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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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ich, die ich meist allein mit Lesen beschäftigt war, d.h., wenn der Großfürst nicht hereinkam, um mit großen Schritten im Zimmer auf und ab zu gehen und mit mir von Dingen zu reden, die wohl ihn interessierten, für mich aber nicht das geringste Interesse hatten. Sein Auf- und Abgehen dauerte gewöhnlich ein bis zwei Stunden und wiederholte sich mehrmals am Tage, wahrend ich an seiner Seite bleiben, ihm aufmerksam zuhören und antworten mußte, bis meine Kräfte erschöpft waren. Und seine Bemerkungen hatten meist weder Hand noch Fuß, häufig waren sie weiter nichts als kindische Einfälle. So erinnere ich mich, daß er während eines ganzen Winters mit dem Plane beschäftigt war, bei Oranienbaum ein Lusthaus in Form eines Kapuzinerklosters bauen zu lassen, in welchem er, ich, sowie sein ganzer Hof Kapuzinerkutten tragensollten. Er fand diese Art von Anzug reizend und bequem. Jeder sollte einen Esel haben, und sollte abwechselnd diesen Esel austreiben, um Wasser und Lebensmittel in das sogenannte Kloster zu schaffen. Dabei schüttelte er sich vor Lachen über die herrlichen, amüsanten Wirkungen, welche seine Erfindung hervorbringen würde. Dann forderte er mich auf, eine Bleistiftskizze dieses schönen Werkes zu entwerfen, und jeden Tag mußte ich etwas hinzufügen oder verändern. So entschlossen ich nun auch war, gefällig und geduldig gegen ihn zu sein, so gestehe ich doch offen, daß ich oft vor Langeweile bei seinen Besuchen, Promenaden und Unterhaltungen beinahe umkam, denn diese waren von einer Abgeschmacktheit, wie ich nie etwas Aehnliches erlebt habe, wenn er fort war, schien mir das langweiligste Buch die köstlichste Unterhaltung.
    Mit dem Herbste begannen auch die Hofbälle und öffentlichen Bälle, die Auswahl der Toiletten und Maskenanzüge wieder bei Hofe. Graf Zacharias Czernitscheff kehrte nach Petersburg zurück. Da ich auf Grund unserer alten Bekanntschaft immer sehr freundlich mit ihm verkehrte, hing es nur von mir ab, seine Aufmerksamkeiten diesmal zu deuten, wie es mir gefiel. Er debütierte damit, mir zu sagen, er finde, ich sei viel schöner geworden. Es war das erstemal in meinem Leben, daß mir jemand so etwas sagte, und es schmeichelte mir nicht wenig. Ja, ich tat mehr, ich besaß sogar die Gutmütigkeit, zu glauben, daß er die Wahrheit sage. Bei jedem Ball machte er neue Bemerkungen derselben Art. Eines Tages brachte mir die Fürstin Gagarin eine Devise von ihm, der ich, als ich sie erbrach, es ansah, daß sie geöffnet und wieder geschlossen worden war. Der Zettel war wie gewöhnlich gedruckt, enthielt aber zwei sehr zärtliche, sehr gefühlvolle Verse. Nach dem Diner ließ ich mir ebenfalls verschiedene solcher Devisen bringen, suchte nach einem Spruch, welcher, ohne mich zukompromittieren, auf jenen antwortete und fand bald einen solchen. Diesen steckte ich in eine eine Orange darstellende Devise und gab dieselbe der Fürstin Gagarin, welche sie dem Grafen Czernitscheff einhändigte. Am folgenden Tag brachte sie mir wieder eine von ihm, aber diesmal fand ich darin ein Billett mit einigen Zeilen von seiner Hand. Ich antwortete sofort, und auf diese Weise befanden wir uns plötzlich mitten in einer ganz regelmäßigen, ganz sentimentalen Korrespondenz. Als er beim nächsten Maskenball mit mir tanzte, flüsterte er mir ins Ohr, er habe mir tausend Dinge zu sagen, die er weder dem Papier anvertrauen noch in eine Devise stecken könne, welche die Fürstin Gagarin vielleicht in ihrer Tasche zerbräche oder unterwegs verlöre. Er bitte mich daher, ihm in meinem Zimmer, oder wo ich es sonst für passend halte, einen Augenblick Gehör zu schenken. Aber ich erwiderte ihm, dies sei ganz unmöglich, weil meine Zimmer unzugänglich wären und ich sie ebensowenig verlassen könne. Darauf sagte er, er wolle sich, wenn es nötig sei, als Bedienter verkleiden, aber dies schlug ich ihm rund ab, und es blieb bei unserer in Devisen versteckten Korrespondenz. Schließlich aber ahnte die Fürstin Gagarin unser Geheimnis, grollte mir, daß ich sie als Ueberbringerin benutzte und wollte keine Devisen mehr befördern.

Elftes Kapitel.
    Verunglückte Rutschpartie. – Intrige Madame Tschoglokoffs. – Sergius Soltikoff erscheint häufiger als nötig bei Hofe. – Man täuscht Tschoglokoff auf seine Weise. – Sergius Soltikoff erklärt mir seine Liebe. – Aufenthalt mit ihm auf der Insel Tschoglokoffs. – Der Großfürst ahnt unser Verhältnis. – Er selbst ist in Fräulein Schastroff verliebt. –

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