Error
Mann würde da nicht wenigstens ein bisschen zurückschrecken?
»Würde zwei Wochen interessanter machen«, räumte er ein. Dann wechselte er ins Russische. »Für dich ist das aber nicht die richtige Entscheidung.«
Ein Teil von ihr hätte gern gesagt: Warum nicht? , aber da sie ihn bereits verschreckt hatte, wollte sie jetzt nicht auch noch schmollen.
»Was ist denn die richtige Entscheidung?«
»Jones finden«, sagte er. »Rauskriegen, wo er ist. Mir sagen.«
»Aber wenn wir ihn finden«, sagte sie, »ist er tot, oder gefangen, irgend so was. Du brauchst ihn nicht zu töten.«
»Ich kann träumen«, sagte er.
»Du willst also, dass ich diese zwei Wochen damit verbringe, Jones zu suchen?«
»Ja.«
Sie schälte sich unter seinem Arm heraus und rutschte von dem Pfosten, um mit beiden Beinen in der Gischt zu landen. Sie ging ihr bis zu den Knöcheln, einzelne Wellen schwappten ihr auch schon über die Wade.
»Es tut mir leid, dass ich dieses Zeug im Gesicht habe«, sagte sie. »Da fühle ich mich ganz dumm.«
»Ist schön«, sagte er, schüchtern den Blick abwendend.
»Hör zu«, fuhr sie fort, »Jones’ Spur ist kalt. Es gibt nichts, was ich in den nächsten zwei Wochen tun könnte, um ihn zu finden.«
»Es sei denn, ich gebe dir Informationen.«
»Ja, was du, glaube ich, jetzt ohne weiteres tun kannst.« Sie blickte flüchtig über die Schulter hinaus in den Nebel, der sich über die Meerenge zwischen Kinmen und Xiamen gelegt hatte. Dort draußen konnten sie ein Boot hören, dessen Motor gemütlich dahintuckerte und nur gelegentlich höher drehte, wenn sein Fahrer, dem auflaufenden Wasser folgend, ein Stück auf sie zukam. »Dein Chauffeur ist da«, stellte sie fest. »Du hast, was du wolltest – eine sichere Ausreise aus China. Sag mir, was du weißt. Ich werde es nutzen, während du auf diesem Frachter bist. Wenn du nach L. A. kommst, ruf mich an.«
»Hecknummer von Jones’ Flugzeug lautet wie folgt«, sagte Sokolow und zitierte dann eine Reihe von Buchstaben und Ziffern. Olivia bat ihn mehrfach, sie zu wiederholen. »Er ist um null Uhr sieben Minuten dreizehn Sekunden von Xiamen gestartet und in Richtung Süden geflogen.«
»Was glaubst du, warum er nach Süden fliegen sollte?«
»Vielleicht nach Mindanao«, sagte Sokolow, »wo Dschihadisten Lager haben. Das bezweifle ich allerdings. Vermutlich ist es ein Ablenkungsmanöver. Er wird übers Meer fliegen, in Tiefflug gehen, vom Radar verschwinden, den Transponder ausschalten und dann irgendwas anderes machen.«
»Das wird es schwierig machen, ihn zu finden.«
»Nicht so schwierig. Du wirst sehen«, sagte Sokolow. Er setzte beide Hände auf den Pfosten, drückte sich ab, ließ sich ins Wasser fallen, das jetzt knietief war, und blickte Olivia in dem Versuch, das Boot an seinem Geräusch zu orten, über die Schulter. »Geheimdienste werden Radaraufnahmen haben. Jetzt, wo du weißt, wann er abgehoben hat und in welche Richtung er geflogen ist, kannst du ihm eine Zeitlang anhand dieser Aufnahmen folgen. Hinweise bekommen. Herausfinden, wohin er gegangen sein könnte. Es einkreisen. Und« – er drehte sich um und blickte ihr ins Gesicht – »mir dann sagen, wo dieser Scheißkerl abgeblieben ist.«
»Falls er in zwei Wochen noch am Leben ist«, sagte Olivia, »werde ich’s dir sagen.«
»Auf Wiedersehen«, sagte er. »Ich würde dir ja einen Kuss geben, aber ich will das professionelle Make-up nicht verderben.«
»Das ist schon verdorben«, bemerkte sie.
»Also gut.« Er legte die Arme um sie und gab ihr einen langen und ziemlich ausführlichen Kuss. Dann drehte er sie um und setzte sie vorsichtig wieder auf den Pfosten, aus der heranbrausenden Gischt heraus. Sofort kehrte er ihr den Rücken zu, zog sich die Kapuze seiner Regenjacke über den Kopf und begann auf das Geräusch des Bootes zuzuwaten, das irgendwo da draußen im Nebel herumschipperte. »Geh jetzt oder schwimm später«, warnte er sie, bevor er verschwand.
Diesem guten Rat zum Trotz blieb Olivia sitzen, denn sie wollte hören, wie der Motor hochgedreht wurde und ihn von hier wegbrachte.
Was sie stattdessen hörte, waren drei kurze Maschinenpistolensalven. Dann eine Reihe sporadischer Knallgeräusche. Gefolgt von dem Geräusch des Bootes, das mit Vollgas davonraste.
Nach zwei Stunden kam Marlon mit Tee und zwei Armeerationen auf die Brücke. Während sie diese verschlangen, zeigte Csongor Marlon die Karte der Pescadores und erklärte ihm den Kurs, den er eingeschlagen hatte, und
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