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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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durch sie zu Swanhilds Gemach.
    Dort saß sie auf einer Liegestatt, die Augen rotgeweint, das lockige Haar nicht zusammengebunden.
    »Was gibt es, Swanhild?« fragte er. »Warum siehst du so aus?«
    »Warum ich so aussehe, mein Herr?« gab sie schwermütig zurück. »Weil ich dir etwas sagen muß, wofür ich nicht die passenden Worte finde.« Und sie hielt inne.
    »Fahre fort«, sagte er. »Stimmt etwas nicht mit Erik?«
    Da kniete Swanhild vor ihm nieder und erzählte ihm eine erlogene Geschichte.
    Als sie geendet hatte, blieb Atli für einen Augenblick bewegungslos stehen und wurde weiß unter seiner rosigen Gesichtsfarbe. So weiß wie sein Bart. Dann taumelte er gegen die Wandverkleidung des Frauengemachs.
    »Frau, du lügst!« sagte er. »Niemals werde ich so etwas Abscheuliches von Erik Hellauge glauben, den ich geliebt habe.«
    »Könnte ich es doch auch nicht glauben!« gab sie zurück. »Könnte ich doch glauben, daß es nur ein böser Traum war! Aber ach, es war kein Traum. Dieser Mann hat getan, was ich dir erzählt habe. Nein, ich werde es dir beweisen. Gestatte, daß ich Koll rufen lasse, den Isländer, der meiner Mutter Leibeigener war – und Groa ist gestorben, diese Nachricht habe ich bekommen. Er hat etwas davon gesehen, und er wird als mein Zeuge sprechen.«
    »Rufe den Mann«, sagte Atli streng.
    So wurde Koll herbeigerufen und erzählte seine Lügen mit kühnem Gesicht. Sie hatten alles genau abgesprochen, und seine Geschichte stimmte so genau mit der Swanhilds überein, daß Atli keine schwache Stelle darin finden konnte.
    »Nun bin ich sicher, Swanhild, daß du die Wahrheit sprichst«, sagte der Graf, als Koll gegangen war. »Und nun muß ich ein Wort mit diesem Erik reden. Was dich betrifft, so ruhe; denn was man nicht ändern kann, muß man ertragen.« Und mit diesen Worten ging er hinaus.
    Als Skallagrim zum Haus kam, fragte er nach Erik. Die Frauen erzählten ihm, Hellauge sei am Morgen in voller Bewaffnung zur See gegangen und noch nicht zurückgekehrt.
    »Dann muß dort ein Kampf bevorstehen«, sagte Skallagrim, »und den möchte ich nicht verpassen.« Und die Axt schwingend lief er zu den Felsen im Südwesten. Als er sie erreicht hatte, sah er Erik, der in seinem Harnisch auf einem Felsen saß und aufs Meer hinausschaute. Der Abend war naß und windig; der Regen schlug auf ihn ein, aber Erik achtete nicht darauf.
    »Was suchst du, Herr?« fragte der Berserker.
    »Ruhe«, sagte Erik, »und ich finde keine.«
    »Du suchst Ruhe mit dem Helm auf dem Kopf und dem Schwert in der Hand? Dies ist wahrlich seltsam, Herr!«
    »Es sind auch seltsame Dinge geschehen, Skallagrim. Möchtest du eine Geschichte hören?« Und er erzählte ihm alles.
    »Was habe ich gesagt?« fragte Skallagrim. »Wir wären besser in London geblieben. Du bist vor der Taube geflohen und hast den Falken gefunden.«
    »Ich habe den Falken gefunden, Gefährte, und er hat mir die Augen ausgehackt. Nun möchte ich mit Atli sprechen, und dann ziehe ich von dannen.«
    »Von dannen ziehen wir beide, Herr. Der Graf wird bald hier sein, und stürmische Worte werden in diesem stürmischen Wetter zu hören sein. Ist Weißfeuer scharf, Hellauge?«
    »Weißfeuer war scharf genug, um mir die Haare zu schneiden, Skallagrim; aber wenn Atli mit dem Schwert zuschlagen will, so soll er dies tun; Weißfeuer wird sich nicht gegen ihn erheben.«
    »Das werden wir sehen«, sagte Skallagrim. »Wenn du wegen dieses losen Weibsbilds Schaden nehmen solltest, wird sich zumindest meine Axt erheben.«
    »Laß deine Axt, wo sie ist«, sagte Erik, und als er sprach, kam Atli, und mit ihm viele Männer.
    Erik erhob sich und wandte sich um, den Grafen zu begrüßen; mit traurigen Augen sah er ihn an. Denn Atlis Gesicht war das eines gefangenen Wolfes, und er war toll vor Wut über die Schmach, die man ihm angetan und die böse Geschichte, die Swanhild über Erik erzählt hatte.
    »Es scheint, der Graf hat die Neuigkeiten auch schon vernommen«, sagte Skallagrim.
    »Dann brauche ich sie ihm nicht mehr zu erzählen«, gab Erik zurück.
    Nun standen sie sich Äug’ in Äug’ gegenüber; Atli lehnte sich auf das Schwert, das er gezogen hatte, und sein Zorn war so heftig, daß er für eine Weile nicht sprechen konnte. Schließlich fand er jedoch Worte.
    »Seht ihr diesen Mann, Gefährten?« sagte er und deutete mit dem Schwert auf Erik. »Er ist viele Monate mein Gast gewesen. Er saß in meiner Halle und hat von meinem Brot gegessen, und ich habe ihn wie einen

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