Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
Himmels tauchte Dorn auf – rot wie Blut und glitzernd wie eine Million Sterne. Er landete dicht neben Nasuadas Pavillon und die Erde erzitterte unter dem Aufprall seines Gewichts.
Eragon hörte Nasuadas Wachen schreien. Dann scharrte Dorn mit der rechten Vorderpranke über den Boden und die Schreie verstummten.
Aus einem Netz von Tauen, das dem roten Drachen an die Flanken gebunden war, sprangen mehrere Dutzend Soldaten, schwärmten aus, stachen in die Zelte und mähten die Wachmänner nieder, die auf sie zugerannt kamen.
Vom Rand des Lagers her ertönten Hörner. Gleichzeitig klangen vom äußeren Verteidigungsring Kampfgeräusche herüber, die einen zweiten Angriff von Norden vermuten ließen.
Wie viele Soldaten sind es?, fragte er sich. Sind wir umzingelt? Eine so heftige Panik stieg in ihm auf, dass sie seine Vernunft beinahe ausschaltete und er um ein Haar blindlings in die Nacht gelaufen wäre. Einzig das Wissen, dass der Faelnirv für seine Reaktion verantwortlich war, brachte ihn dazu, zu bleiben, wo er war.
Er flüsterte einen schnellen Heilzauber und hoffte, damit dem Schnaps entgegenzuwirken, doch der Zauber wirkte nicht. Enttäuscht richtete er sich auf, zog Brisingr und trat neben Arya, sodass sie Schulter an Schulter standen, als fünf Soldaten auf sie zugerannt kamen. Eragon glaubte nicht, dass er und Arya sie abwehren konnten. Nicht in ihrer momentanen Verfassung.
Die Männer waren keine zwanzig Fuß mehr entfernt, als Saphira knurrte und mit dem Schwanz auf den Boden schlug, was die Soldaten stürzen ließ. Eragon – der Saphiras Vorhaben gespürt hatte – packte Arya und sie hielt sich an ihm fest. Aufeinander gestützt gelang es ihnen, aufrecht stehen zu bleiben.
Dann kamen Bloëdhgarm und ein anderer Elf, Laufin, aus dem Labyrinth der Zelte geeilt und erschlugen die fünf Soldaten, bevor sie wieder auf die Beine kommen konnten. Die anderen Elfen folgten ihnen dichtauf.
Ein weiterer Zug Soldaten, mehr als zwanzig Mann stark, kam auf Eragon und Arya zu, fast so, als wüssten die Männer, wo sie zu finden waren.
Die Elfen stellten sich in einer Reihe vor Eragon und Arya auf. Aber bevor die Soldaten in die Reichweite der Elfenschwerter kamen, wurde ein Zelt aufgerissen und Angela ging mit einem schauerlichen Heulen auf die vollkommen überraschten Soldaten los.
Die Kräuterheilerin trug ein rotes Nachthemd, das gelockte Haar stand ihr wild vom Kopf ab und in jeder Hand schwang sie einen Wollkamm. Die Kämme waren je drei Fuß lang, sahen aus wie kleine Rechen und hatten am Ende zwei Reihen von Stahlzinken. Die Zinken waren länger als Eragons Unterarm und zu nadelähnlichen Spitzen geschärft. Er wusste, dass man sich, wenn man sich daran stach, von der ungewaschenen Wolle, die damit gekämmt wurde, eine Blutvergiftung holen konnte.
Zwei der Soldaten fielen, als Angela ihnen die Wollkämme in die Seite grub, sodass die Zinken die Kettenhemden durchdrangen. Die Kräuterhexe war fast einen Fuß kleiner als die meisten Männer, aber sie zeigte keine Furcht, während sie unter ihnen wütete. Im Gegenteil, sie war der Inbegriff der Wildheit mit ihren zerzausten Haaren, ihrem Geschrei und dem grimmigen Blick ihrer dunklen Augen.
Die Soldaten umzingelten Angela, und Eragon konnte sie in dem Gewühl nicht mehr sehen. Einen Moment befürchtete er, dass die Männer sie überwältigen würden.
Da kam von irgendwoher Solembum auf die Traube der Soldaten zugejagt, mit flach an den Schädel angelegten Ohren. Weitere Werkatzen folgten ihm: zwanzig, dreißig, vierzig – ein ganzes Rudel, alle in Tiergestalt.
Ein Missklang aus Fauchen, Jaulen und Schreien erfüllte die Nacht, als die Werkatzen über die Soldaten herfielen, sie zu Boden rissen und mit Klauen und Zähnen bearbeiteten. Die Soldaten wehrten sich, so gut sie konnten, aber den großen, zottigen Katzen waren sie nicht gewachsen.
Das Ganze, angefangen von Angelas Erscheinen bis hin zum Eingreifen der Werkatzen, war so schnell abgelaufen, dass Eragon kaum Zeit hatte, zu reagieren. Als die Werkatzen sich auf die Soldaten stürzten, blinzelte er und befeuchtete sich seinen ausgedörrten Mund. Alles um ihn herum kam ihm so unwirklich vor.
In diesem Moment sagte Saphira: Schnell, auf meinen Rücken, und sie kauerte sich hin, damit er hinaufklettern konnte.
»Warte!« Arya legte ihm eine Hand auf den Arm und murmelte einige Worte in der alten Sprache. Schon waren alle Beeinträchtigungen seiner Sinne verschwunden und Eragon hatte seinen
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