Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.
einem Worte, seine Ankunft brachte sie fast zur Verzweiflung.
Indem Graf Bestuscheff sich vollkommen des Prinzen durch seine Umgebung bemächtigte, schlug er mehrere Fliegen mit einer Klappe. Es konnte ihm nicht entgehen, daß der Großfürst Brummer ebenso sehr haßte, wie er selbst. Auch Prinz August liebte ihn nicht, weil er dem Kronprinzen von Schweden unter dem Vorwande der Verwandtschaft und als Holsteiner ergeben war. Der Prinz schloß bald mit dem Großfürsten Freundschaft, indem er ihm beständig von Holstein erzählte und ihn von seiner künftigen Volljährigkeit unterhielt, bis er ihn endlich so weit brachte, in seine Tante und den Grafen Bestuscheff zu dringen, eine Beschleunigung seiner Mündigkeitserklärung zu bewirken. Hierzu aber war die Erlaubnis des römischen Kaisers nötig. Dies war zu jener Zeit Karl VII. aus dem Hause Bayern, der indes inzwischen starb, so daß sich die Angelegenheit bis zur Wahl Franz I. verzögerte.
Da Prinz August von meiner Mutter sehr kalt empfangen worden war und ihr selbst wenig Achtung bezeigte, verminderte er auch bei dem Großfürsten das geringe Maß von Respekt, das dieser bis dahin noch für meine Mutter bewahrt hatte. Anderseits unterhielten sowohl Prinz August als auch der alte Kammerdiener, der Günstling des Großfürsten, die offenbar meinen künftigen Einfluß fürchteten, den Großfürsten häufig über die Art und Weise, wie er seine Gemahlin behandeln müsse. Der frühere schwedische Dragoner Romberg sagte ihm, daß die seinige kaum vor ihm zu atmen, noch sich in seine Angelegenheiten zu mischen wage, und wenn sie nur den Mund öffne, er ihr zu schweigen befehle; er sei der Herr im Hause, denn für einen Mann wäre es schmachvoll, sich wie ein Einfaltspinsel von seiner Frau lenken zu lassen.
Doch der Großfürst seinerseits war diskret wie ein Kanonenschuß und hatte, wenn Herz und Geist ihm von einer Sache voll waren, nichts Eiligeres zu tun, als es denen zu erzählen, mit denen er zu sprechen gewöhnt war, ohne zu bedenken, wem er es sagte. So erzählte mir Seine kaiserliche Hoheit auch diese Gespräche ganz offen bei der ersten Gelegenheit wieder. Er nahm immer von vornherein treuherzig an, daß jedermann seiner Ansicht und nichts natürlicher sei, als dies. Ich wiederum scheute mich nicht, offen hierüber mit allen zu reden, konnte aber doch nicht umhin, über das Los, das mich erwartete, sehr ernste Gedanken zu hegen. Ich beschloß also, das Vertrauen des Großfürsten so viel als möglich zu bewahren, damit er mich wenigstens als eine ihm ergebene Person betrachte, der er ohne Scheu alles sagen konnte. Dies gelang mir denn auch lange Zeit. Uebrigens behandelte ich jedermann so gut ich irgend konnte und studierte aufs genaueste, wie ich die Freundschaft derer gewinnen oder doch wenigstens ihre Feindschaft mindern konnte, von denen ich die geringste üble Stimmung gegen mich argwöhnte. Ich bewies keinerlei Neigung für eine oder die andere Person, mischte mich in nichts, zeigte stets eine heitere Miene, große Zuvorkommenheit, Aufmerksamkeit und Höflichkeit gegen alle. Und da ich von Natur aus heiter war, sah ich mit Vergnügen, wie ich von Tag zu Tag die Zuneigung des Publikums gewann, das mich als ein interessantes Kind betrachtete, dem es nicht an Geist fehle. Meiner Mutter bewies ich die größte Achtung, der Kaiserin unbedingten Gehorsam, dem Großfürsten viel Rücksicht und suchte mit unermüdlichem Eifer die Zuneigung des Volkes zu gewinnen.
Schon in Moskau hatte mir die Kaiserin Elisabeth Damen und Herren beigegeben, die meinen Hof bildeten. Bald nach meiner Ankunft in Petersburg gab sie mir russische Kammerfrauen, um, wie sie sagte, mir das Erlernen der russischen Sprache zu erleichtern. Dies war mir sehr angenehm, da es nur junge Mädchen waren, von denen die älteste ungefähr zwanzig Jahre zählte. Alle waren sehr lustig, so daß ich seitdem von meinem Erwachen bis zum Schlafengehen nichts anderes tat, als singen, tanzen und scherzen.Abends nach dem Souper ließ ich meine drei Damen, die beiden Fürstinnen Gagarin und Fräulein Kucheleff in mein Schlafzimmer kommen, wo wir Blindekuh und alle Art kindlicher Spiele spielten. Aber alle diese Mädchen hatten eine tödliche Furcht vor der Gräfin Rumianzoff. Da diese jedoch vom Morgen bis zum Abend im Vorzimmer oder in ihren Gemächern Karten spielte und nur notgedrungen von ihrem Sessel aufstand, kam sie höchst selten zu uns herein.
Inmitten unserer Vergnügungen fiel es mir einst
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