Erst ich ein Stück, dann du - Ein Drachenfreund für Linus (German Edition)
ein meterlanger Schwall feuerroter Flüssigkeit aus seiner Nase heraus und legte sich über die Ufersteine.
Gebannt starrte Linus Fumo an. Als er sicher war, dass nichts mehr nachspritzte, kam er hinter seinem Felsen hervor und betrachtete nachdenklich die rote Soße.
„Sieht aus wie Blut“, murmelte er und schaute besorgt zu Fumo hinüber.
„Dir tut doch nichts weh, oder?“
„Nee“, sagte Fumo. „Ist bloß’n bisschen heiß.“
Linus duckte sich, damit er die Soße
noch genauer betrachten konnte.
Ein würziger Duft schlug ihm entgegen.
Linus lief das Wasser im Mund zusammen.
Er streckte die Hand aus und versenkte
seinen Finger in der Soße.
Sie fühlte sich angenehm warm an.
Linus öffnete den Mund und schleckte sich die Soße vom Finger.
„Bist du verrückt geworden!“, rief Fumo. „Du kannst sie doch nicht essen! Vielleicht ist die Soße giftig.“
Giftig? Du lieber Himmel! Über so etwas hatte Linus ja überhaupt nicht nachgedacht!
Doch nun war es zu spät. Die Soße lief bereits seinen Rachen hinunter. Jeden Moment würde sie in seinem Magen ankommen, und wenn sie wirklich giftig war, dann … Aber das war ja gar nicht möglich! Die Soße konnte nicht giftig sein. Sie kam aus Fumos Eingeweiden. Und der vertrug sie schließlich auch. Lachend lief Linus auf den Drachen zu und klopfte ihm auf den Bauch.
„Kann ja sein, dass du die Soße eklig findest“, sagte er. „Ich finde, sie schmeckt toll. Mama wäre selig, wenn sie so etwas zum Kochen hätte.“
Heimweh
„D-das geht nicht“, stammelte Fumo.
„Ich kann nicht mit zu dir.“
Linus starrte den Drachen an.
Eigentlich hatte er es
auch gar nicht so gemeint.
Doch plötzlich hatte er eine Idee.
„Wenn du mitkommst“, sagte er,
„dann sind meine Eltern
vielleicht nicht sauer auf mich.“
„Nein, nein, nein.“
Fumo schüttelte entschieden den Kopf.
„Bestimmt kitzeln sie die ganze Soße aus mir heraus“, erwiderte er voller Panik. „Dann braten sie mich und essen die Soße dazu.“
„Das tun sie nicht“, sagte Linus. „Ganz bestimmt nicht.“
Wirklich sicher war er sich allerdings nicht. Schließlich hatten die Menschen in seinem Dorf schreckliche Angst vor Drachen. Selbst wenn seine Eltern Vertrauen zu Fumo fassten, bedeutete das noch lange nicht, dass auch die anderen seinem neuen Freund nichts antun würden.
„Du hast recht“, lenkte Linus ein. „Es ist zu gefährlich für dich.“ Er ließ sich auf einen Felsstein sinken und starrte unglücklich ins Gras. „Aber was willst du denn tun? Macht es dir etwa gar nichts aus, Fauchur und den anderen unter die Augen zu treten?“, fragte er leise.
„Und wie mir das was ausmacht!“, erwiderte Fumo. „Ich höre jetzt schon, wie sie sich krumm und rauchig lachen und im nächsten Frühjahr vor dem nächsten Gipfelabschmelzen werden sie mich bestimmt überhaupt nicht mehr in Ruhe lassen.“
Ein zorniger Glanz trat in seine dunklen Augen. Er reckte den Kopf und blickte sich um. „Vielleicht bleibe ich auch einfach hier unten am See. Die anderen Drachen da oben in den Bergen sind bestimmt froh, dass sie mich los sind.“
Es klang ziemlich traurig.
Doch Linus hörte nicht hin.
Er war sofort Feuer und Flamme
für diesen Einfall.
Mit einem Satz sprang er auf.
„Das ist eine super Idee!“,
jubelte er.
„Ich bleibe auch hier.
Dann ist keiner von uns beiden allein.“
Er tanzte um Fumo herum
und boxte ihn übermütig in den Bauch.
„Jetzt bauen wir uns erst mal eine Hütte.“
„Und wenn deine Eltern dich suchen?“,
fragte Fumo.
Linus zuckte die Achseln.
„Sie dürfen uns eben nicht finden.“
Sie rannten um den See herum auf die Berge zu. Dort fanden sie eine tiefe Spalte.
„Bist du etwa da durchgefallen?“, fragte Linus.
Fumo schaute durch die Spalte hindurch nach oben bis in den blauen Himmel.
„Glaub schon“, murmelte er. Seine Stimme klang furchtbar traurig. Er ließ den Kopf hängen und scharrte mit seinen riesigen Hinterpranken im Kies. „Keine Ahnung, wie ich da jemals wieder raufkommen soll.“
„Hast du etwa Heimweh?“, fragte Linus erstaunt. „Nach Fauchur und all den anderen, die dich ausgelacht haben?“ Fumo hob die Schultern.
„Glaub schon“, murmelte er.
Linus schob die Unterlippe vor und überlegte. Natürlich wollte er den neu gewonnenen Freund nicht schon wieder verlieren. Aber noch weniger wollte er, dass Fumo traurig war.
„Können Drachen nicht fliegen?“, fragte er. „Eigentlich?“
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