Erik der Wikinger
zurück.
Erik verbarg den Kopf in den Armen und stöhnte laut. Leise trat Swanhild zu ihm – sanft zog sie seine Hände zurück und hielt sie zwischen den ihren.
»Schlechte Nachrichten, Erik«, sagte sie, »schlechte Nachrichten für dich und mich! Eine Mörderin hat mich in die Welt gesetzt, und sie hat meinen eigenen Vater getötet – meinen Vater und auch deine Base Unna. Gudruda ist eine Verräterin, eine schöne und falsche Verräterin. Ich tat schlecht daran, von einer solchen Frau geboren zu werden; du tatest schlecht daran, einer solchen Frau dein Vertrauen zu schenken. Laß uns zusammen weinen, denn wir haben das gleiche Leid.«
»Ay, laß uns zusammen weinen«, gab Erik zurück. – »Nein, warum sollten wir weinen? Laß uns zusammen fröhlich sein, denn wir wissen schon das Schlimmste. Alle Worte sind gesagt – alle Hoffnungen sind vergebens. Laß uns also fröhlich sein, denn nun haben wir keine weiteren Neuigkeiten mehr zu fürchten.«
»Ay«, gab Swanhild zurück und musterte ihn düster, »wir werden fröhlich sein und unsere Sorgen verlachen. Ach, Erik, du Narr, unter welchem Unglücksstern wurdest du geboren, daß du nicht das Wahre vom Falschen unterscheiden kannst?« Und sie rief die Dienstmägde und hieß sie Essen und Wein zu bringen.
Nun saß Erik allein mit Swanhild in ihrem Frauengemach und schickte sich an, etwas zu essen. Aber er bekam kaum etwas herunter, obwohl er reichlich Südwein trank. Eng neben ihm saß Swanhild und füllte seinen Becher. Sie war in dieser Nacht von wundersamer Schönheit, und es schien Erik, daß ihre Augen wie Sterne leuchteten. Süß sprach sie, und auch weise. Sie erzählte seltsame Geschichten und sang seltsame Lieder, und ihre Augen strahlten immer heller, und sie rückte immer näher an ihn heran. Eriks Hirn stand wie in Flammen, obwohl sein Herz kalt und tot war. Er lachte laut und heftig, er erzählte große Geschichten von Taten, die er vollbracht hatte, brüstete sich lauthals in seiner Torheit, und noch immer leuchteten Swanhilds Augen hell, und noch immer rückte sie näher und umgarnte ihn auf vielerlei Art.
Doch plötzlich dachte Erik an seinen Freund Graf Atli, und sein Kopf wurde wieder klar.
»Dies darf nicht sein, Swanhild«, sagte er. »Hätte ich doch nur von Anfang an dich geliebt und nicht die falsche Gudruda: denn trotz aller dunklen Art bist du wenigstens besser als sie.«
»Du sprichst weise, Erik«, gab Swanhild zurück, obwohl sie damit nicht meinte, daß er gehen solle. »Die Nornen haben ein schlechtes Schicksal für uns vorgesehen; mich gaben sie einem alten Mann zur Frau, den ich nicht liebe, und dich einer Frau zum Liebsten, die dich betrogen hat. Ach, Erik Hellauge, du törichter Erik! Warum konntest du nicht die Falsche von der Richtigen unterscheiden, solange noch Zeit dazu war? Nun sind alle Worte gesagt und alle Taten vollbracht und können nicht mehr ungeschehen gemacht werden. Gehe von dannen, Erik, bevor Schlechtes daraus erwächst; doch bevor du gehst, trink noch einen Becher zum Abschied, und dann leb wohl!«
Und sie glitt von ihm und füllte den Becher, wobei sie einen bestimmten Liebestrank hineinmischte, den sie vorbereitet hatte.
»Gib ihn mir, damit ich einen Eid darauf schwören kann«, sagte Erik. Swanhild gab ihm den Becher, blieb vor ihm stehen und sah ihn an.
»Höre«, sagte er. »Ich schwöre, bevor auf Island wieder Schnee fällt, werde ich Ospakar tot zu meinen Füßen liegen sehen oder tot zu Ospakars Füßen liegen.«
»Gut gesprochen, Erik«, gab Swanhild zurück. »Nun, bevor du trinkst, gewähre mir eine kleine Gunst. Es ist nur die Laune einer Frau, und du kannst sie mir schwerlich verweigern. Nachdem du gegangen bist, werden lange Jahre folgen, denn nach dieser Nacht ist es am besten, daß wir uns nicht mehr sehen, und ich würde gern etwas von dir behalten, um eine Erinnerung an dich zu haben – eine Erinnerung an unsere Jugend, wenn du fort bist und ich alt werde.«
»Was hättest du gern, Swanhild? Ich habe nichts übrig, nur noch Weißfeuer.«
»Ich bitte nicht um Weißfeuer, Erik, obwohl Weißfeuer das Geschenk küssen wird. Ich bitte dich um nichts als eine goldene Locke deines Haars.«
»Einst habe ich geschworen, daß niemand außer Gudruda mein Haar je wieder berühren darf.«
»Dann wird es sehr lang wachsen, Erik, denn Gudruda spielt nun zärtlich mit schwarzen Locken und denkt nicht mehr an blonde. Gebrochen sind alle Eide.«
Erik seufzte. »Wahrhaftig, alle Eide
Weitere Kostenlose Bücher