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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timur Vermes
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abnehmen! Das ist ja wohl das Mindeste, auch und gerade von einer Regierung, die sich aufgrund lächerlicher Bedenken (keine eigenen Atomwaffen und dergleichen Ausreden) hartnäckig weigert, den Menschen kostenloses Ackerland in den russischen Ebenen zukommen zu lassen.
    Dass die Politik die derzeitige Pressepanikmache zulässt, ist natürlich der Gipfel der Blödheit: In diesem Chaos sieht ja die eigene Ratlosigkeit noch dümmer aus als sowieso schon, und je größer die Sorge und die Panik sind, desto ratloser steht man als Politkasperl wieder da. Ich meine, mir kann es recht sein, da sieht das Volk Tag um Tag deutlicher, welche Laiendarsteller hier an verantwortlichster Position vor sich hin dilettieren dürfen. Was mich wirklich nur verblüfft, ist, dass nicht schon längst Millionen mit Fackeln und Heugabeln vor diese parlamentarischen Schwatzbuden ziehen, den Aufschrei im Munde: »Was macht ihr mit unserem Geld???«
    Aber der Deutsche ist nun einmal kein Revolutionär. Man muss es sich auch einmal wieder vor Augen halten, dass ihm selbst die sinnvollste, berechtigtste Revolution der deutschen Geschichte 1933 mit einer Wahl ermöglicht werden musste. Eine Revolution nach Vorschrift, sozusagen. Nun, ich kann versichern, ich werde auch diesmal mein Möglichstes dazu tun.
    Ich hatte Sawatzki zum Adlon mitnehmen wollen. Nicht dass ich mir von ihm gewaltige Eingebungen versprach, aber es schien mir angemessen, mit einem Gefolge aufzutreten und für den Fall streitiger Äußerungen einen Zeugen dabeizuhaben – einen Zeugen, wohlgemerkt, aber Sensenbrink musste unbedingt auch noch mitkommen. Ich bin nicht sicher, ob Sensenbrink glaubte, hier hilfreich eingreifen zu können oder aber eher überwachen wollte, was ich so zu sagen hätte. Letzten Endes gehört Sensenbrink, wie ich inzwischen wohl mit Sicherheit zu sagen weiß, zu jener Gruppe von subalternen Unternehmensführern, die meinen, es ginge überhaupt alles nur, wenn sie sich in irgendeiner Form daran beteiligen. Ich kann an dieser Stelle vor derlei nicht genug warnen, es passiert höchstens einmal in hundert oder zweihundert Jahren, dass jemand wirklich ein Universalgenie ist und dann neben manch anderen Tätigkeiten auch noch den kompletten Oberbefehl über die Ostfront an sich ziehen muss, weil sonst alles verloren ist – aber im Normalfalle entpuppen sich diese Universalunentbehrlichen dann eben doch als sehr entbehrlich und nutzlos, Letzteres im glücklichsten Falle. Sehr häufig richten sie nämlich sogar auch noch den allergrößten Schaden an.
    Ich hatte einen schlichten Anzug gewählt. Nicht dass ich mich der Uniform geschämt hätte oder dergleichen, aber ich bin der Ansicht, dass man – gerade als Vertreter kompromissloser Ansichten – gelegentlich gut daran tut, ein betont bürgerliches Bild abzugeben. Die ganzen Olympischen Spiele haben wir 1936 nach diesem Motto bestritten, und wie ich gelesen habe, hat man diesen überwältigenden Propagandaerfolg erst kürzlich in Peking mit guten bis sogar sehr guten Ergebnissen zu kopieren versucht.
    Wir ließen uns im vorweihnachtlich geschmückten Hotel zu dem verabredeten Konferenzraume geleiten. Und obwohl ich mich bemüht hatte, mit leichter Verspätung einzutreffen, waren wir als Erste im Raum. Das war ein wenig ärgerlich, konnte eine strategische Maßnahme jener Presseschmierer sein, aber natürlich auch ein Zufall. Es dauerte nicht lange, bis die Türe sich erneut öffnete. Eine blonde Dame im Kostüm trat ein und kam auf mich zu. Neben ihr ging ein feister Fotograf, der in der dem Berufsstand eigenen abgerissenen Kleidung sofort begann, ungefragt Bilder zu verfertigen. Bevor Sawatzki oder Sensenbrink auf die ungeschickte Idee kommen konnten, uns wie ein Oberlehrer einander vorzustellen, trat ich vor, nahm die Schirmmütze ab, klemmte sie unter meinen Arm und gab der Dame mit einem »Guten Tag« die Hand.
    »Angenehm«, sagte sie kühl, aber nicht unfreundlich, »ich bin Ute Kassler von ›Bild‹.«
    »Die Freude ist ganz auf meiner Seite«, sagte ich, »ich habe schon viel von Ihnen gelesen.«
    »Eigentlich hatte ich von Ihnen den Deutschen Gruß erwartet«, merkte sie an.
    »Dann kenne ich Sie besser als Sie mich«, plauderte ich zurück und geleitete sie zu dem Tisch mit den bereitgestellten Sesseln. »Ich hatte von Ihnen keinen Deutschen Gruß erwartet – und wer hatte nun recht?«
    Sie setzte sich und verstaute sorgsam ihre Handtasche auf einem leeren Stuhle. Dieses ganze

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