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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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Geistes baren Menschen eine leidenschaftliche Neigung zum Verfertigen von Versen zu wecken vermochte, die übrigens ohne Sinn und Verstand waren. Nachdem wir dies entdeckt hatten, baten wir Tschoglokoff jedesmal, wenn wir ihn los sein wollten, ein neues Gedicht zu machen. Dann setzte er sich bereitwilligst in eine Ecke des Zimmers, meist in die Nähe desOfens, und beschäftigte sich mit der Abfassung des Gedichtes, was den ganzen Abend ausfüllte. Man war darüber entzückt und ermunterte ihn fortwährend zu neuen Leistungen. Leon Narischkin setzte dann seine Lieder in Musik und sang sie mit ihm. Unterdessen konnten wir uns ungestört unterhalten und sagen, was wir wollten. Ich besaß einen dicken Band von diesen Gedichten, weiß aber nicht, was daraus geworden ist.
    Bei einem jener Konzerte ließ Sergius Soltikoff durchblicken, was die Ursache seiner Aufmerksamkeiten gegen mich war. Ich antwortete ihm zuerst nicht, als er aber immer wieder über denselben Gegenstand zu sprechen begann, fragte ich ihn, was er sich denn eigentlich davon verspreche? Darauf entwarf er ein ebenso glänzendes als leidenschaftliches Bild des höchsten Glückes. Ich erwiderte: »Und Ihre Frau, die Sie erst vor zwei Jahren aus Leidenschaft geheiratet und in die Sie, wie man sagt, bis zum Wahnsinn verliebt sind, ein Gefühl, welches sie mit gleicher Glut erwidert, was wird sie dazu sagen?« Hierauf bemerkte er nur: nicht alles sei Gold, was glänze, und er büße schwer für einen Augenblick der Verblendung. Ich tat dennoch, was in meinen Kräften stand, ihn auf andere Gedanken zu bringen; gutmütig, wie ich war, glaubte ich, daß mir dies gelinge – er tat mir leid. Schließlich aber erhörte ich ihn doch. Er war schön wie der Tag, und niemand kam ihm an dem großen Hofs der Kaiserin, geschweige denn an unserm kleinen gleich. Es fehlte ihm weder an Geist, noch an jener Gewandtheit in Kenntnissen, Benehmen und Rücksichten, welche die große Welt, besonders aber das Hofleben, verleiht. Er war sechsundzwanzig Jahre alt; kurz, Geburt und manche andere Eigenschaften machten ihn zu einem glänzenden Kavalier. Seine Fehler wußte er geschickt zu verbergen, deren größte seine Neigung zur Intrige und sein Mangel an Grundsätzen waren. Doch noch während des ganzen Frühlings und eines Teils desSommers widerstand ich seinem Drängen, und obgleich ich ihn fast täglich sah, änderte ich mein Benehmen gegen ihn nicht. Ich verkehrte mit ihm, wie mit einem jeden, sah ihn nur in Gegenwart des Hofes oder wenigstens mehrerer Personen meiner Umgebung. Eines Tages kam mir sogar der Gedanke, mich seiner endlich zu entledigen, indem ich ihm kurzweg sagte, er komme übel an, und hinzufügte: »Was wissen Sie denn? Vielleicht gehört mein Herz schon einem andern?« Aber diese Worte, statt ihn zu entmutigen, bewirkten gerade das Gegenteil, und er wurde immer leidenschaftlicher. Von meinem lieben Gemahl war bei alledem nie die Rede, weil es eine ausgemachte Sache war, daß selbst die, in welche er verliebt war, ihn nicht liebenswert fanden; und verliebt war er fortwährend, ja er machte sozusagen allen Frauen den Hof; nur die, welche seinen Namen trug, war von seiner Beachtung ausgeschlossen.
    Um diese Zeit lud uns Tschoglokoff zu einer Jagd auf seine Insel ein. Wir begaben uns in einer Schaluppe dorthin; unsere Pferde hatten wir vorausgeschickt. Gleich nach unserer Ankunft bestieg ich das meinige, um die Hunde abzuholen. Da paßte Sergius den Augenblick ab, wo die andern mit der Verfolgung der Hasen beschäftigt waren, um sich mir zu nähern und mich von seinem Lieblingsthema zu unterhalten. Aufmerksamer als gewöhnlich hörte ich ihm diesmal zu, während er mir die Grundzüge des Planes, den er sich ausgedacht, um wie er sagte, das Glück in ein tiefes Geheimnis zu hüllen, in den glühendsten Farben schilderte. Ich schwieg, und er machte sich mein Schweigen zunutze, um mir zu versichern, daß er mich leidenschaftlich liebe, und mich zu bitten, ich solle ihm zu glauben gestatten, daß er mir wenigstens nicht gleichgültig sei. Darauf erwiderte ich, ich könne ihn nicht hindern, sich seinen Phantasien hinzugeben. Endlich stellte er Vergleichezwischen sich und andern Personen des Hofes an und drängte mich zu dem Geständnis, daß er gewiß diesen vorzuziehen sei, woraus er dann schloß, ich bevorzuge ihn wirklich. Ich lachte über seine Anmaßung, aber im Grunde meines Herzens mußte ich mir gestehen, daß er mir sehr gefalle. Nachdem wir uns anderthalb

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