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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Kleidung entledigen, bis er nichts mehr trug als Schaffellschuhe, Hemd und Hose. Er sprang ins Wasser. Nun strömt der Fluß hier mit großer Gewalt, und er mußte volle dreißig Klafter wirbelnden Wassers durchqueren, bevor er den Schafsattel erreicht hatte, und wehe ihm, wenn sein Fuß auf den Flußsteinen ausglitt – dann mußte er mit Sicherheit über den Rand gespült werden.
    Erik senkte den Stab auf den steinigen Grund, legte sein Gewicht darauf und schwang sich über den Fluß, und er war so stark, daß er sich gegen ihn behaupten konnte, bis er ihn zur Hälfte durchquert hatte und das Wasser ihm bis zu den Schultern ging. Dann wurde ihm der Boden unter den Füßen fortgerissen, und er ließ den Stab treiben und schwamm um sein Leben, und zwar mit solch mächtigen Stößen, daß er nur wenig von der eisigen Kälte des Wassers spürte. Flußabwärts wurde er getrieben – nun lag der Rand des Wasserfalls nur noch drei Klafter zu seiner Linken, und schon kochte das grüne Wasser neben ihm. Ein Klafter von ihm entfernt lag die Ecke des Schafsattels. Wenn er ihn ergreifen konnte, war alles gut; wenn nicht, würde er sterben.
    Drei mächtige Schwimmzüge, und er hielt ihn umklammert. Seine Füße wurden über den Rand des Falls gezerrt, aber er hielt sich voller Grimm fest, zog sich mit der Kraft seiner Arme auf den Felsen und ruhte einen Augenblick. Doch schon bald erhob er sich, weil die Kälte anfing, an ihm zu nagen, und die Leute unten wurden sich bewußt, daß er den Fluß oberhalb der Fälle durchschwömmen hatte. Sie riefen und jubelten, denn dies war eine große Tat. Nun mußte Erik sich anschicken, den Schafsattel hinabzusteigen, und dies war keine leichte Aufgabe, denn der Fels war sehr glatt und schlüpfrig vom Eis, und auf beiden Seiten donnerte und strömte das Wasser hinab und schleuderte seine blendende Gischt auf ihn, als es in die Tiefen stürzte. Er schaute hinab und betrachtete den Fels; und als er merkte, daß er es mit der Angst zu tun bekam, machte er dem Zögern ein Ende, umfaßte mit beiden Händen einen Felsvorsprung und schwang sich mehr als eine Körperlänge hinab. Nun kletterte er viele Minuten lang den Schafsattel hinab, was eine schwere Aufgabe war, denn das Dröhnen des Wassers, das ihn auf beiden Seiten wie das Holz eines Bogens einschloß, verwirrte ihn sehr, und der Fels selbst war steil und schlüpfrig. Doch er legte die ganzen fünfzehn Klafter zurück, ohne zu stürzen, obwohl er dem Absturz zweimal sehr nahe war. Die Zuschauer unten bewunderten seine Kühnheit.
    »Wo sich die Wasser treffen, wird es ihn zerreißen«, sagte Ospakar. »Er kann die Wolfsfang-Klippe niemals erreichen, und wenn er sich jetzt einfach abstößt und in den See springt, wird das Gewicht des Wassers ihn in die Tiefe drücken und ertränken.«
    »Dies ist sicher richtig«, sprach Asmund, »und ich bedaure es sehr; denn es war mein Scherz, der ihn zu diesem gefährlichen Abenteuer trieb, und wir können solch einen Mann wie Erik Hellauge nicht entbehren.«
    Nun wurde Swanhild weiß wie der Tod; aber Gudruda sagte:
    »Wenn ein großes Herz und Kraft und Geschicklichkeit überhaupt etwas bewirken können, dann wird er den Wasserfall sicher hinabkommen.«
    »Du Närrin!« flüsterte Swanhild ihr ins Ohr, »wie könnte ihm das helfen? Nicht einmal ein Troll könnte in diesem Wasserkessel überleben. Erik ist tot, und du bist der Köder, der ihn in den Tod gelockt hat!«
    »Erspare dir deine Worte«, gab sie zurück, »denn es wird geschehen, wie die Nornen es bestimmt haben.«
    Nun stand Erik am Fuß des Schafsattels, und innerhalb einer Armeslänge trafen sich die mächtigen Wasser, schüttelten ihre gelben Wellen durcheinander und brodelten gewaltig, als sie in den gischtverhangenen Abgrund schossen. Er beugte sich vor und spähte durch die Gischt. Drei Klafter unter ihm teilte der Felsen Wolfsfang das Wasser, und wenn er bis dorthin kam, konnte er einfach in den darunterliegenden See springen. Nun rollte er das Seil auf, das er sich um den Leib geschlungen hatte. Er verknotete ein Ende fest an einem Felsvorsprung – was schwierig war, denn seine Hände waren steif vor Kälte – und steckte das andere durch seinen ledernen Gürtel. Dann schaute Erik noch einmal, und ihm wurde schwach ums Herz. Wie sollte er sich dieser kochenden Flut ausliefern, ohne zerschmettert zu werden? Aber als er schaute, wuchs ein Regenbogen aus dem Wasserspiegel, und eines seiner Enden fiel auf ihn. Das andere fiel, wie

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