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Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sehr schlimm, aber von jener penetranten Art, die es einem unmöglich machte, ihn zu ignorieren.
    »Aber selbst wenn es ihnen gelingt«, fuhr er nach einer Pause fort, »haben sie nichts mehr als eine Ruine. Es war Ennart, dessen Macht wir gespürt haben. Nicht die des Turmes.« Was nur die halbe Wahrheit war. Aber Skar hatte sich längst entschieden, weder Kiina noch dem Quorrl etwas von dem zu erzählen, was in den Katakomben unterhalb des Turmes geschehen war, und wie es ihm gelungen war, die Kreatur zu besiegen, die Ennart in seinem Wohnsitz heraufbeschworen hatte. Er wußte auf beide Fragen keine Antwort.
    »Anschi ist tot, sagst du?« fragte Titch, als hätte er Skars Worte erst jetzt richtig verstanden. »Was ist geschehen?«
    »Ian hat sie erschlagen«, antwortete Skar knapp. Sein rüder Ton überraschte ihn selbst, und wenn auch Titch nicht darauf reagierte, so sah doch Kiina verwundert auf.
    »Ian?«
    »Er muß sich irgendwie befreit haben«, sagte Skar. »Ich will nicht darüber reden.«
    Kiina schien das zu akzeptieren, während er bei Titch nicht einmal sicher war, ob er seine Antwort verstanden hatte. Skar beugte sich vor, warf einen Holzscheit in die Flammen und betrachtete abwechselnd seinen prickelnden linken Arm und den Quorrl. Keines von beiden gefiel ihm. Um seinen Arm würde er sich später kümmern — da war etwas, im Hintergrund seiner Gedanken, aber nicht sehr weit, was damit zu tun hatte, damit und mit Anschi. Der Anblick des Quorrl bereitete ihm Sorge.
    Ihre Flucht aus dem Turm und der stundenlange Flug hierher mußte auch Titch bis an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit erschöpft haben, aber das war nicht alles. Titch wirkte… leer. Nicht einfach nur erschöpft, sondern ausgebrannt, eine Hülle aus Fleisch und Blut und Knochen, der die Seele abhanden gekommen war.
    Was hast du erwartet?
flüsterten seine Gedanken.
Er hat seinen Gott getötet.
    »Ist mit dir… alles in Ordnung?« fragte er zögernd.
    Zum ersten Mal, seit Skar hereingekommen war, sah der Quorrl auf. Seine Lippen verzogen sich zu einem bitteren, harten Lächeln. »Natürlich«, antwortete er. »Sollte es nicht?«
    »Ennart war —«
    »Ich weiß, wer Ennart war«, unterbrach ihn Titch, so laut und herrisch — fast drohend, daß die beiden
Errish
auf der anderen Seite des Feuers überrascht aufsahen. Skar verstand. Der Quorrl wollte nicht darüber reden. Und er akzeptierte es ebenso, wie Titch die Tatsache respektierte, daß er nicht über Anschis Tod sprechen wollte. Fast nur, um überhaupt etwas zu sagen und das Schweigen nicht quälend werden zu lassen, wechselte er abrupt das Thema.
    »Was geschieht jetzt?«
    »Was sollte deiner Meinung nach geschehen?«
    Skar spürte, daß es besser gewesen wäre, zu schweigen. Sie waren alle erschöpft und auf die eine oder andere Weise der Verzweiflung nahe. Es war nicht der Zeitpunkt,
Pläne
machen zu wollen, die über ihr bloßes Überleben hinausgingen. Alles, was dabei herauskommen konnte, war ein Streit zwischen Titch und ihm. Aber er konnte auch nicht einfach schweigen und den Quorrl seinem Schmerz überlassen.
    Er machte eine Kopfbewegung in die Richtung, in der er hinter den zerfallenen Mauern des Turmes das Tal vermutete. »Was dort passiert ist, ändert nichts. Ich will noch immer in den Norden.« »So?« sagte Titch böse. »Wozu? Noch ein paar Götter erschlagen?«
    »Nein. Nur Betrüger, die sich dafür ausgeben.«
    Zu seinem Erstaunen reagierte Titch ganz anders auf seine Worte, als er erwartet hatte. Statt zornig zu werden, lächelte der Quorrl plötzlich. »Du täuschst dich, Satai. Sie sind keine Betrüger. Er
war
ein Gott.«
    »Ein sonderbarer Gott, der verblutet, wenn man ihn durchbohrt«, mischte sich Kiina ein. Skar warf ihr einen gleichermaßen erschrockenen wie warnenden Blick zu, aber Titch reagierte auch diesmal nicht zornig, sondern nur mit einem milden, fast mitleidigen Lächeln.
    »Sie sind Wesen aus Fleisch und Blut, das ist richtig, Menschenkind«, sagte er. »Und? Glaubst du, er wäre deshalb weniger Gott?«
    »Götter sterben nicht«, beharrte Kiina.
    »Eure Götter vielleicht«, erwiderte Titch. »Weil sie niemals gelebt haben. Weil es sie nicht gibt.« »Dann geh doch zu ihnen, du… du Fischgesicht!« fauchte Kiina. Zornig stand sie auf, fuhr herum und stürmte aus dem Raum. Ihr plötzlicher Wutausbruch überraschte Skar nicht einmal. Sie waren alle zu erschöpft und müde, um noch die Kraft für andere als extreme Gefühle zu haben.
    Titch

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