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Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Titel: Erdzauber 03 - Harfner im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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Osterland heimkehrten, und sie erzählten ihm, daß der König von An seine Toten wieder in die Erde der Drei Teile eingebunden hatte. Sie lauschten den Zauberern, die in Caithnard den Wiederaufbau der großen Schule in Lungold berieten, während die Rätselmeister das letzte der ungelösten Rätsel auf ihren Listen lösten. Er spürte, daß Har an seiner Feuerstelle mit den Wölfen zu seinen Füßen auf ihn wartete. Er fühlte den Blick der Morgol, die dann und wann über die Mauern ihres Hauses und die Hügelketten ihres Landes hinweg nach ihm und Rendel Ausschau hielt.
    Er versuchte, seinen Schmerz zu stillen, indem er endlose Tage lang in der Einöde saß wie ein verwittertes Geflecht alter Wurzeln und Schritt um Schritt die Spiele zusammensetzte, die der Harfner gespielt hatte, und er verstand sie. Doch das Verstehen tröstete ihn nicht. Er versuchte, auf einer Harfe zu spielen, die so unermeßlich war wie der Nachthimmel und von Sternen übersät, doch auch das brachte ihm keinen Frieden. Rastlosigkeit trieb ihn von kalten, kahlen Gipfeln hinunter in stille Wälder und selbst an die Feuer von Gasthäusern und Bauernhäusern, wo er mit Freundlichkeit als ein Fremder aufgenommen wurde, der Schutz vor der Kälte suchte. Er wußte nicht, wonach sein Herz verlangte; warum der Geist des Harfners keine Ruhe fand.
    Eines Tages grub er sich aus einer Schneewehe in der nördlichen Einöde, fühlte sich nach Süden getrieben, ohne zu wissen, warum. Er wandelte sich auf seinem Weg quer durch das Reich unzählige Male in immer andere Gestalten, doch in keiner fand er Frieden. Er begegnete dem Frühling auf seinem Weg nach Norden, und die Unrast in ihm wurde noch drängender. Die Winde, die aus Westen und Süden wehten, rochen nach frisch gepflügter Erde und Sonnenschein. Sie schlugen sanftere Töne auf seiner Windharfe an. Doch in ihm waren keine sanften Gefühle. In Bärengestalt trottete er durch Wälder, schwang sich in Falkengestalt zum Mittagshimmel hinauf. Drei Tage lang hockte er auf dem Bug eines Handelsschiffes, das schwankend auf den Wellen des Meeres ritt, bis die Seeleute, denen seine starren Seevogelaugen unheimlich wurden, ihn fortscheuchten. Fliegend, kriechend, mit einer Horde von Wildpferden galoppierend, folgte er der Küste von Ymris, bis er Meremont erreichte. Dort trieben seine Erinnerungen ihn zur Ebene der Winde.
    Auf der Ebene fand er die Gestalt eines Fürsten von Hed mit Händen, die von Narben gezeichnet waren, und drei Sternen im Gesicht. Um ihn heru,m hallte das Getümmel einer Schlacht wider; Steine stürzten ein und lösten sich auf. Das Gras vibrierte wie die zerrissenen Saiten einer Harfe. Ein Lichtstrahl der untergehenden Sonne brannte in seinen Augen. Er wandte sich von ihm ab und sah Rendel.
    Sie war in Hed, am Strand oberhalb von Tol. Sie hockte auf einem Felsen und schleuderte zersprungene Muschelschalen ins Meer, vom Gischt der Brandung umsprüht. Ihr Antlitz schien ein Spiegel der Gefühle, die in seinem Herzen waren, eine Mischung aus Ratlosigkeit und Traurigkeit. Es zog an ihm wie eine Hand. Er flog über das Wasser und nahm vor ihr seine natürliche Gestalt an.
    Sprachlos, eine Muschel in der Hand, blickte sie zu ihm auf. Auch er fand keine Worte. Er fragte sich, ob er in den nördlichen Einöden alle Sprache vergessen hatte. Stumm setzte er sich neben sie, von dem Verlangen getrieben, in ihrer Nähe zu sein. Er nahm die Muschel aus ihrer Hand und warf sie in die Wellen.
    »Du hast mich aus den Tiefen der nördlichen Einöden hierhergezogen«, sagte er. »Ich war - ich weiß nicht, was ich war. Etwas Eiskaltes.«
    Sie strich ihm eine Strähne zottigen Haars aus den Augen.
    »Ich war neugierig, ob du hierherkommen würdest. Ich dachte mir, du würdest schon kommen, wenn du soweit wärst.«
    In ihrer Stimme lag eine Resignation, die er nicht verstand.
    »Wie hätte ich kommen können? Ich wußte ja nicht, wo du warst. Du bist von der Ebene der Winde einfach verschwunden.«
    Einen Moment lang starrte sie ihn verwundert an.
    »Ich dachte, du wüßtest alles. Du bist der Erhabene. Du weißt sogar schon, was ich als nächstes sagen werde.«
    »Nein, das weiß ich nicht«, widersprach er. Er bohrte ein Stück gesprungene Muschelschale aus einem Spalt und schleuderte es ins Wasser. »Du bist nicht in meinen Geist gebunden. Ich wäre längst zu dir gekommen, wenn ich nur gewußt hätte, wo, in Hels Namen, ich dich suchen soll.«
    Sie schwieg, während sie ihn forschend ansah. Er erwiderte

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