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Erinnert

Erinnert

Titel: Erinnert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Lang
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Masten, die einen winzigen Teil des Landes hell wie den Tag erstrahlen lassen, befinden sich in etwa 500 Meter Entfernung. Es fällt mir noch schwer Einzelheiten oder das, was da unten vor sich geht, auszumachen. Adam reicht mir das Fernglas, das er aus der Drohne mitgenommen hatte. Es entpuppt sich als Nachsichtgerät.
    Die Ebene unter mir flammt in grünem Licht auf. Das Gebiet wo die Flutlichter stehen ist so hell, dass es mir in den Augen weh tut und ich benötige ein paar Sekunden, um mich daran zu gewöhnen. Dann sehe ich sie.
    Gewaltige Zäune, davor stehen gelandete Drohnen, im Hintergrund erheben sich flache, endlos weite Gebäudekomplexe. Aber das Eigentliche spielt sich dazwischen ab. Bestien stehen zusammengedrängt, zusammengepfercht in Gehegen. Die sind von noch größeren, riesigen, in den Himmel ragenden Zäunen umgeben. Vor den Gehegen und bei den Gebäuden und auch bei den Drohnen sehe ich Vollstrecker. Schwer bewaffnet. Ich erlebe hautnah durch die Vergrößerungsgläser, wie sie eine Gruppe Bestien erbarmungslos über den Haufen schießen. Das Gehege, in dem sich eben noch Dutzende Bestien befanden, ist jetzt leer. Alle Bestien tot, zurückgekehrt. Selbst für die Augen der Sehenden nicht mehr sichtbar. Mir krampft der Magen zusammen und ein ekelhafter Geschmack meiner eigenen Magensäure macht sich in meinem Mund breit. Ich unterdrücke den Brechreiz. Schlucke den sauren Geschmack in meinem Mund einfach wieder runter.
    „Was bedeutet das?“, frage ich. Adam nimmt mir das Nachtsichtgerät aus der Hand.
    „Wir sind außerhalb der Sektionen. Das hier ist Zone 5, Deadland, Bestiengebiet. Nie ist ein Mensch lebend aus dieser Zone zurückgekehrt“, erklärt Hope.
    „Du schon“, stelle ich fest. Hope nickt. Und während Adam jetzt das sieht, was ich eben gesehen habe, verbinden sich die vielen Puzzleteile in meinem Kopf zu einem Gesamtbild.
    „Auf der Südseite sind die Zäune völlig zerstört“, sagt Adam. Dort sind die Bestien ausgebrochen. Geflohen? Überlege ich. Es ist erstaunlich, dass mich die Wahrheit nicht erschüttert, mir aber die Ermordung der Bestien an die Nieren geht. Als hätte ich zu den Bestien eine Beziehung aufgebaut und es mir leid tut, was ich all die Jahre in Sektion 13 an ihrer Rasse verbrochen habe. Im Auftrag der Gesandten verbrochen habe.
    Adam gibt mir das Glas zurück. Zögernd halte ich es vor meine Augen. Fürchte mich davor, was ich noch zu sehen bekomme. Aber ich kann es auch nicht sein lassen. Ich vergrößere den Bereich vor dem Gebäudekomplex.
    Ich schwenke das Blickfeld von rechts nach links und wieder zurück. Beobachte die Vollstrecker, und dann plötzlich trifft es mich eiskalt. Ich schaffe es, meinen Fingern zu befehlen, das Glas fest zu halten, verändere noch einmal den Zoom.
    Näher, näher ran.
    Ich sehe sein Gesicht, ganz nah vor mir.
    Er ist es.
    Ich weiß nicht wer er ist, aber ich erkenne ihn an seinen Augen. Ich erinnere mich an seine faszinierenden Augen.
    „Ich muss dort rein. Will wissen was sie machen“, stoße ich gepresst über meine zitternden Lippen.
    „Nichts anderes hatte ich vor“, sagt Hope.
     
    Also brechen wir auf, zu den Gebäuden, Bestien und Vollstreckern. Als ziehe uns alle drei eine unsichtbare, magische Kraft an. Wir benötigen nicht lange, dann sind wir vor dem Areal angelangt.
    Dort wo die Zäune zerstört sind, auf der Südseite schlüpfen wir hinein. Schleichen auf die Anlage, auf der Menschen Bestien gefangen halten. Wir bewegen uns in den Schatten, und dort wo uns die Schatten kein Versteck bieten, verbergen uns Hopes Kräfte vor den Blicken der Vollstrecker.
    Ich denke, sie sind viel zu sehr beschäftigt, um uns zu sehen. Auch dann würden sie uns nicht bemerken, wenn wir nicht nahezu unsichtbar wären.
    Über eine Leiter kommen wir auf das flache Dach des Gebäudes. Hope scheint sich hier gut auszukennen. Wir folgen ihr, schleichend, geduckt, bis zu einem Lüftungsschacht.
    Das Gitter vor der Öffnung ist bereits aus seiner Verankerung gerissen. Ich kann mir denken wer es war, als Hope es zur Seite hebt und in den Schacht hinein klettert. Das Rohr führt schräg nach unten und ich halte Adam an seinem Hosenbund fest, damit er mir nicht davon rutscht. Ich bin aufgeregt, aber es ist mir unergründlich, weshalb ich keine Angst habe.
    Ich spüre, dass mich hier etwas erwartet. Meine Vergangenheit. Etwas oder jemand der mir eine Frage beantworten wird. Habe ich eine Familie? Wer bin ich?
    Wir kriechen immer weiter.

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