Erregende Ermittlungen
und Jane.
Ritter und Jungfrau.
Urmensch und Urweib.
Der Held und sein Mädchen. Das Substrat unzähliger Geschichten, Legenden und Mythen, erzählt und wieder erzählt, seit der Morgendämmerung des Menschen. Abgegriffen und fast langweilig in seiner endlosen Wiederholung. Der reine Kitsch!
Warum zum Teufel spürte sie dann, zum allerersten Mal, echten, heißen, unverfälschten Neid auf Tracey? Neid um den Besitz an einem Helden. Ein Held, der ihr selbst niemals gehören würde…
Kapitel 19: Ein Ende und zwei Anfänge
„Detective Megan Ann Parrish vom LAPD, nehme ich an?“
Der groß gewachsene Mann in der Schutzweste mit gelbem „CIA“-Aufdruck stand mit verschränkten Armen auf der Holzpier und rührte keinen Finger, als sie anlegten. Seine brütenden Augen glitten prüfend über den verwüsteten Körper von Fahin im Heck und über Tracey und John, die eng umschlungen und offensichtlich unverletzt neben Megan saßen.
„Ich bin nicht im Dienst“, seufzte Megan und lächelte ihn müde an. „Das hier war mein Urlaub.“
„Nein.“ Der Mann schüttelte steinern den Kopf. „Wenn es nach mir geht, dann war dies der Beginn Ihres Lebens nach der Entlassung aus dem Polizeidienst. Und wenn ich Ihren Captain richtig verstanden habe, dann ist er exakt der gleichen Auffassung.“
„Was?“ Megan fuhr hoch.
„Wegen Ihnen sind jetzt neun Monate akribischer Ermittlungsarbeit im Arsch. Ganz zu schweigen von den zwei Männern im Hubschrauber, die Ihretwegen unnötig gestorben sind.“
„Aber… Fahin ist doch tot?“, wagte John einzuwerfen.
„Pah! Den hätten wir jederzeit ausschalten können“, spie der Mann aus. „Aber die Container sind weg! Wir wissen genau, dass sie in diesem Moment an Bord eines russischen Schiffes sind, das demnächst die kanadischen Hoheitsgewässer verlässt. Nur wegen Ihnen mussten wir den Zwischenstopp hier einlegen. Wir haben in der Nacht ein Telefonat zu der bevorstehenden Exekution abgefangen, und dummerweise hat der alte McFowerd auch nach seiner Verhaftung noch genügend Einfluss, um die Befreiung seines Töchterchens ganz nach oben auf die Prioritätsliste zu hieven.“
Er breitete die Arme aus und starrte böse auf Tracey herab. Diese duckte sich in Johns Arme.
„Jetzt haben wir keinen Hubschrauber mehr, weil die Idioten von der kanadischen Polizei nur eine einzige Maschine einfliegen ließen“, fuhr er mit kalter Stimme fort. „Und draußen wartet ein russisches Kriegsschiff, das unsere Freunde bald in Empfang nehmen wird. Der Deal ist gelaufen!“
„Aber… sicher können doch die Kanadier noch Hubschrauber zu dem Schiff raus schicken, oder?“, wandte Megan ein.
„Klar können sie das. Aber erstens glauben die uns ohnehin nur die Hälfte von dieser ganzen Räuberpistole, zweitens sind kanadische Politiker anscheinend noch hasenfüßiger als unsere, und drittens haben unsere Freunde wohl gute Verbindungen.“
Er brach in ein abschätziges Lachen aus, das Megan von irgendwoher bekannt vorkam.
„Die sagen, ohne klare Beweise würden sie nur einen internationalen Zwischenfall provozieren. Die sagen, sie könnten zwar einen Hubschrauber schicken und das Schiff entern, aber der Kahn hat mehr als 6.000 Container an Bord. Wie sollen die da in einer halben Stunde den richtigen finden? Irgendwo in Sibirien oder Kasachstan oder so bereiten sie schon die Labors vor, um das Zeug in Empfang zu nehmen.“
„Aber…“
„Und jetzt, wo sie Mr. Samar so übereifrig das Lebenslicht ausgeblasen haben, haben wir auch keine Möglichkeit mehr, die Containernummern aus ihm heraus zu quetschen – das war unsere letzte Hoffnung!“, fuhr er fort und knirschte mit den Zähnen. „Sieben Einschüsse! Ich hätte gute Lust, mit Ihnen genau so zu verfahren, Detective. Das hat ein juristisches Nachspiel! Und falls heraus kommen sollte, dass der Tod dieses Arschlochs nicht absolut unvermeidbar gewesen war, dann können sie sich auf etwas gefasst machen!“
Der Mann wandte sich erbittert ab starrte auf das Meer hinaus. Niemand antwortete ihm. Nur das Glucksen des Wassers durchbrach die lastende Stille. John sah zu Tode erschrocken aus.
Megan sank langsam zurück auf den Fahrersitz des Bootes. Interessant! dachte sie. Es ist keine zehn Minuten her, da wäre ich überglücklich gewesen, nur mit dem Leben davon zu kommen, und Scheiß auf alle Fahndungserfolge der westlichen Welt. Jetzt bin ich mir schon nicht mehr so sicher, ob das hier besser ist als eine Kugel oder nicht…
Tracey
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