Erfolg
Welser, eines in Samt gekleideten Herrn, der mit lässiger Geste, während ein Kaiser vor ihm steht, die zerrissenen Wechsel dieses Kaisers in den Kamin flattern läßt.
Das Bild war verlockend, doch auch gefährlich. Herr Hessreiter spürte die Gefahr; er entstammte einem Geschlecht, das seit jeher auf Sicherung bedacht war. Manchmal hätte er gern sein Glück und seine Pläne vor Johanna ausgebreitet. Trotz ihres romantischen Unternehmens, gerade dem Unglücksvogel Krüger herauszuhelfen, hatte diese Johanna Krain so etwas angenehm Klares, Kräftiges. War sie da, dann sah man besser, wie nah oder wie weit das andere Ufer war.
Herr Hessreiter stand vor dem Selbstporträt der Anna Elisabeth Haider. Die Frau blickte mit einem verlorenen und gleichwohl gespannten Ausdruck vor sich hin, den Hals auf hilflose und rührende Art gereckt. Er hat es sich damals nicht nehmen lassen, seinen Landsleuten zu zeigen, was er für ein Kerl ist. Er wird’s auch jetzt. Hatte er bisher die Schwimmbewegungen am Ufer mitgemacht; jetzt stürzte er sich mit großer Bewegung in die Flut.
Umständlich, mit vielen bildhaften Wendungen, berief er die Direktoren der Süddeutschen Keramiken Ludwig Hessreiter& Sohn, den Schriftsteller Matthäi, den Künstler der Serie »Stiergefecht«, Herrn Pfaundler, Frau von Radolny, eine Reihe ihm Nahestehender zu einem Abendessen in die Seestraße. Lange dachte er darüber nach, ob er auch Johanna einladen solle. Es war wichtig, daß sie zugegen war, nun er den großen Schritt tat. Er schrieb ihr, nett, liebenswürdig, in seiner besten Form, lud sie ein.
Alle kamen. Johanna nicht.
Herr Hessreiter versenkte das schlechte Vorzeichen in die unterste Schicht seiner Seele. Seine andern Freunde alle um sich, hielt er eine undeutliche, hochtönende Ansprache, trat dann mit weiten, rudernden Armbewegungen an den schönen Biedermeiersekretär seines Arbeitszimmers. Dort lag die Urkunde eines Vertrags, angebahnt seinerzeit auf der Reise mit Johanna und betreffend einen Zusammenschluß mit gewissen südfranzösischen Fabriken. Herr Hessreiter, mit einem Gänsekiel, mit dem vor Jahrhunderten der mächtige Handelsherr Jakob Fugger gearbeitet hatte, vollzog die Unterschrift.
Nach dem Abendessen, allein mit Frau von Radolny, ging er auf und ab zwischen Schiffsmodellen, Riegelhauben, dem ganzen geliebten Kram seines Hauses, machte vor ihr den großen Wirtschaftsführer. Seine Geschäfte beschränkten sich jetzt nicht mehr auf Bayern, sie hatten internationales Ausmaß. Da kamen sie nicht mit, die Münchner Lahmärsche, da fehlte es ihnen an Phantasie. Vor Katharina hin, da eine andere nicht da war, breitete der den bunten Durcheinander seines romantischen oberbayrischen Kopfes. Sie hörte still zu. Sie brauchte Kapital für ihr Gut Luitpoldsbrunn, es zu erweitern, zu modernisieren. Herr Hessreiter stellte ihr den Betrag auf die erste Andeutung zur Verfügung. Sie ließ sich nichts schenken; sie nahm das Geld nur zu Bedingungen, wie sie das Reich der Ruhrindustrie stellte.
Herr Hessreiter hatte nun wirklich Geschäfte, die die ungeteilte Aufmerksamkeit eines Mannes erforderten. Gleichwohl versäumte er nicht seine Pflichten als guter Münchner.Da planten zum Beispiel die Wahrhaft Deutschen, auf dem Odeonsplatz anläßlich ihrer Fahnenweihe ein gigantisches, hölzernes Standbild zu errichten, darstellend den Führer Rupert Kutzner, dazu bestimmt, von oben bis unten eisern vernagelt zu werden. Wer sollte das verhindern, wenn nicht Paul Hessreiter? Dann war da das große nationale Festspiel »Die Sendlinger Mordweihnacht«, das Herr Pfaundler als Ersatz für den infolge der ernsten Zeit nicht angebrachten Fasching projektierte. Wer, wenn nicht Herr Hessreiter, war der Mann, Herrn Pfaundlers Projekt in die Tat umzusetzen? Schon sah er am Schluß des Abends Frau von Radolny hervortreten, weißgekleidet, mit mächtigen, nackten Armen, auf löwengezogenem Wagen, als Bavaria.
Hin und her geworfen wurde Herr Hessreiter zwischen seinen Münchner Sorgen und seinen internationalen Geschäften. Da war zum Beispiel die Hetag , die Hessischen Tonwerke AG. Ihre Aktienmajorität war zu haben. Billig war sie nicht; die Hetag war eine alte Fabrik von solidem Ruf. Herr Hessreiter schwankte, ob er sich so stark engagieren solle. Seine Herren von den Süddeutschen Keramiken rieten dringend ab. Die Kunst der Hetag war für das Ausland zu solid, und Deutschland, das für ihre Produkte Sinn hatte, konnte nicht zahlen. Da erschien ein
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