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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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schweren Stahltür hinunter,
die dem Kellereingang gegenüber in die Betonwand eingelassen war.
    Dahinter herrschte tiefste schwarze Dunkelheit. Die
ewige Nacht schien wie ein Tier dahinter zu lauern und wie ein Tier sprang sie
auf sie zu.
    Lara duckte sich und Geneva glitt reflexartig zur
Seite, sodass nur Myra Jones umgeworfen wurde. Sie schrie.
    Â»Was –«, rief Tom, doch ein kehliges Knurren ließ
ihn verstummen. In einer fließenden Bewegung
glitt Genevas Schwert aus dem Köcher auf ihrem Rücken.
    Das Wesen, das Myra zu Boden drückte, sah einem
Menschen entfernt ähnlich. Es hatte Arme und Beine, jedoch zu lange und
spindeldürre. Dort, wo nicht spärliche Borsten auf seinem Körper wuchsen, war
es in so etwas wie Spinnfäden eingewickelt. Es dreht den Kopf und Lara erschrak
erneut, als sie sein Gesicht sah. Ein breites Maul mit Fangwerkzeugen mahlte
dort vor sich hin. Darüber befanden sich in zwei Reihen acht nachtschwarze
Augen.
    Â»Halt!«, ging Francesco dazwischen. »Diese Menschen
stehen unter meinem Schutz. Sie sind Gäste der ehrwürdigen Familie Bastiani«.
    Das Spinnwesen krabbelte auf allen vieren von der in
Schockstarre verharrenden Myra. Flink baute es sich vor Francesco auf, sodass
sein unheimliches Gesicht nur einige Fingerbreit von Francesco entfernt war.
Geifer lief ihm aus den Mundwinkeln.
    Â»Menschen?«, knurrte es. »Dass du dein Weib ab und an
mitnimmst nach Elo, mag ja sein, Bastiani. Aber weitere vier Menschen?«
    Es spähte in die Runde.
    Â»Es ist, wie es ist«, entgegnete Francesco bloß. »Sag
der Garde, sie sollen es akzeptieren. Sie kommen nicht her, um uns zu schaden,
sondern um uns zu helfen.«
    Â»Bastiani«, schrie das schaurige Wesen auf und Lara
konnte sehen, wie Francesco Fäden von Geifer ins Gesicht spritzten. Gemäßigter
fuhr es fort. »Ich nehme dich beim Wort, Francesco. Doch das reicht mir nicht.
Sag deinem Clan, dass sie der Garde gegenüber persönlich haften werden, falls
diese Menschen auch nur den kleinsten Schaden anrichten.«
    Francesco wischte sich über das Gesicht.
    Â»Ihr würdet es ohnehin nicht wagen, die ehrwürdige
Familie Bastiani zur Verantwortung zu ziehen.«
    Â»Ah«, machte das Wesen. »Bedenke nur Folgendes: Würden
Resto Nello oder Milan Petric uns daran hindern? Und was würde Fernando
Bastiani wohl sagen, wenn wir ihn von deiner Schande erlösen?«
    Francesco stieß das Spinnwesen fort.
    Â»Tu, was ich dir sage«, sagte er grob. »Es gibt
Regeln, die wir befolgen. Und ja, ich stehe für sie ein.«
    Das Spinnwesen schnaubte, schüttelte den Kopf und
verschwand schließlich mit zwei Sprüngen in der Dunkelheit hinter der Tür.
    Myra ließ sich von Geneva und Lara auf die Füße
helfen.
    Â»Was war das denn?«
    Â»Ein Mann von der Spinngarde«, erklärte Francesco.
»Sie bewachen die Zugänge nach Epicordia, und zwar rigoros. Wie euch
aufgefallen sein dürfte, mögen sie da unten keine Menschen.«
    Â»Das war ja ziemlich anschaulich«, machte Myra ihrem
Schrecken mit einer guten Portion Sarkasmus Luft.
    Â»Tja«, meinte Geneva. »Wie schon im Uhrenturm erwähnt,
waren die Menschen von Ravinia alles andere als freundlich. Überall haben wir
Angst vor dem, was anders ist. Sogar in Ravinia.«
    Â»Ja«, bekräftigte Francesco. »Epicordia ist da
ähnlich. Nur … andersherum. Dort hat man Angst vor allem, was Mensch ist.«
    Als ob er mit diesen Worten ihren Ausflug in die
Dunkelheit untermauern wollte, ging er einen Schritt auf die Tür zu. Geneva
folgte ihm unerschrocken.
    Â»Gibt es Lampen dort unten?«, fragte Myra vorsichtig
hinter ihnen.
    Zur Antwort entzündete Francesco eine bengalische
Fackel, die das, was vor ihnen lag, in schauriges Orangegelb tauchte.
    Spinnennetze. Wände aus
Spinnennetzen. Dicht gewebt wie seidene Vorhänge, und giftiger Schleim tropfte
von ihnen hinunter. Sie waren versetzt und ineinander verschoben, sodass man
mit einigen Seitwärtsschritten um sie herumgehen konnte. Doch war dies in
völliger Dunkelheit keinem Menschen möglich. Lara hätte nicht einmal zu sagen
gewusst, ob die Nachtwächter, deren Verbündete die Schatten waren, hier ohne
Licht hindurchgefunden hätten.
    Nein, an diesem Ort waren Menschen wahrlich nicht
willkommen, das spürte sie ganz deutlich. Und mit jedem Schritt wurde ihr
bewusster, wie

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