ein. Aber er verstand, was der Quorrl meinte, und Titch schien das ebenfalls zu spüren und sparte sich die Mühe, seine Worte zu erklären.
    Skar drehte den Kopf und sah zum Eingang. Der Vorhang bewegte sich, aber es war nur ein Windzug. Wie er Kiina kannte, würde sie mindestens zehn Minuten lang durch die Ruine toben und Steine und Mauerwerk mit Fußtritten traktieren, ehe ihr Stolz es ihr gestattete, wieder zurückzukommen. Mehr Zeit, als er brauchte.
    Trotzdem senkte er die Stimme fast zu einem Flüstern, als er weitersprach. »Es gibt noch einen Grund, aus dem ich in euer Land muß, Titch.«
    Der Quorrl starrte ihn an, schwieg.
    »Kiina«, sagte Skar. »Ian und seine… Maschinen haben sich um sie gekümmert, aber sie ist noch immer krank.«
    »So wie du.«
    Skar tat so, als hätte er den Einwurf gar nicht gehört. »Das Gift«, fuhr er fort, »das sie in Elay eingeatmet hat, ist noch immer in ihrem Körper.«
Und in seinem. Sein linker Arm tat jetzt
weh;
er mußte sich beherrschen, um die Hand still zu halten, damit Titch nichts davon merkte.
»Sie wird sterben, vielleicht nicht mehr innerhalb weniger Tage, aber in ein paar Monaten.«
    »Ich weiß«, antwortete Titch ungerührt. »Hast du schon vergessen, wer dir die Legende vom Sternenfeuer erzählt hat, Satai?«
    »Und das Wasser des Lebens«, fügte Skar hinzu. »Verdammt, Titch, ich bitte nicht für mich. Ich bin ein alter Mann. Es spielt keine Rolle, ob ich heute sterbe oder in fünf Jahren. Aber Kiina ist jung.«
    »Du bittest nicht für dich«, wiederholte Titch seine Worte.
    »Wie edel. Was bringt euch Menschen eigentlich dazu, zu glauben, eine Bitte wäre weniger als eine Bitte, wenn ihr sie für
andere
stellt?« Er schnitt Skar mit einer fast zornigen Bewegung das Wort ab, als er antworten wollte. »Was bringt
dich
dazu, Satai, zu glauben, ich würde
dein
Leben opfern, um
ihres
zu retten?« »Nichts«, gestand Skar. »Du hast recht. Entschuldige. Es war dumm. Wirst du uns helfen?«
    »Vielleicht«, knurrte Titch. »Wenn ich es kann. Wenn es dich nicht umbringt. Wenn wir jemals so weit kommen. Der Weg zum Sturz von Ninga ist weit. Sehr weit, vor allem für einen Menschen.« Er drehte sich mit einer abrupten Bewegung zur Seite und machte auf diese Weise deutlich, daß er nicht weitersprechen wollte; schon gar nicht über dieses Thema.
    »Wir sollten schlafen«, sagte Skar. »Vielleicht können wir alle morgen früh ein wenig klarer denken.« Er stand auf, reckte sich ausgiebig über dem Feuer und massierte dabei seinen schmerzenden Arm, ohne daß der Quorrl es bemerkte.
Es wird dich töten, wenn du, versuchst, es zu entfernen. Aber es wird dich auch töten, wenn du es nicht tust.
Er hatte Anschi nicht gefragt, wieviel Zeit ihm blieb, aber er hatte plötzlich das Gefühl, daß es weniger sein mochte, als er bisher angenommen hatte. Sehr viel weniger.
    »Ich gehe und hole Kiina zurück, ehe sie sich eine Lungenentzündung einhandelt«, sagte er in bewußt lockerem Ton. »Wir reden morgen früh weiter.«
    Titch antwortete nicht, sondern rollte sich da, wo er lag, zu einem schuppigen Ball zusammen und schloß demonstrativ die Augen. Skar hatte es plötzlich sehr eilig, den Raum zu verlassen.
    Er fand Kiina auf der alten Wehrmauer, mit fröstelnd um den Oberkörper geschlungenen Armen gegen die Brüstung gelehnt und den Blick starr nach Süden gerichtet, in den schwarzen Schlund, in den die Nacht das Tal der Drachen verwandelt hatte. Er gab sich keine Mühe, leise zu sein, und Kiina mußte ihn hören, aber sie drehte sich weder zu ihm um, noch reagierte sie, als er sich neben ihr gegen das zerborstene Gemäuer lehnte.
    Im ersten Moment glaubte er, weit im Süden einen hellen Funken zu sehen, aber der Feuerschein war nicht wirklich; sie waren viel zu weit vom Turm entfernt, um die Flammen erkennen zu können.
    Was
er jedoch spürte, war etwas anderes: Das unheimliche Flüstern und Drängen in seinen Gedanken war erloschen. Der Turm hatte aufgehört, die Seelen der Menschen zu vergiften. Und nicht nur hier.
    »Sie werden uns verfolgen«, sagte Kiina plötzlich.
    »Ich weiß.« Skar lächelte aufmunternd, obwohl sie es nicht sah. »Hast du

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