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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Wertgegenstände, einem war die Nase ins Gesicht hineingetreten. Die Soldaten, auf den Leichen, tanzten einen der damals in Mode kommenden Negertänze. Dann meldeten sie sich dienstlich von der Erschießung der einundzwanzig Bolschewisten zurück. Die Namen der Ermordeten waren: J. Lachenmaier, J. Stadler, F. Adler, J. Bachhuber, S. Ballat, A. Businger, J. Fischer, M. Fischer, F. Grammann, M. Grünbauer, J. Hamberger, J. Krapf, J. Lang, B. Pichler, P. Prachtl, L. Ruth, K. Samberger, F. Schönberger, A. Stadler, F. Stöger, K. Wimmer. Da diesmal die tödlich Verunglückten der regierenden katholischen Partei angehörten, wurden von den Soldaten, die den Unglücksfall verursacht hatten, einige zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt. Gegen die verantwortlichen Offiziere der Gardedivision wurde nicht verfahren.
    Die Hymne der Stadt München besagte nach diesen Unglücksfällen wie vorher: solange die grüne Isar noch durch die Stadt gehe, so lange höre dort die Gemütlichkeit nicht auf.
10
Die Tarnkappe
    Herr von Reindl, am Telefon, als der ehemalige Minister Klenk ihn um eine Unterredung bat, erwiderte aufreizend gleichmütig, Klenk werde es hoffentlich nicht für unhöflichhalten, wenn er ihn in Gegenwart des Masseurs empfange; er habe so vertrackt wenig Zeit. Klenk ärgerte sich über die Ausgeschämtheit dieses Mannes, die ihm imponierte. Er antwortete: »Aber tun Sie sich keinen Zwang an, Herr Nachbar.«
    Andern Morgens, während er zu Fuß den kurzen Weg zum Haus des Reindl am Karolinenplatz ging, lobte er sich, daß er es dem Reindl wegen seiner Frechheit nicht herausgegeben habe. Die Wahrhaft Deutschen brauchten Geld. Geld entsteißen wird er dem Bazi, das ist das Wichtigste. Auf den Erfolg kommt es an, auf sonst nichts. Aber ein zuwiderer Kerl bleibt er, der Fünfte Evangelist. Diese schillernde Gescheitheit, dieses ganze, flohhupfende Espritgigerltum. Dazu ein Sybarit. Ein recht verdächtiger Kunde alles in allem, so waschecht weißblau ihm das Maul gewachsen ist. Aber er kriegt ihn doch unter.
    Ja, der Klenk war jetzt durchaus einverstanden mit sich; die Skrupel seines Berliner Aufenthalts waren rasch verflogen. Hemmungslos, sowie er in München zurück war, kurbelte er seine ganze Schlauheit und Politik an für die Wahrhaft Deutschen. Das war schon das richtige, auf diese Art kam er schon dahin, wo er wollte. Offiziell mochte der Kutzner ruhig vornean stehen; der, seine großartige Lunge, sein unermüdliches Maul waren das beste Aktivum der Partei, und sein Organisationstalent hatte er, das mußte man ihm lassen. Auch den General Vesemann, den Landsknechtführer Toni Riedler ließ Klenk ruhig in allen militärischen Dingen weiterwirtschaften. Repräsentation hatte er genügend gekostet, es lag ihm nichts am Schein der Macht: die wirkliche Macht wollte er. Er hatte sie. Er gab die Richtlinien, die Ideen.
    Daß man ihn als den wahren Führer ansah, zeigte sich, wenn er etwa im Herrenklub mit seinen alten Feinden und Kollegen zusammentraf. Großartig war das, wie sie da unsicher wurden, der Ditram, der Flaucher, der Hartl, wie sie beflissen waren, mit schweißig ängstlichem Lächeln um ihnherumzappelten. Schon deutete der Ditram behutsam an: nachdem doch die Gesundheit des Klenk so erfreulich wiederhergestellt sei, wie es denn wäre, falls etwa der Messerschmidt es nicht mehr machen könne. Ob man da eventuell auf die Mitarbeit des verehrten Herrn Kollegen wieder werde rechnen dürfen.
    Einen Schmarren wird man. Der Klenk, dachte er an die Herren vom Kabinett, lächelte tief, befriedigt. Es war schon ein gutes Prinzip, aus dem Schatten heraus zu regieren, im Hintergrund zu bleiben. Die klugen Männer der Klerikalen, die es auch so machten, die wußten warum. Der Otto Klenk ist kein Blödian: auch er pfeift auf Repräsentation. Es macht ihm gar nichts, und wenn der Reindl ihn auf dem Lokus empfängt. Die Gelegenheit wird kommen, wo man’s ihm heimzahlt.
    Der Reindl, während der Masseur an ihm herumknetete, setzte dem Klenk, übrigens nicht ohne Wohlwollen, auseinander, daß die Patrioten nicht geschickt genug geleitet seien in Ansehung des vielen Geldes, das die Industrie in sie stecke. Wenn man bedenke, was Italien leiste für das Geld der Industrie, dann stinke Herr Kutzner beträchtlich ab. »Aber sehr beträchtlich«, sagte er, wohlig stöhnend unter den festen Griffen des Masseurs.
    Das liege daran, meinte Klenk, daß die Partei zwar ungeheuren Anhang im Volke habe, daß aber von den Männern von

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