Erfolg
Rauferei verwickelt war, daß dieser der Schuldige sei, und leitete gegen den Kranken ein Ermittlungsverfahren ein.
Klenk lachte schallend über seinen Bams, das Früchterl. Das war ein Bub, mit dem Staat zu machen war: er lud ihn in sein Haus. Da saß der Simon zwischen den großen, prunkvollen Möbeln und den Hirschgeweihen. Er war frisch, lebendig, ungeschlacht, dem Alten sehr ähnlich. Die Frau des Klenk wollte sich drücken. Aber da kam sie schön an, da kannte der Herr Minister keinen Genierer. Mit Stolz führte er ihr sein wohlgeratenes Junges vor. Ängstlich saß die kümmerliche Frau zwischen den beiden riesigen Männern.
Wohin er kam, strahlte Klenk Wohlwollen aus und Heiterkeit. Erich Bornhaak dauerte ihn, wie er so gedrückt herumlief. Die Reden Kutzners über den Fall Dellmaier waren großartig gewesen, aber sie hatten die Luft erschüttert, nicht den starrsinnigen Messerschmidt. Der verbiß sich. Die Abordnung, die ihm die Patrioten in Sachen Dellmaier schickten, empfing er nicht einmal. Und dennoch, wußte Erich, war Kutzner der einzige, der die Befreiung seines Freundes durchsetzen konnte. Wie aber den Führer dahin bringen, daß er in der Sache weiterging? Im Angriff war der eitle Mann von ungeheurem Elan: einmal ausgerutscht aber, langte er schwerlich zum zweitenmal an die gleiche Sache. Wenn Erich nicht ganz schweres Geschütz auffahren kann, wird sich der Führer trotz seiner kräftigen Diktion hüten, mit einem so unbehaglichen Gegner wie Messerschmidt nochmals anzubinden. Was er tun könne, fragte Erich den Klenk, um den Führer soweit zu kriegen.
Klenk überlegte. Eindruck auf den Führer mache, sagte er dann, nicht Verdienst, sondern Ruhm. Ruhm erwerben müsse sich Erich unter den Patrioten. »Wie erwirbt man sich bei den Patrioten Ruhm?« fragte Erich. »Durch eine strahlende Tat«, erwiderte Klenk. Da Erich nicht recht zu begreifen schien, erklärte er. Es komme bei einer solchen Tat nicht auf ihre Nützlichkeit an, auch nicht auf ihre Gescheitheit, sondern eben nur auf das gewisse Strahlende. Es könne etwas ganz Blödes sein; aber eben strahlen müsse es. Am besten finster strahlen. Abenteuerlich müsse eine solche Tat sein, gefährlich, nordisch, heldisch: halt finster strahlend.
Erich Bornhaak dankte. Sann über eine finster strahlende Tat.
23
Caliban
Das Dienstmädchen Amalia Sandhuber war auf dem Lande geboren, unweit von München, Tochter eines kleinen Häuslers. Halbwüchsig floh sie aus ihrem tristen Daheim in die Stadt, verdingte sich als Dienstmädchen. Hatte es früh mit den Männern. War neugierig, gutmütig, leichtgläubig, sentimental. Einmal brachte sie ein totes Kind zur Welt, ein zweites Kind starb bald nach der Geburt. Gewitzt durch ihre Erfahrungen, führte sie Buch über die Männer, mit denen sie zusammen war. Notierte sich etwa: »Alfons Gstettner, Buttermelcherstraße 141, zusammen gewesen am zweiten Sonntag im Juli im Englischen Garten hinter dem Milchhäusl.« Auf diese Schlauheit war sie sehr stolz. Als Hausgehilfin eines Künstlerehepaares wurde sie nach Norddeutschland verschlagen. Nachdem sie dort mehrere Male Stellungen gewechselt hatte, trat sie in den Dienst des Ehepaares Klöckner. Herr Klöckner war Oberst, als sie in sein Haus kam; er wurde bald darauf befördert. Der Dienst bei dem feinen Offizier behagte ihr, sein scharfer, knarrender Befehlston tatihrer Seele wohl. Sie war von hemmungsloser Ergebenheit und benahm sich in Gegenwart des Herrn wie in der Kirche.
Den Krieg über blieb sie im Dienst der Generalin. General Klöckner war wie General Vesemann nach dem verlorenen Krieg einige Wochen unsichtbar. Als Vesemann nach München übersiedelte, folgte Klöckner seinem Freund, den er hoch verehrte. So kam auch die Hausgehilfin Amalia Sandhuber zurück nach München. Sie war jetzt keine ganz junge Person mehr, an sechsunddreißig. Sie freute sich, nach langer Zeit wieder die vertrauten heimatlichen Laute zu hören; sie verstand, was gesprochen wurde, und man verstand sie. Auch die Männer verstanden sie; sie war drall, resch, sehr willig.
Viele Führer der Wahrhaft Deutschen gingen bei dem General Klöckner ein und aus. Man verhandelte mit naiver Unbekümmertheit; vor den Dienstboten hatte man kein Geheimnis, vor der treu ergebenen Amalia Sandhuber schon gar nicht. Es war die Rede von Organisationen, Erhebungen, Tagesbefehlen, Aufmarschplänen, Waffendepots. Die Hausgehilfin Amalia Sandhuber hörte nicht hin und verstand, wenn sie hörte, kein
Weitere Kostenlose Bücher