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Erst ich ein Stück, dann du - Hexengeschichten

Titel: Erst ich ein Stück, dann du - Hexengeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Schröder
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und die anderen Hexenkinder in der Klasse würden sich wie immer köstlich über Mirindas Missgeschick amüsieren. Aber das war ihr egal.
    Mirinda hatte ihren eigenen Kopf und in dem gingen ganz andere Dinge vor, als eigentlich von ihr verlangt wurden. Doch morgen galten besondere Regeln. Da musste sie sich zusammenreißen und alles geben, denn morgen fand die halbjährliche

    Hexenprüfung statt. Mirinda war schon zweimal an den Aufgaben gescheitert, ein drittes Mal konnte sie sich das nicht erlauben. Denn alle Prüflinge, die dreimal durchgefallen waren, wurden weit fort geschickt in eine Zauberschule für widerborstige Hexensprösslinge. Diese Schule wurde vom grantigen Zaubermeister Hallufix geleitet, und es hieß, dass er und seine Lehrerkollegen nicht gerade zimperlich mit ihren Schülern umgingen.
    Wenn diese einen Zauberspruch nicht richtig aussprachen und einen Frosch anstatt in einen Käfer in einen Regenwurm verwandelten, wurde derselbe falsche Spruch auch an ihnen angewendet. Außerdem zwang man sie, schlecht gebraute Verwunschtrünke, die eigentlich schön machen sollten, selbst auszutrinken, auch wenn die Schüler dann tagelang mit Hasenohren, Glubschaugen oder Hängebacken herumlaufen mussten.
    Kein einziges Hexenkind weit und breit wollte auf diese Zauberschule geschickt werden und deshalb gab es mittlerweile immer mehr Schüler, die die Prüfung gleich beim ersten Mal schafften.

    „Mirinda?“,
    fragte eine Stimme hinter der Tür.
    „Bist du noch wach?“
    Mirinda zuckte zusammen.
    Das war Mamas Stimme.
    Hastig schob sie das Hexenlehrbuch
    unters Bett.
     
    „Ja, ich … äh … ich lerne noch ein bisschen“, rief Mirinda.
    „Das ist sehr ehrenwert“, erwiderte Doraxa, ihre Mutter.
    „Hast du etwas dagegen, wenn ich kurz reinkomme?“
    „Ähm …“Schwungvoll drehte Mirinda die Bettdecke
auf die andere Seite, damit ihrer Mutter das Loch nicht gleich ins Auge fiel. „Ja, klar!“, rief sie dann, setzte sich kerzengerade auf und legte die Hände in ihrem Schoß zusammen.
    Die Tür öffnete sich und Doraxa trat ins Zimmer. Sie war nicht viel größer als ihre Tochter und auch nicht viel breiter und sie trug eine riesige Brille auf ihrer winzigen Hakennase.
     
    „Kommst du gut voran?“, fragte sie.
    „Ja, total gut“, schwindelte Mirinda.
    Doraxa strahlte über beide Wangen.
    „Das ist schön“, sagte sie
    und setzte sich neben ihre Tochter
    auf die Bettkante.
     
    Sie legte ihren Arm um Mirindas Schultern und drückte sie an sich. „Weißt du“, begann sie, „ mir würde es gar nichts ausmachen, wenn du die Prüfung wieder nicht bestehst. Du bist mutig und hast Fantasie.“Sie seufzte leise. „Bedauerlicherweise wissen die meisten Lehrer das nicht zu schätzen. Sie wollen, dass man Sprüche und Rezepte paukt und dass man niemals Fehler macht. Dabei sind es oftmals gerade die Fehler,
die das Leben würzen. Aber wem sage ich das!“, meinte sie und seufzte ein zweites Mal. „Als ich noch zur Schule ging, war das alles kein Drama. Ich brauchte achtundsechzig Anläufe, um die Halbjahresprüfung zu bestehen. Bis dahin hatte ich so viel herumexperimentiert, dass das Hexenbuch um ganze 1467 Seiten verlängert werden musste.“
    Mirinda sah ihre Mutter stirnrunzelnd an. „Was meinst du damit?“, fragte sie verwundert. Doch im nächsten Augenblick ging ihr ein Licht auf.
     
    „Du hast neue Rezepte erfunden!“, rief sie.
    Doraxa nickte.
    „Und neue Zaubersprüche“, sagte sie.
    „Oah, Mama!“Mirinda ballte die Fäuste.
     
    „Wegen dir muss ich jetzt also noch mehr lernen!“, meckerte sie.
    Ihre Mutter zuckte mit den Schultern. „Nicht nur wegen mir“, erwiderte sie. „Es gab schon immer eine Menge Schüler, die sich mit dem Auswendiglernen schwertaten und stattdessen lieber neue Tränke, Flüche und Sprüche erfanden. Im Laufe der Jahre musste das Lehrbuch um 5321 Seiten erweitert werden. Es tut
mir wirklich sehr leid, dass ihr jetzt darunter zu leiden habt“, fügte sie ein wenig zerknirscht hinzu.
    „Es wäre ja alles schnurzepiepegal, wenn man die Dreimal-Durchfaller nicht in die Zauberschule verbannen würde“, sagte Mirinda.
    „Ja, aber dann hätte das Hexenlehrbuch inzwischen bestimmt schon weit über 20 000 Seiten“, entgegnete Doraxa. „Und das wollten eure Lehrerinnen natürlich vermeiden.“
     
    Na, da hörte sich ja wohl alles auf!
    Miranda war so entrüstet
    wie noch nie in ihrem Leben.
     
    „Die schicken uns also gar nicht auf die Zauberschule, damit wir

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