Erfolgreiches Teamcoaching
wiederzukommen.
Hat man den Durchbruch geschafft, so gibt es noch eine große Hürde, die man bezwingen muss, bevor man wahrhaft von Größe sprechen kann. Es ist „die Selbstzufriedenheit“ . Von der Selbstzufriedenheit und ihren Gefahren habe ich schon früher in diesem Kapitel gesprochen. Meiner Ansicht nach droht die Selbstzufriedenheit nicht erst an einem solch weit fortgeschrittenen Entwicklungsmoment, viele erfolgreiche Athleten und Mannschaften werden schon viel früher von ihr zurückgeworfen. Das ist natürlich ein heikler Punkt. Wir Menschen streben nach Zufriedenheit und ich wünsche jedem von Ihnen, dass Sie mit sich und Ihrem Leben zufrieden sind.
Aber sportlich brauchen Sie einen unerfüllten Hunger, um erfolgreich zu bleiben.
Wenn der nicht mehr vorhanden ist, dann sollten Sie überlegen, ob Sie eine Pause machen oder gar aussetzen. Selbstzufriedenheit macht träge und unaufmerksam, sie verhindert, dass Sie alle Kraftreserven mobilisieren und mit unbeugsamem Willen den Sieg anstreben. Erfahrungsgemäß wird jede erfolgreiche Mannschaft früher oder später von ihr ergriffen. Oder woran, glauben Sie, liegt es sonst, dass zum Beispiel in der Fußballbundesliga noch kein Verein mehr als drei Meistertitel in Serie gewinnen konnte?
Wenn es Ihnen gelungen ist, die Selbstzufriedenheit zu überwinden, dann sind Sie reif zur „Meisterschaft“. Damit ist nicht der Meistertitel gemeint, sondern etwas Größeres. Sie sind damit ein Meister Ihres Faches. Sie sind eine der ganz großen Mannschaften Ihrer Sportart. Die Mannschaft von Real Madrid Ende der 50er/Anfang der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts ist ein gutes Beispiel dafür, oder die Chicago Bulls der 90er des 20. Jahrhunderts oder auch Spandau im Wasserball in den 80ern des 20. Jahrhunderts. Der VfL Gummersbach im Handball war so ein Team und die Bayern und die Gladbacher in den 70ern des 20. Jahrhunderts. Das sind alles unvergessliche Mannschaften.
Damit wäre eigentlich die Krone erreicht. Doch Pat Riley packt noch einen Schritt drauf. Er spricht davon, „den Einsatz zu erhöhen“ . Damit meint er den Mut, dass Ziel trotz des erreichten Niveaus noch einmal zu erhöhen. Ehrlich gesagt, mir erscheint das etwas aufgesetzt. Ich denke, diesen Schritt beschreibt er nur, weil er für den fünften Titel noch einen weiteren Schritt benennen musste. Hinter jeder Stufe seines Erfolgswegs steht nämlich eine mit den LA Lakers durchlebte Spielzeit. (Sie dürfen jetzt raten: In welchen Jahren, bei welchem Entwicklungsschritt, gewannen die Lakers den Titel? Das ist nicht allzu schwer herauszubekommen, oder?) Wobei ich ihm insofern zustimme, dass es auf jeder Stufe notwendig ist, noch einmal eine Schippe draufzupacken. Stillstand bedeutet Rückschritt. Das gilt auch und gerade im Sport. So gesehen, muss also auch ein Serienmeister in der neuen Spielzeit den Einsatz erhöhen.
Ich habe Ihnen dieses Modell so ausführlich dargestellt, weil ich es für sehr brauchbar halte. Vieles von dem Genannten habe ich in der eigenen Praxis wiederfinden dürfen. Deshalb bietet mir das Modell eine gute Orientierung für meine Teams. Wenn ich z. B. um die Gefahren der „Krankheit des Ichs“ weiß, dann kann ich schon frühzeitig gegensteuern. Außerdem zeigt das Konzept, dass Rückschläge, wenn sie richtig verarbeitet werden, nur einen weiteren notwendigen Schritt auf der Leiter nach oben darstellen.
21 Besonderheiten im Coaching von Frauenmannschaften
Es ist natürlich eine heikle Sache, ein Extrakapitel über Frauenmannschaften zu schreiben. Manche Leserin wird vielleicht empört aufstöhnen, wie ich denn so etwas machen könne. Ich gebe zu, das ist nicht im Sinne der „political correctness“. Aber es entspricht den Erfahrungen, welche ich über viele Jahre machen konnte. Es ist ein Unterschied, ob ich eine Frauen- oder eine Männermannschaft trainiere. Interessanterweise haben mir das alle Trainer, ob sie selbst Männer oder Frauen waren, die schon Frauenmannschaften trainiert haben, bestätigt. Ja, sogar eine Reihe von Spielerinnen sagt ganz offen, dass es schwieriger ist, sie zu coachen. Schauen wir also im Folgenden, woher diese Einschätzung kommen könnte.
Populärwissenschaftliche Bücher (z. B. Pease & Pease, 2000) haben in den letzten Jahren einer breiten Leserschaft näher gebracht, welche Belege die Wissenschaft für die Unterschiedlichkeit der Geschlechter inzwischen zusammengetragen hat. Nicht nur, dass Männer sich anders verhalten als Frauen, sie
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