Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.
in Moskau hübscher geworden sei; kurz, während des ganzen Diners war sie nur darauf bedacht, mir ihre Güte und Zuneigung zu beweisen. Sehr heiter und glücklich kam ich in mein Zimmer zurück, und jedermann beglückwünschte mich. Die Kaiserin ließ mein Porträt, welches der Maler Caravaque angefangen hatte, holen und behielt es bei sich in ihrem Zimmer; es ist dasselbe, welches der Bildhauer Falconnet mit nach Frankreich genommen hat; es war sprechend ähnlich.
Um in die Messe oder zur Kaiserin zu gehen, mußten meine Mutter und ich die Gemächer des Großfürsten durchschreiten, die neben den meinigen lagen, wir sahen ihn daher sehr oft. Manchmal brachte er auch des Abends einige Augenblicke bei mir zu, aber ohne besondere Lust; im Gegenteil, er war immer sehr vergnügt, wenn er einen Vorwand fand, um sich zu entschuldigen und in seinem Zimmer bleiben konnte, umgeben von seinem gewöhnlichen Spielzeug, wovon ich bereits gesprochen.
Kurz nach der Ankunft der Kaiserin und des Großfürsten in Petersburg hatte meine Mutter einen großen Verdruß, den sie nicht verbergen konnte. Der Sachverhalt ist folgender:
Prinz August, der Bruder meiner Mutter, hatte ihr nach Kiew geschrieben, daß er gern nach Rußland kommen möchte. Meine Mutter aber wußte, daß diese Reise nur den Zweck hatte, bei der Majorennität des Großfürsten, welche man vor der Zeit proklamieren wollte, die Verwaltung Holsteins zu erhalten, das heißt, man wünschte die Vormundschaft aus den Händen des ältesten Bruders zu nehmen, der Kronprinz von Schweden geworden war, und die Regierung Holsteins dem Prinzen August, dem jüngeren Bruder meiner Mutter, unter dem Namen eines volljährigen Großherzogs zu übertragen.
Diese Intrige war von der dem Kronprinzen von Schweden feindlichen, mit den Dänen verbundenen Partei, angesponnen, weil es die Dänen dem Kronprinzen nicht verzeihen konnten, daß er in Schweden den Sieg über den Kronprinzen von Dänemark, den die Dalekarlier zum schwedischen Thronfolger wählen wollten, davongetragen hatte. Meine Mutter antwortete ihrem Bruder, dem Prinzen August, von Koselsk aus einfach: statt sich zu Intrigen herzugeben, die ihn verführten, gegen seinen Bruder zu handeln, würde er besser tun, im holländischen Dienste, wo er sich befand, seine Pflicht zu tun und ehrenvoll zu sterben, als gegen seinen Bruder zu kabalieren und sich mit den Feinden seiner Schwester in Rußland zu verbinden. Damit meinte meine Mutter den Grafen Bestuscheff, welcher diese ganze Intrige im Gange hielt, um Brummer und allen andern Freunden des schwedischen Kronprinzen, des Vormundes des Großfürsten für Holstein, zu schaden. Dieser Brief wurde geöffnet und vom Grafen Bestuscheff und von der Kaiserin gelesen, welch letztere durchaus nicht mit meiner Mutter zufrieden und gegen den schwedischen Kronprinzen sehr erbittert war, weil er unter dem Einfluß seiner Gemahlin, einer Schwester des Königs von Preußen, sich zu den Ansichten der französischen Partei, welche denen Rußlands vollkommen entgegen war, hatte fortreißen lassen. Man warf ihm seine Undankbarkeit vor und beschuldigte meine Mutter des Mangels an Zärtlichkeit gegen ihren jüngeren Bruder, weil sie ihm geschrieben, er solle sich töten lassen, ein Ausdruck, den man hart und unmenschlich fand, während meine Mutter sich ihren Freunden gegenüber rühmte, einen festen und treffenden Ton angewendet zu haben. Das Resultat war, daß Graf Bestuscheff, ohne Rücksicht auf die Stimmung meiner Mutter, oder vielmehr, um sie zu verletzen und die ganze holsteinisch-schwedische Partei zu ärgern, für den Prinzen August von Holstein, ohne Wissen meiner Mutter, die Erlaubnis erlangte, nach Petersburg zu kommen. Als meine Mutter erfuhr, daß er unterwegs sei, war sie sehr verstimmt und aufgebracht und empfing ihn mit großer Kälte. Er jedoch, von Bestuscheff angetrieben, ließ sich nicht beirren. Man überredete auch die Kaiserin, ihn freundlich zu empfangen, was wirklich äußerlich in hohem Maße geschah; doch dauerte dies nur kurze Zeit und konnte auch nicht lange währen, da der Prinz August eine ganz unbedeutende Persönlichkeit war. Schon sein Aeußeres nahm nicht zu seinen Gunsten ein. Er war sehr klein und besaß eine schlechte Haltung, hatte dazu wenig Geist bei großem Jähzorn und wurde von den Personen seiner Umgebung geleitet, die ebenfalls alles Nullen waren. Und da es doch einmal gesagt sein muß: es war die Dummheit ihres Bruders, die meine Mutter ärgerte; mit
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