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Erde

Erde

Titel: Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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dem, was sie zusammen durchgemacht hatten, ein wenig Anmaßung nicht vorwerfen.
    Aus dem Boden Afrikas entwurzelt und in eine hohe Erdumlaufbahn geschleudert, hatte die experimentelle Arche Kuwenezis Stunden und Tage durchgemacht, in denen das Unheil sie nur um Sekunden verfehlt hatte. Wenn zum Beispiel bestimmte Stromkreise während der ersten kritischen Augenblicke versagt hätten, wäre Nelson nicht imstande gewesen, den größten Teil der sausenden Pyramide gegen hartes Vacuum abzudichten. Auch hätte er keine Flüssigkeiten vom einen Tank zum andern umpumpen können, um so allmählich das unbequeme Taumeln des unfreiwilligen Satelliten zu dämpfen.
    So wie die Dinge lagen, war ein Drittel der Lebenshabitate der Biosphäre tot… Ihre Bewohner waren erstickt, oder gegen diamantharte Barrieren aus Kristallglas geschleudert worden, oder einfach so drastisch veränderten Verhältnissen erlegen.
    Er hätte es nie geschafft, den Rest zu retten ohne Shig und Nell, deren behende Grazie im freien Fall sie wertvoll machte, um Werkzeug zu holen oder in Panik geratene Kreaturen in improvisierte Ställe zu treiben, wo sie angebunden und beruhigt werden konnten. Selbst so hatte die Aufgabe fast hoffnungslos ausgesehen – ein vergebliches Sich-Aufbäumen gegen das Unausweichliche –, bis zu jenem unheimlichen Augenblick, da Nelson ein Gefühl hatte, als hätte ihn jemand auf die Schulter geklopft.
    Er hatte sich rasch in Panik und Erschöpfung umgedreht, fand aber niemanden. Und dennoch hatte diese halluzinatorische Unterbrechung genügt, ihn aus einer engstirnig dumpfen Starre zu reißen… so weit, daß er das Klingeln seines Gürteltelefons bemerkte.
    »H-hallo?« hatte er gefragt, außerstande zu glauben, daß jemand von seiner schweren Verpflichtung wußte oder sich darum kümmerte, daß er dem Vergessen anheimgegeben war an Bord eines Fliegenden Holländers aus Glas und Stahl.
    Es folgte eine lange Pause voller Störgeräusche. Dann hatte eine Stimme gesagt: »NELSON…«
    »Oh… jaa?«
    »ICH WOLLTE DICH WISSEN LASSEN – ES KOMMT HILFE. ICH HABE DICH NICHT VERGESSEN.«
    Er erinnerte sich und blinzelte erstaunt.
    »D-Dr. Wolling? Jen?«
    Er konnte sich nachträglich nicht sicher sein. Die Stimme hatte in vielfacher Weise anders geklungen. Entfernt. Gedankenverloren. Und dennoch hatte es die folgenden Stunden hektischer Schwerarbeit erträglicher gemacht, nur zu wissen, daß man ihn nicht vergessen hatte, daß jemand wußte, er und die Tiere wären draußen, und sich um sie sorgte.
    So war es keine völlige Überraschung, als er, nachdem er das letzte Tier angebunden, die letzte pfeifende Spalte abgedichtet und Gas und Belüftung in den komplexen Paneelen, die die Grundsubstanz des Lebens in der Arche wieder aufbereiteten, eingestellt hatte, plötzlich das Telefon wieder läuten hörte. Er hob die Augen und sah einen stämmigen weißschwarzen Pfeil auf seine verlassene kleine Welt zusteuern.
    Nelsons physikalische Kenntnisse waren zu gering, als daß er es wirklich hätte würdigen können, was es hieß, als der Pilot der Atlantis ihm versprach, den erschöpften Bewohnern der Arche wieder Schwere zukommen zu lassen. Er empfand nur Dankbarkeit, als die Besatzung der Atlantis irgendwie reagierte und durch eine magische, auf weite Distanz wirkende Kraft wieder ein oben und unten herstellte. Dann fingen sie an, den treibenden Turm zu einer versprochenen neuen Heimat zu schleppen.
    Unterwegs hatte er endlich Zeit, sich zusammengefaßte Berichte anzuhören über das, was da unten auf der Erde passiert war. Das war alles zu komplex und bizarr, als daß er es in seinem benommenen Zustand hätte begreifen können. Aber später, als er von seiner ersten realen Gelegenheit zu schlafen profitierte, wurde ihm einiges in seinen Träumen klar.
    An einer Stelle sah er eine zerstückelte Schlange sich winden und ihre vielen Teile zusammenfügen. Er hörte, wie sich hundert plärrende Instrumente unter dem Taktstock eines Dirigenten vereinten, um Sinfonien zu erschaffen, wo vorher nur Lärm gewesen war.
    Eine Stimme flüsterte: E pluribus unum. Viele können ein Ganzes bilden…
    Jetzt, als die Zeit der Landung heranrückte, fragte sich Nelson, ob jemand auf der Erde ein besseres Verständnis von dem hätte, was geschah, als er.
    Sie sind alle so emsig damit beschäftigt, darüber zu diskutieren, über die Veränderung und ihre Bedeutung…
    Gaianer behaupten, es sei ihre Erd-Mutter… sie wäre endlich wachgerüttelt worden, um

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