Ernstes Spiel (German Edition)
normalen Umständen würde sie nicht ohne wenigstens eine Verabschiedung davonlaufen. Besonders, wenn sie der Ehrengast war. Bis sie Jon in die Augen gesehen hatte, tief, und sie die Gefahr erkannte. Wahre, unmittelbare Gefahr.
“Okay?” flüsterte Raven.
“Definiere okay,” flüsterte sie zurück, mit Sarkasmus in ihrer Stimme.
“Fast zu Hause.” Metaphorisch, wenn nicht in Wirklichkeit. Der schwarze, schmiedeeiserne Zaun, der das Anwesen einschloss, war nur etwa hundert Meter entfernt. Es gelang ihnen, der Palastwache ohne große Anstrengung zu entschlüpfen. Die netteste Bemerkung, die ihm dazu einfiel, war dass sie coole Uniformen trugen. Er hatte abgewogen, ob er einen der Wachen überwältigen sollte, um an eine Waffe zu kommen, aber das hätte früher als notwendig Aufmerksamkeit auf ihre Abreise bringen können.
Sie passierten unter einer gewölbten Laube, deren Form mit blassen Flecken würzig duftender Rosen abgesteckt war.
Danica atmete schwer, und obwohl er wußte, dass ihr etwas zu schaffen machen mußte, das vom Unfall herrührte, so hatte sie keinen Laut einer Beschwerde von sich gegeben. Und sie hielt das Tempo. Er wußte, sie hatte Angst. Das alles war so weit entfernt von ihrer Natur, als es möglich war. Sie war ein Sonntag-mit-der-Zeitung, in-der-Abenddämmerung-am-Strand-spazieren-gehen, an-einem-Regentag-Kuscheln Mädchen.
Wie konnte ausgerechnet sie in solche Dinge verwickelt werden, wie einen Flugzeugabsturz, Kidnapping und Drogen?
Und die wichtigere Frage—warum?
Als Sicherheitsexperte traf er selten auf Gewalt, obwohl er und alle seine Angestellten hochqualifiziert und für den Eventualfall ausgebildet waren. Terrorismus eingeschlossen. Aber die meisten seiner Klienten waren Fortune 500 Unternehmen, Museen, technische und medizinische Installationen, die modernste Sicherheits-Hardware benötigten. Denkkraft vor Muskelkraft.
Selbst dann, sein Magen krümmte sich bei dem Gedanken, sein Geschäft hätte damit zu tun, warum war Danica zur Zielscheibe geworden. Aber die Tatsache, dass Onkel Sam nicht nur über Danica Bescheid wußte, sondern nach ihm bei seinem Namen fragte, machte nur Sinn, falls er ein wichtiges Element in alldem war.
Es machte einfach keinen Sinn. Gleichgültig, von welcher Seite er es betrachtete. Allerdings glaubte er nicht an Zufälle. Also, falls sein gegenwärtiges Sicherheitsunternehmen sie nicht in dieses Schlamassel gezogen hatte . . . vielleicht war es etwas aus seiner Vergangenheit.
Er würde den Gedanken weiterverfolgen, sobald sie in Sicherheit waren.
Sobald Danica sicher war.
Er hätte seine Seele für eine Waffe verwettet. Eine wirkliche Waffe, nicht eine behelfsmäßige Klinge und eine Dose verfluchten Haarspray, Reisegröße.
Eine Bewegung ein Stück voraus ließ ihn aufhorchen. In Sekundenschnelle schwang er Danica hinter sich, die Klinge bereit, zwischen Index- und Mittelfinger hervorstehend. Jeder Nerv, jedes Band in seinem Körper war in Kampfbereitschaft.
“Jon Raven?” flüsterte eine männliche Stimme.
“Identifizieren Sie sich,” verlangte Raven in einer tiefen Stimme. Er konnte sieben Männer sehen. Kaum. Aber sie waren dort, getarnt in der Vegetation. Raven konnte ihren Schweiß wahrnehmen, das Waffenöl und das schwarze Schmierfett an ihrer Haut. Ja, Militär, eindeutig.
“DSS. Wir haben ein Transportfahrzeug für Sie und Miss Cross bereit. Hier entlang, Sir.”
T minus 1Tag:2Stunden:09Minuten:23Sekunden
“Nein,” erwiderte Raven dem Geheimdienst Typen zehn Minuten später. “Wir reisen zusammen oder gar nicht.” Sie waren einen Kilometer zu einem sicheren Ort gelaufen, wo mehrere mitgenommene Trucks warteten. Jetzt wollten diese Typen ihn und Dani trennen. Uh-uh. Keine Chance.
“Wir müssen Miss Cross so bald wie möglich zur Klinik bringen. Unser Befehl ist, sie dort hinzubringen. Sie werden—”
Raven legte einen Arm um Danicas Schultern. “Direkt neben ihr, Freund.” Seine Augen verengten sich, als der Mann sich zurückzog, dann leise in ein Radio sprach. DSS war dem State Department unterstellt. Was zum Teufel wollten sie mit ihm?
Oder wollten sie Danica ?
Etwas war faul hier. Etwas war . . . nicht normal . Er sollte erleichtert sein, sie wurden von der guten Seite aufgelesen. Aber dieses ungute Bauchgefühl warnte ihn, dass Dinge nicht das waren, wofür er sie hielt.
In dem Moment, als der Soldat nahe genug kam, ging er auf ihn zu und verlangte, “ Welche Klinik?”
“Es steht mir nicht
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