Erdbeermond: Roman (German Edition)
Grrrl wurde von der Devereaux Corporation gekauft, für eine nicht veröffentlichte achtstellige Summe. (Elf Komma fünf Millionen, falls es Sie interessiert, ich fand das letzten Sommer in irgendwelchen Unterlagen. Nicht dass ich danach gesucht hätte, ich stieß zufällig darauf. Ehrlich.) Plötzlich gehörte Candy Grrrl zum Mainstream und war in den Kosmetikabteilungen von Saks, Bloomingdale’s, Nordstrom zu finden – in allen großen Kaufhäusern. Jedoch waren Candace und George mit den PR-Leuten von Devereaux nicht zufrieden, weshalb sie einige der größten Agenturen in New York einluden, sich für die PR zu bewerben.
»Sie kommen zu spät«, sagte Franklin und spielte nervös mit einer kleinen Perlmutt-Pillendose. Am Morgen hatte ich gesehen, wie er, nicht besonders diskret, ein halbes Xanax eingeworfen hatte, und ich vermutete, dass er die zweite Hälfte nehmen wollte.
Dann hatte Candace, überraschend unauffällig, ihren Auftritt und sah überhaupt nicht wie Candace aus – braune Haare ohne Schnitt, schwarze Leggings und, was besonders seltsam war, ohne einen Klecks Make-up. George hingegen konnte als gut aussehend und charismatisch durchgehen – jedenfalls hielt er sich dafür.
Ariella begann mit einer höflichen Begrüßung, aber George schnitt ihr das Wort ab und verlangte »Ideen«.
»Wenn Candy Grrrl Ihr Kunde wäre, was würden Sie machen?« Er zeigte mit dem Finger auf Franklin.
Franklin stammelte etwas von Präsenz von Berühmtheiten in der Öffentlichkeit, aber bevor er ausgeredet hatte, ging George schon zum Nächsten über. »Und Sie, was würden Sie machen?«
Er ging von einem zum anderen am Tisch und bekam die üblichen standardmäßigen PR-Vorschläge zu hören: Präsenz in der Öffentlichkeit, redaktionelle Beiträge, Einladung an alle Beauty-Redakteurinnen an eine fantastische Location – zum Beispiel auf den Mars.
Als er zu mir kam, versuchte Ariella ihm verzweifelt zu verstehen zu geben, dass ich ein Nichts sei, ein Niemand, ein besserer Roboter, aber George bestand darauf. »Sie arbeitet für Sie, oder? Wie heißen Sie? Anna? Was für Ideen haben Sie?«
Ariella war entsetzt. Und noch entsetzter, als ich sagte: »Ich habe am Wochenende in einem Geschäft in Soho so große Wecker gesehen.«
Dies hier war eine Präsentation, um einen Millionen-Dollarstarken Kunden zu gewinnen, und ich redete von meinem Einkaufsbummel am Wochenende. Ariella hob die Hand an die Kehle, wie eine viktorianische Dame, die im Begriff ist, in Ohnmacht zu fallen.
»Es waren spiegelverkehrte Wecker«, erklärte ich. »Alle Zahlen waren spiegelverkehrt auf dem Zifferblatt, und die Zeiger gingen in die falsche Richtung, liefen also rückwärts. Das heißt, wenn man die Zeit wissen will, muss man sich den Wecker im Spiegel ansehen. Ich stelle mir vor, dass es die perfekte Methode wäre, um für Ihre Time-Reversal Day Cream zu werben. Wir könnten einen Slogan haben wie: ›Sehen Sie in den Spiegel, wir drehen die Zeit zurück.‹ Je nach der Kalkulation, könnten wir ein Kundengeschenk an der Einkaufstheke haben.« (Nebenbei bemerkt für diejenige, die vorankommen möchte: Man sage nie »Kosten«, sondern immer »Kalkulation«. Warum, weiß ich nicht, aber wenn man »Kosten« sagt, wird man nicht ernst genommen, während die breit gestreute Verwendung von »Kalkulation« einem bei den Wichtigen in der Branche Tür und Tor öffnet.)
»Wow«, sagte George. Er setzte sich und blickte in die Runde. »Wow. Das ist fantastisch. Die originellste Idee, die ich hier heute gehört habe. Einfach, aber … sehr wow! Sehr Candy Grrrl.« Er und Candace wechselten Blicke.
Die Anspannung am Tisch veränderte sich: Einige entspannten sich, andere wurden noch angespannter. (Ich sage »andere«, aber ich meine Lauryn.) Dabei muss ich sagen: Ich hatte nicht geplant, eine tolle Idee zu haben, es war nicht meine Schuld, es kam einfach so raus. Ich gebe allerdings zu, dass ich am Abend zuvor bei Saks reingegangen war und eine CG-Broschüre mitgenommen hatte, um mich über ihre Produkte zu informieren.
»Sie könnten sogar überlegen, den Namen zu Time-Reversal Morning Cream zu ändern«, schlug ich vor. Aber ein kleines, heftiges Kopfschütteln von Ariella bremste mich. Ich hatte genug gesagt. Ich traute mir zu viel zu. Lauryn lachte klingend. »Ja, ist das nicht seltsam? Ich habe die Wecker auch gesehen. Ich …«
»Seien Sie still, Lauryn.« Ariella schnitt ihr mit schrecklicher Endgültigkeit das Wort ab, Ende.
Es war
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