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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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nehmen.«
    Â»Das ist wirklich ziemlich seltsam«, gab Lara
irritiert zu.
    Â»Wir kamen also überein«, fasste Eusebius zusammen,
»dass wir eine Gesandtschaft nach Epicordia schicken. Ich habe mich mit Tom und
Ms Jones beraten und sie schlugen vor, einen Nachtwächter mit auf die Reise zu
nehmen. Und so kamen wir auf Ms McNamar, die ja schon mit dir und Tom
zusammengearbeitet hat.«
    Geneva zwinkerte Lara mit ihren smaragdgrünen Augen
zu. Dass eines davon nicht echt war, fiel tatsächlich kaum auf.
    Â»Aber was ist Epicordia denn jetzt überhaupt?«, wollte
die junge Schlüsselmacherin wissen.
    Â»Epicordia ist ein labyrinthartiges System aus
Katakomben und Höhlen, das sich im Fels unter Ravinia erstreckt«, erklärte Tom
ihr. »Ich war noch nie dort, aber das war auch so gut wie niemand sonst. Es
soll viel größer sein, als die Stadt hier oben. Das Mondvolk hat diesen Ort für
sich beansprucht, da sie sich bei Tageslicht ohnehin nicht oben aufhalten
könnten. Und da sich niemand auf einen Streit um Territorien mit dem Mondvolk
einlassen wollte, ist man wohl übereingekommen, dass die Menschen oben in der
Stadt leben und das Mondvolk – und was sonst nicht alles – darunter. Der
Einflussbereich der Stadt erstreckt sich nicht bis Epicordia.«
    Â»Die leben in der Kanalisation?«, fragte Lara
verunsichert.
    Tom schüttelte den Kopf.
    Â»Darunter, Lara, tief darunter.«

    Also war es beschlossene Sache. Ablehnen
hätte Lara ohnehin nicht können. So etwas schlug man nicht aus, wenn man von
hoher Stelle darum gebeten wurde.
    Sie waren übereingekommen, dass sie mindestens eine
Übernachtung in den Tiefen von Epicordia in Erwägung ziehen sollten. Immerhin
wusste niemand so genau, was sie dort erwartete. Niemand, den sie kannten, war
jemals dort gewesen, Francesco einmal ausgenommen, doch er gehörte ja auch zum
Mondvolk. Und mit ihm waren sie nun verabredet. Am Nachmittag, wenn das
Sommerfest im Rondell in vollem Gange sein würde, würde kaum jemand es
bemerken, wenn eine Kommissarin, eine Nachtwächterin und zwei Schlüsselmacher sich
heimlich an den eigenartigen Ort begaben.
    Â»Brauchen wir Schlafsäcke?«, rief Lara durch die offen
stehende Tür ihres Zimmers die Treppe hinunter.
    Â»Nein«, tönte es zurück. Seine Einsilbigkeit hatte Tom
immer noch nicht vollends abgelegt. Vor allem dann nicht, wenn er genervt war.
Na ja, wer konnte es ihm verdenken? Immerhin packte sie ihre paar Sachen schon
seit geraumer Zeit zusammen. Sollte sie warme Socken mitnehmen oder nicht?
    Sie hörte Schritte auf den knarrenden Holzstufen, kurz
darauf erschien Tom im Türrahmen.
    Â»Und?«, fragte er.
    Lara packte ihren
Kulturbeutel in den Rucksack, zog den Reißverschluss zu und warf ihn mit
Schwung auf ihren Rücken.
    Â»Fertig«, sagte sie und kam sich so albern dabei vor,
wie eines der Mädchen aus ihrer früheren Schule, von denen sie immer gedacht
hatte, dass sie nie so werden wollte. Hatte sie wirklich eine Stunde gebraucht,
um sich zu entscheiden, was sie im Dunkeln an einem ihr unbekannten Ort
anziehen wollte? Verrückt.
    Wortlos folgte sie Tom hinunter in die Diele der Wohnung,
die sie gemeinsam bewohnten. Sie lag im Torhaus der Burg Ravinia, in der auch
die Raben und Lord Hester, der Rabenlord von Ravinia, zu Hause waren.
Verwinkelt und über mehrere Etagen und Halbetagen war die große Wohnung
irgendwie ins Torhaus und in die Mauern der Burg integriert und über und über
mit Büchern vollgestopft. Mancher Bibliothekar wäre blass vor Neid geworden,
hätte er die Tausende von Büchern gesehen, die Tom hier hortete und von denen
er auch jedes einzelne verschlungen hatte im Laufe der Zeit. Nur für die Art
und Weise, wie er sie aufbewahrte, hätte Tom jede Menge Schelte bekommen. Es gab zwar Regale, doch waren sie auf- und
übereinandergestapelt und ließen nur selten einen Blick auf die grauen
Bruchsteine der Burgmauer dahinter frei.
    Lara liebte diese Wohnung über alles. Sie war ihr
zusammen mit dieser von Seltsamkeiten durchwebten Stadt zum neuen Zuhause
geworden.
    Sie durchquerten – wie so oft schon – das Viertel des
Adels in der Oberstadt, stiegen die stark abfallende Straße zur Unterstadt
hinab, bogen vor dem Hospital Richtung Westen ab und folgten den unauffälligen
Gassen bis zur Sternwarte von Ravinia. Das Rondell lag nur zwei Straßenecken
entfernt von

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