Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel
Tages mit einer Kuriosität einzuleiten, um die Stimmung aufzulockern, bevor die Härte des Alltags sie traf.
»Nur damit ihr das wisst«, sagte er, schaute in seine Papiere und trank einen Schluck Kaffee aus seinem Plastikbecher. Er warf einen Blick auf Bengt Hansen, der noch immer so aussah, als hätte er im Lotto gewonnen.
»Tja«, fuhr Roland schließlich brummend fort, »und damit zu den ernsteren Dingen. Die Polizei von Südjütland hat uns angefordert, um ihr bei einem Fall zur Seite zu stehen, für dessen Aufklärung ihnen die nötigen Leute fehlen. Es geht um den Fund einer Leiche … das heißt … einer zerstückelten Leiche.«
Per Roland sah seufzend in seine Unterlagen. Dann holte er ein Foto hervor und hängte es an die Tafel.
Plötzlich war es, als wehte ein kalter Wind durch den Raum, der bei allen Anwesenden eine Gänsehaut verursachte. Anette schnappte nach Luft und sah weg. Carsten fluchte leise. Miroslav stand abrupt auf und lief in eine Ecke des Raumes. Keiner sagte ein Wort.
»Dieser Mann, oder die Reste von ihm«, fuhr Roland fort, als sich der erste Schock gelegt hatte, »wurde Mittwochvormittag in einem kleinen Holzhaus am Skydebanevej in Vestermark gefunden. Das Gelände gehört zu dem Truppenübungsplatz der Sønderborg Kaserne, und das kleine Holzhaus ist ein Nahkampfhaus, in dem der Häuserkampf trainiert wird. Ein älterer Mann, Ulf Christensen, und sein Enkel, der achtjährige Magnus, haben den makaberen Fund gemacht, als sie in der Gegend spazieren waren. An Tagen, an denen der Übungsplatz offen ist, gehen die Anwohner da gerne mit ihren Hunden spazieren. Magnus hat mit dem Hund des Großvaters Verstecken gespielt und ist dabei in dieses Haus gelaufen. Sein Großvater war ein Stück hinter ihm, und als Magnus wieder aus dem Haus kam, hielt er einen menschlichen Finger in der Hand.«
Roland seufzte und dachte einen Moment lang an die Zeit, in der sein Sohn in diesem Alter gewesen war. Das lag jetzt schon einige Jahre zurück.
»Natürlich haben sie gleich die lokale Polizei angerufen, die mit Hilfe von Hunden die Reste des Leichnams in dem kleinen Haus gefunden hat, vergraben im Kellerboden. Wie ihr auf den Bildern sehen könnt, sind alle Gliedmaßen, der Kopf und die Geschlechtsorgane abgetrennt worden. Außerdem ist zu erkennen, dass an dem Torso an manchen Stellen die Haut fehlt.«
Per Roland zeigte es mit einem Stift an.
»Hier, hier und besonders am Bauch sind große Hautpartien entfernt worden.«
Er nahm ein weiteres Foto aus der Akte und hängte es auf. Wieder ging ein Seufzen durch die Runde.
»Dazu kommt, dass …«, er holte tief Luft, »dass der Kopf skalpiert wurde … ihr wisst schon, wie bei den Indianern. Es sieht aber so aus, als hätten alle Teile der Leiche in dem Grab gelegen. Auch die abgetrennten, die Haut und der … Skalp.«
Roland hoffte nur, dass das Opfer bereits tot gewesen war, als es zerstückelt wurde. Als Ermittler glaubte man oft, das meiste bereits gesehen zu haben, bis dann wieder etwas Neues, noch Übleres auftauchte. Zerstückelte Leichen hatte er schon gesehen. In der Regel war der Grund für so etwas die Tatsache, dass der Täter die Leiche beseitigen musste. Aber das Abtrennen von Haut und die Skalpierung deuteten eher daraufhin, dass sie es mit einem Täter zu tun hatten, der es liebte, sein Opfer mit dem Messer zu bearbeiten. Unter Umständen lief es wieder auf einen dieser Fälle hinaus, bei denen man den Glauben an das Gute im Menschen ein für alle Mal verlieren konnte.
»Es ist, wie ihr euch denken könnt, eine ziemliche Aufgabe, Licht in die Sache zu bringen… um es mal so auszudrücken.«
»Was ist mit seinen Augen?«, fragte Carsten. »Die sehen ja beinahe lila aus?«
»Sie sind violett. Wir glauben, dass es sich um einen Albino handelt, warten aber noch auf die Bestätigung.«
»Haben Albinos nicht rote Augen?«, fragte Max Motor.
»Nein. Albinismus ist ein angeborener, genetischer Defekt, der einen Pigmentmangel in Augen, Haut und Haaren bewirkt. Menschen, die unter Albinismus leiden, haben häufig eine verminderte Sehkraft und Schwierigkeiten mit hellem Licht. Ihre Augen sind aufgrund der fehlenden Pigmente meistens blau oder violett. Nur wenige haben rote Augen, wie der Mythos behauptet«, kam es aus der Ecke, in der Miroslav stand.
Roland sah ihn überrascht an. Woher wusste er das? Dann stellte er besorgt fest, wie blass Miroslav war. Lag das an den Bildern der zerstückelten Leiche? Sein früheres Leben in
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