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Ernest Hemingway

Ernest Hemingway

Titel: Ernest Hemingway Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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aufeinander sein würden. Sie waren ein Liebespaar, aber klar ist er schwul; das wußten Sie nicht, natürlich ist er das. Also ließ er sie nur auf fünf Jahre begraben.
    Na, als er aus Spanien nach Mexiko zurückkehrte, bekam er die erste Benachrichtigung. Man teilte ihm mit, daß dies die erste Benachrichtigung sei, daß die fünf Jahre um wären, und er möchte doch für den Fortbestand des Grabes seiner Mutter Vorkehrungen treffen. Es waren nur 20 Dollar ‹auf Dauer›. Ich hatte damals die Kasse, und ich sagte: laß mich die Sache erledigen, Paco. Aber er sagte, nein, er würde sich darum kümmern. Er würde sich sofort darum kümmern. Es sei seine Mutter, und er wolle es selbst tun.
    Dann, nach einer Weile, bekam er die zweite Benachrichtigung. Ich las sie ihm vor und sagte, ich hätte geglaubt, daß er sich darum gekümmert habe. Nein, sagte er, das hätte er nicht getan.
    «Laß mich’s machen», sagte ich. «Es ist ja doch hier in der Kasse.»
    «Nein», sagte er. Niemand habe ihm zu sagen, was er zu tun hätte. Er werde es selbst tun, sobald er dazu käme. «Was hat es denn für einen Sinn, früher als notwendig Geld auszugeben?»
    «Schön», sagte ich. «Aber kümmere dich auch wirklich darum.» Damals hatte er einen Kontrakt für sechs Kämpfe, zu je 4000 Pesos, außer seinem Benefizkampf. Er kam auf über 15.000 Dollar allein in der Hauptstadt. Er war einfach geizig, weiter nichts.
    Die dritte Benachrichtigung kam nach einer weiteren Woche, und ich las sie ihm vor. Sie besagte, daß das Grab seiner Mutter geöffnet und ihre irdischen Reste auf den öffentlichen Schindanger geworfen würden, falls er die Zahlung nicht bis zum folgenden Sonnabend leiste. Er sagte, er würde sich noch am selbigen Nachmittag, wenn er in die Stadt ginge, darum kümmern.
    «Warum läßt du’s mich nicht machen?» fragte ich ihn.
    «Kümmere dich nicht um meine Sachen», sagte er. «Das ist meine Sache, und ich erledige das.»
    «Na schön, wenn du so darüber denkst», sagte ich. «Kümmer dich allein um deine Sachen.»
    Er nahm das Geld aus der Kasse, obschon er damals immer 100 Pesos und mehr mit sich herumtrug, und er sagte, er würde sich darum kümmern. Er ging mit dem Geld weg, und deshalb dachte ich natürlich, daß er es erledigt habe.
    Eine Woche später kam die Benachrichtigung, daß man keine Antwort auf die endgültig letzte Mahnung erhalten und darum die Leiche seiner Mutter auf den Schindanger geworfen hätte, auf den öffentlichen Schindanger.
    «Jesus Christus», sagte ich zu ihm, «du hast gesagt, daß du’s bezahlen würdest, und du hast Geld aus der Kasse genommen, um es zu erledigen, und was ist jetzt mit deiner Mutter geschehen? Mein Gott, stell dir mal vor – der öffentliche Schindanger und deine leibliche Mutter. Warum hast du’s mich nicht erledigen lassen? Ich hätte es geschickt, als die erste Benachrichtigung kam.»
    «Das geht dich nichts an», sagte er. «Es ist meine Mutter.»
    «Es geht mich nichts an, jawohl, aber dich ging es an. Was für Blut hat wohl ein Mensch, der zuläßt, daß so etwas mit seiner Mutter geschieht? Du verdienst überhaupt nicht, eine Mutter zu haben.»
    «Es ist meine Mutter», sagte er. «Jetzt ist sie mir um so teurer. Jetzt brauch ich doch nicht mehr an der einen Stelle, da, wo sie begraben ist, an sie zu denken und traurig sein. Jetzt ist sie überall um mich in der Luft wie die Vögel und die Blumen. Jetzt wird sie immer bei mir sein.»
    «Jesus Christus», sagte ich, «was für Blut hast du überhaupt schon groß in dir? Ich will nicht, daß du auch nur mit mir redest.»
    «Sie ist überall um mich», sagte er. «Jetzt werde ich nie traurig sein.»
    Zu jener Zeit gab er allerhand Geld für Frauen aus, um sich als Mann aufzuspielen und den Leuten was vorzumachen, aber es machte auf Leute, die etwas von ihm wußten, keinen Eindruck. Er schuldete mir über 600 Pesos, und er wollte sie mir nicht zurückzahlen. «Warum willst du sie denn jetzt haben?» pflegte er zu sagen. «Traust du mir nicht? Sind wir nicht Freunde?»
    «Es handelt sich nicht darum, ob wir Freunde sind oder ob ich dir traue oder nicht traue. Aber ich habe die Rechnungen, als du weg warst, von meinem eigenen Geld bezahlt, und jetzt brauch ich das Geld, und du hast es ja und kannst es mir wiedergeben.»
    «Ich hab es nicht.»
    «Du hast es», sagte ich. «Es ist ja in der Kasse, und du kannst es zurückzahlen.»
    «Ich brauch das Geld für etwas», sagte er. «Du weißt nicht, wofür ich alles

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