Erinnerungen an die Wahrheit
gepanzerten Kriegsschiffen – fuhr Makeda über das Rote Meer nach Ezjon Geber, dem heutigen Eilat. Von hier aus setzte sich eine riesige Karawane in Richtung Jerusalem in Bewegung. Die Königin saß in einer Sänfte aus Gold und Silber auf einem weißen Elefanten unter einem Baldachin aus roter Seide. Flöten, Lauten, Trompeten, Trommeln und Pauken sorgten für gebührende Aufmerksamkeit des staunenden jüdischen Volkes. Die Schönheit und Pracht der Königin verschlug selbst dem redegewandten König Salomo die Sprache, als er die Königin in seinem Thronsaal begrüßte. 120 Goldtalente, 120 Elefantenstoßzähne, 120 Beutel Edelsteine, 120 Beutel Perlen, 120 Beutel mit Aromen, 120 reinblütige Araberhengste, 120 Kamele und 120 Maulesel konnte Salomo als Geschenk entgegennehmen. Außerdem hatte die Königin 160 Lämmer mitgebracht, die im Tempel als Opfer geschlachtet werden sollten.
Selbst die Priester waren wider Willen beeindruckt. Sie mißtrauten aber der ausländischen Herrscherin, deren Macht, Reichtum und Intelligenz beunruhigend war, und sie warnten König Salomo vor Sorglosigkeit. Dessen Zorn war grenzenlos: Diese Kleingeister wagten es, der Frau seiner Träume niedrige Motive zu unterstellen! Salomo hatte zwar viele Frauen – er heiratete lieber ausländische Prinzessinnen, als daß er Kriege führte –, aber keine war dabei, die er wirklich aus ganzem Herzen liebte. Hatte Jahwe ihm vielleicht jetzt die wahre Gemahlin in Gestalt der schönen, reichen und mächtigen Königin von Saba gesandt, die noch dazu genau wie er selbst an Jahwe glaubte und nicht fremde Götter verehrte, und die außerdem auch von makelloser jüdischer Abstammung war?
Die Hochzeit mit Salomo
Immer mehr fühlte sich König Salomo zu der Königin von Saba hingezogen. Bald dichtete er die schönsten Liebeslieder für sie, und schließlich machte er ihr einen Heiratsantrag. Hinsichtlich des Schwurs der Jungfräulichkeit wußte der weise Salomo natürlich Rat. Zusammen mit seinen Priestern stellte er fest, daß der Schwur zu Unrecht abverlangt worden war. Erzwungene Jungfräulichkeit sei gegen Gottes Willen, und die Liebe ein Gottesgeschenk! Die Königin von Saba wurde daraufhin im Tempel vor der Bundeslade in aller Form durch den Oberpriester von ihrem Schwur entbunden.
Salomo und die Priester ließen die Königin aber auch wissen, daß ihre männerfeindlichen Gesetze gegen Jahwes Willen seien. Die Frau sei vor allem Hüterin von Heim und Herd, und es würde die Menschheit ins Chaos stürzen, wenn die Frauen diese Aufgabe nicht wahrnähmen. Makeda hatte nämlich durch Änderung der Gesetzgebung den Frauen die Vorrechte in der Gesellschaft verschafft. Hausarbeit war per Gesetz den Männern aufgebürdet worden. Nur Frauen durften ein Erbe antreten. Außerdem hatte sie auch ein Amazonenheer aufgestellt! Die von der Königin befürchtete Überlegenheit der Männer, so fügte Salomo hinzu, bestünde doch nur in deren besonderer Fähigkeit, sich im Schweiße des Angesichts für den Unterhalt der Familie abzumühen und sich gegenseitig bisweilen mit großer Geschicklichkeit umzubringen. Sie sei doch ein Nichts verglichen mit der Anmut, dem Charme und den Verführungskünsten der Frauen. In Wirklichkeit sei immer die Frau die Herrscherin!
Und Makeda ließ sich tatsächlich von Salomo überzeugen. Sie änderte noch von Jerusalem aus ihre Gesetzgebung, zumal auch in ihrer Heimat bereits vereinzelte Revolten von Männern gegen die ihrer Meinung nach erniedrigende Gesetzgebung bestanden hatten. Sie wollten der Laune einer unfruchtbaren Königin, so sagten diese Männer, nicht mehr gehorchen.
Ein halbes Jahr lang durfte Makeda als Gemahlin Salomos die Liebes- und Dichtkunst Salomos genießen. Sie „entführte“ Salomo in ihre Oase Tadmor (das spätere Palmyra) östlich von Damaskus. Makeda hatte sie vermutlich wie manche andere Länderei beim Bogenschießen gewonnen, worin sie zur großen Überraschung der Männer unschlagbar war. Dort gab es keine eifersüchtigen Frauen Salomos, von denen eine zweimal versuchte, Makeda umzubringen. Großmütig verzieh Makeda der eifersüchtigen Attentäterin, die Salomo töten lassen wollte. Denn Makeda wußte nur zu gut, wozu Liebeskummer eine Frau treiben kann. Durch Salomos Einfluß war Makeda sehr schnell eine kluge und liebevolle Gemahlin geworden. Von der eroberungssüchtigen und männerfeindlichen Makeda war nichts mehr übriggeblieben. Und sie freute sich auch schon auf ihre neue Rolle als
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