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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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sich in schmerzerfülltes Gewimmer.
    Wuffa warf Ulf einen Blick zu. »Sie werden ihn töten.«
    »Das geht uns nichts an«, sagte Ulf.
    »Du hast recht.«
    »Ich nehme den linken. Wenn du dir den Alten greifen kannst …«
    »Auf geht’s.«
    Die beiden stürmten auf die Plünderer los. Ulf senkte seine massigen Schultern und rannte in den Mann zur Linken hinein. Der Alte wäre in die Flammen gefallen, aber Wuffa sprang übers Feuer, fing ihn mit beiden Armen auf und ließ ihn zu Boden gleiten. Wuffa wusste, dass der zweite Plünderer im Nu über ihm sein würde, darum ballte er die Faust und schwang sie noch in der Drehung herum. Knöchel krachten mit einem dumpfen Schlag, bei dem Wuffas ganzer Arm schmerzte, gegen
Schädelknochen, und der Mann stürzte der Länge nach hin.
    Wuffa setzte sich auf ihn, zog ein Messer aus seinem Gürtel und drückte es dem Sachsen an den Hals. Der benommene, wütende Plünderer war schwerer und stärker als er. Doch als Wuffa ihm den Hals mit der Klinge ritzte, ergab er sich und sank keuchend wieder zu Boden.
    Wuffa schaute zu Ulf hinüber. Der große Nordmann hatte seinen Gegner mit dem Gesicht zu Boden gedrückt und schlug ihm mit der Faust immer wieder auf den Hinterkopf.
    »Ich glaube, du hast deinen Standpunkt klar gemacht«, rief Wuffa.
    Ulf hielt schwer atmend inne; seine Faust blieb in der Luft stehen. »Na schön.«
    Mit einer geschmeidigen Bewegung rollte sich Wuffa vom Oberkörper des Plünderers herab und kam auf die Beine. Der offenkundig benommene Mann rappelte sich auf, ging zu seinem Gefährten hinüber und schleifte ihn weg. Wuffa wischte das Blut des Sachsen von seinem Messer und steckte es wieder in den Gürtel. Sein Herz pumpte; in solchen Augenblicken fühlte er sich so lebendig wie nie.
    Inmitten dieser Aufwallung von Blut und Triumph begegnete er Sulpicia zum ersten Mal.

III
    »Oh, Vater, du hättest getötet werden können!«
    Der alte Mann atmete schwer, war jedoch nicht ernsthaft verletzt. Er versuchte sich aufzusetzen, während seine Tochter die Falten der Toga um seine dünnen Beine zurechtzog.
    Nachdem der Kampf nun vorbei war und keine Gefahr mehr bestand, kam der Bischof mit seinem hohen Hut und seinen leuchtenden Gewändern herbei. »Orosius! Ist alles in Ordnung mit dir?«
    »Ja, Ammanius. Aber ich komme mir vor wie ein Narr, wie ein richtiger Narr.«
    Der Bischof – Ammanius – legte seinen Hirtenstab weg und half dem Alten, sich aufzusetzen. »Ich würde dich nie einen Narren schimpfen, tapferer Orosius. Doch es gibt viele Bücher in Armorica und nur einen wie dich, alter Freund.«
    »Aber ich konnte einfach nicht mit ansehen, wie diese heidnischen Rohlinge die Bibliothek derart verwüsteten.«
    »Sie werden nie wissen, was sie vernichtet haben«, sagte Ammanius. »Wir sollten sie bemitleiden, nicht verachten.«
    Ammanius warf Wuffa und Ulf einen raschen Blick
zu. Wuffa sah, wie der Blick des Bischofs über Ulfs muskulöse Beine wanderte. Ammanius war vielleicht vierzig Jahre alt. Sauber rasiert wie seine britischen Schützlinge, besaß er ein volles, wohlgenährtes Gesicht, eine so glatte Haut, dass sie geölt wirkte, und Augenbrauen, die möglicherweise ausgezupft waren. Sein Latein hatte einen starken Akzent. Vielleicht kam er vom Kontinent.
    »Und es scheint«, sagte Ammanius zu Orosius, »dass du zwei anderen ›heidnischen Rohlingen‹ dein Leben verdankst.«
    »Ja, ich danke euch beiden«, sagte die Tochter atemlos.
    Ihre Augen waren groß. Sie mochte etwa zwanzig Jahre alt sein; ihr Gesicht war von Sorgen gezeichnet, aber sie war auf eine dunkle, britische Art hübsch, fand Wuffa.
    »Beherrscht ihr die lateinische Sprache?«, fragte Ammanius.
    »Wir sprechen sie«, sagte Ulf wachsam.
    »Dann versteht ihr, was man zu euch sagt. Der alte Orosius ist dankbar, dass ihr euch eingemischt habt …«
    Der alte Mann hustete und ergriff das Wort. »Leg mir keine Worte in den Mund, Bischof.« Er musterte die jungen Männer von oben bis unten. »Innerhalb der Stadtmauern trägt man keine Waffen. Das ist ein Stadtgesetz.«
    Wuffa runzelte die Stirn. »Nicht unter König Aethelberht.«

    »Die Autorität eines heidnischen Königs erkenne ich nicht an.«
    Die Tochter seufzte.
    »Nehmt es ihm nicht übel«, versuchte Ammanius Wuffa zu besänftigen. »Es ist ein schwerer Tag für Orosius. Diese Leute verlassen ihre Heimat – die Stadt, die ihre Vorfahren vor Jahrhunderten erbaut haben. Aber ihr interessiert euch wenig für Geschichte, ihr Sachsen,

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