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hinteren Teil. Zwei von ihnen schliefen, einer las im Koran, und der vierte war ganz auf seinen Laptop konzentriert. Am vorderen Ende der Kabine war ein klappbarer Tisch mit großen Flugkarten bedeckt, auf denen Khalid und Abdallah Jones anscheinend ihr Vorankommen eingezeichnet hatten. Dort stand Khalid jetzt und starrte Zula voller Hass, Faszination oder beidem an. Jones war nicht zu sehen, bis sie am Ende des Gangs an der Toilette ankam. Da entdeckte sie ihn, wie er, die Füße im Gang und den Kopf im Cockpit, auf dem Rücken lag. Er starrte fast senkrecht nach oben durch die Cockpitfenster. Auch Pawel und Sergej reckten die Hälse auf eine höchst seltsame Art, etwas im Blick, was sich über und vor ihnen zu befinden schien.
Zula ging zur Toilette. Als sie wieder herauskam, waren alle drei noch in derselben Position, nur hatte Jones inzwischen angefangen, vor Befriedigung gackernd zu lachen.
Als er merkte, dass Zula über ihm stand, zog er das Kinn an, rollte sich auf die Füße und bat sie nach vorne. Sie quetschte sich an ihm vorbei ins Cockpit, beugte ein Knie und blickte nach oben.
Knapp dreißig Meter über ihnen sah sie die Unterseite einer 747.
Das erklärte also, warum sie sich frei gefühlt hatten, an Höhe zu gewinnen. Sie hatten ihren Flugplan zeitlich auf den Abflug dieses Jumbos vom Flughafen Taipeh abgestimmt. Er war, wie sie vermutete, unterwegs nach Vancouver, San Francisco oder irgendeiner anderen Stadt an der Westküste. Nachdem sie, als er vom Nordzipfel Taiwans aus Kurs nach Norden genommen hatte, unter ihm durchgeflogen waren, hatten sie sich anschließend unter ihn gehängt und parallel zu ihm an Höhe gewonnen, sodass ihr Manöver auf den Radarschirmen der zivilen und militärischen Kontrollanlagen entlang der östlichen Küste von Asien mit seinem verschmolzen war.
Sie nahm sich eine Dose Cola und eine Tüte Chips aus der Minibordküche des Flugzeugs, ehe sie sich, Khalids Blick im Rücken spürend, durch die Kabine wieder nach hinten begab. Jones saß jetzt am Tisch ihm gegenüber, und sie studierten eine Karte des Nordpazifik.
Der Soldat mit dem Laptop saß mit dem Rücken zu ihr. Ein Blick über seine Schulter zeigte ihr, was seine Aufmerksamkeit so fesselte: Er spielte Flight Simulator. Übte einen Startanlauf auf einem Landestreifen in der Pampa.
Da sie ihn nicht merken lassen wollte, dass sie es gesehen hatte, ging sie, ohne ihren Schritt zu verlangsamen, zurück in die Kabine und schloss die Tür hinter sich.
Der Mann, der sich George Chow nannte, nahm Olivia mit nach Jincheng: einem Fischerort am westlichen Ende der Insel. In der Nähe des Fährterminals waren zwei Hotels hochgezogen worden, die eine Mischung aus Touristen und Geschäftsleuten beherbergten. In einem von ihnen hatte George Chow eine Suite bezogen. Anscheinend war er in Begleitung einer Thailänderin angereist, die eine gewisse Begabung als Friseurin und Visagistin besaß. Die Frau hatte eine Bobfrisur und trug eine auffällige Designerbrille und ein dramatisches Make-up. Sie hatte Zeitungen auf dem Boden ausgelegt, um ihre Scheren, Kämme und Bürsten darauf auszubreiten. Olivia duschte rasch, bevor sie exakt dieselbe Bobfrisur bekam wie die der Thailänderin, was sie unter normalen Umständen nie im Leben gewagt hätte. Die Brille entpuppte sich als Attrappe – reines Fensterglas. Am Ende trug Olivia sie. Auch dasselbe Make-up. Und ein paar Minuten später dieselben Kleider. Einer der festlandchinesischen Schlägertypen mit einem verschwommenen Foto von Meng Anlan in der Hand würde sie nicht ohne weiteres als dieselbe Person erkennen; und wer immer bemerkt hatte, dass George Chow morgens mit der Thailänderin am Arm aus dem Flugzeug von Taipeh gestiegen war, würde annehmen, dass er in Begleitung derselben Dame zurückflog.
Während das alles passierte, verschwand George Chow für ungefähr eine Stunde und sagte, als er zurückkam, verschiedene Dinge seien jetzt geregelt.
Wovon eins anscheinend ein Taxi war, das in der Gasse gleich neben der Be- und Entladezone des Hotels auf sie wartete, am Steuer ein Mann, der, so nahm Olivia an, gut dafür bezahlt worden war, nichts zu bemerken und über nichts zu sprechen.
Sie fuhren an die Stelle in der Mitte der Insel, die Sokolow vor kurzem als einen guten Treffpunkt bezeichnet hatte und deren Vorteile jetzt offensichtlich wurden. Sie hielten in der Nähe des Durchlasses, wo George Chow so tat, als fotografierte er Olivia vor der Kulisse des bewaldeten Kammes.
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