Erinnert
dieser Erkenntnis nicht aufwache.
Nur noch wenige Meter, und ich bin oben.
Geschafft.
Ich sitze auf der Kuppe, über den Kronen der Bäume, blicke in den blutunterlaufenen Horizont, während die letzten Strahlen der untergehenden Sonne mein Gesicht wärmen. Die Fernsicht, nach dem violetten Regen, ist überwältigend.
Wie weit das Land sich erstreckt, wie groß die Welt ist und wie viel es gibt, dass wir nicht wissen. Das ich nicht weiß.
Ich stehe auf und beginne mich langsam mit ausgestreckten Armen im Kreis zu drehen. Der Anfang des Energietanzes, so wie ich ihn von Hope gelernt habe. Er ist ein Teil von mir geworden.
Ich spüre mit jeder Umdrehung, wie die Kraft in meinen Körper strömt. Hunger, Durst, Erschöpfung verschwinden. Ich sehne mich nicht mehr nach Blut. Eine weitere Tatsache, dass ich träumen muss und nicht wach bin.
Ich lasse die fließenden Formen, Bewegungen meines Körpers aufeinander folgen.
Ich bin ein Alphawolf, seit ich die Bestien in mir kontrollieren kann. Der Unterschied des Traumtanzes, zu den jämmerlichen Versuchen im Wachzustand ist dramatisch. Jämmerliche Versuche bis auf den einen Tanz am See, als Hope meine Hände genommen hatte, mich geführt hatte.
Meine Tattoos tanzen mit mir.
Es steht außer Zweifel.
Ich träume.
Ich bewege mich auf der Kuppe mit den Schatten um mich herum. Bin wie ein Schattenkrieger, tanze im zähflüssigen Licht der letzten Sonnenstrahlen und mit jeder Bewegung verweben sich mehr und mehr die Formen meines Körpers, mit den Formen meiner Tattoos und der meiner Umgebung.
Ich leuchte, meine Haut, meine Bestien strahlen, brennen. Erhellen die Bergkuppe. Es strömt so viel Energie durch meinen Körper, dass es mich fast von den Füßen reißt.
Ich drohe zu explodieren und lasse los, lasse alles geschehen, bewege mich fortan unbewusst, natürlich im Einklang mit der Energie, mit der Natur, der Welt.
Plötzlich bleibe ich stehen.
Plötzlich ist Hope bei mir. Stehen wir tatsächlich. Oder sind wir es, die sich drehen und die Welt steht still. Es gibt keine Grenze mehr zwischen Hope und mir und allem um uns herum.
Gegenwart, Zukunft, Vergangenheit sind nicht existent. Gut und Böse. Licht und Dunkelheit. Tag und Nacht nur eine Illusion. Alles was bleibt sind Hope und ich und unsere Energie.
Ich werde berührt vom Finger der Unendlichkeit. Von der Wahrheit. Hope berührt mich. Berührt meine Stirn.
„Man muss die Wahrheit sehen, um zu wissen, dass sie wahr ist“, flüstert sie mit ihrer unglaublich schönen Stimme. Wie recht Hope hat. Ich habe nicht die Wahl in diesem glückseligen Zustand zu verweilen.
Kehre zurück in die Dualität. Dort hin, wo es ein jetzt gibt. Falle auf die Knie.
„Freija? Ist alles in Ordnung mit dir?“ Das war Adam. Hope ist verschwunden, aber sie weiß es. Ich habe die Unendlichkeit in ihren unglaublichen Augen gesehen. Ich schaue Adam an. Es ist der Adam in meinem Traum, und er sieht einfach umwerfend aus. Er sieht aber auch müde aus, erschöpft. Sorgenvolle Falten liegen auf der Stirn des Traumadams. Er legt mir seine Jacke um meinen nackten Körper. Ich bin nackt?
Die Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag, dann wird mir wieder bewusst, dass es nur ein Traum ist.
„Freija! Was ist passiert?“
Adams Gesicht kommt näher. Sehr nah. Nicht zu nah. Seine Finger streichen über meine Stirn. Ich liebe es, wenn er mich berührt. Ich kann es nicht abstreiten. Ich sehe in seine Augen. Unsere Blicke treffen sich und bleiben ineinander haften. Ich sehe die untergehende Sonne, sich in seinen Augen widerspiegeln. Sehe mein Gesicht in seinen Augen. Und dann begreife ich es. Es ist nicht die untergehende Sonne, die ich in Adams Augen sehe, es ist die aufgehende Sonne.
Die aufgehende Sonne, der Stern, der von meiner Stirn strahlt.
Es ist das Tattoo. Das gleiche Tattoo wie in der Prophezeiung. Das gleiche Tattoo das die Auserwählte trägt.
„Sag mir, was für eine Entscheidung es ist, die du treffen musstest. Was hat dir deine Mutter gesagt.“
„Meine Gefühle zuzulassen. Die Auserwählte zu lieben.“
„Was ist, wenn die Auserwählte deine Liebe nicht erwidern kann?“
„Das würde nichts ändern. Die Entscheidung habe ich längst getroffen. Es war nur ein Kuss nötig, um das Band zu besiegeln.“
Kapitel 12
Wie lange ist es her, dass ich wirklich ruhig geschlafen habe, geträumt habe? Tage?
Vielleicht eine Woche oder mehr?
Mir kommt es vor wie Monate, Jahre. Die Bilder und Empfindungen des Traums sind
Weitere Kostenlose Bücher