Erst ich ein Stück, dann du - Sarah und die Wun
mahnend hinzu, „sondern in deinem Zimmer.“
Ja, ja, ja!, dachte Sarah wütend.
Mit lauten Polterschritten
stapfte sie in den Flur.
Plötzlich fiel ihr Linni wieder ein.
Vielleicht konnte die ihr helfen.
Na klar! Linni war doch eine Wunschfee!
Sofort sauste Sarah in ihr Zimmer.
Doch Linni saß nicht mehr
auf der Möwenlampe.
Sarah durchsuchte das ganze Zimmer. Sie guckte in den Kleiderschrank, in die Schreibtischschubladen und in den Papierkorb. Anschließend sah sie unter dem Bett, hinter dem Vorhang und in der Verkleidungskiste nach. Aber von Linni fehlte jede Spur. Erst als Sarah ihr Bettzeug durchwühlte, fand sie das Kleid der Fee. Es war noch immer ein wenig feucht.
Mutlos ließ Sarah sich auf die Bettkante sinken. Sie war den Tränen nahe. Gestern hatte Linni nur genervt. Und heute, da sie dringend gebraucht wurde, war sie verschwunden.
„Okay, dann male ich eben das Bild fertig“, brummte Sarah.
Aber zuerst zog sie sich an.
Sonst wurde Papa vielleicht noch sauer.
Dann setzte sie sich an ihren Schreibtisch.
Sarah schlug die Kladde auf
und schüttete alle Buntstifte aus.
Sie tüpfelte noch mehr Schleierkraut
in die Blumenwiese.
Dann war das Bild fertig.
Sarah legte es zur Seite und begann mit dem nächsten. Sie malte einen Zoo, ein großes Schwimmbad mit einer riesigen Rutsche, einen Zirkus, einen Reitstall, eine Prinzessin, die auf einem Krokodil tanzte, und zuletzt ein Bild voller Eltern, die vor dem Fernseher auf einen Haufen gestapelt waren und schliefen. Sarah wollte gerade mit dem achten Bild beginnen, da knurrte plötzlich ihr Magen. Komisch, dachte sie, Papa hat mich ja noch gar nicht zum Frühstück gerufen.
Sie sprang vom Stuhl auf und flitzte in die Küche, doch dort fand sie ihren Vater nicht. Der Tisch war zwar gedeckt und der Kaffee war ebenfalls durchgelaufen, aber von Herrn Winkler fehlte jede Spur. Das Rührei lag noch immer in der Pfanne auf dem Herd und fühlte sich eiskalt an. Es roch auch nicht mehr besonders gut.
„Total stinkig“, murmelte Sarah und verzog angewidert das Gesicht.
„Meinst du etwa mich?“, fragte eine Stimme.
Sarah wirbelte herum.
Mitten in der Küchentür stand Linni
und zwinkerte wie blöd mit den Augen.
„He, du treulose Zahnbürste!“, rief sie.
„Was machst du denn da?“
Sie trug eine von Sarahs Jeans und ihre blaue Lieblingsbluse mit den rosa Blumen darauf – beides verkehrt herum. Außerdem hatte sie einen grünen und einen blauen Strumpf und einen getupften Handschuh angezogen. Rechts und links ihres Kopfes, dort, wo sich ihre Ohren befanden, ragten Buntstifte aus ihren roten Locken hervor.
„Das heißt Tomate“, sagte Sarah kichernd.
„Wieso?“, fragte Linni erstaunt.
„Mit einer Zahnbürste putzt man sich die Zähne“,
erklärte Sarah ihr. „Das weißt du doch.“
„Ja, ja“, erwiderte Linni ungeduldig. „Und eine Tomate kann man essen.“
„Außerdem bist du eine treulose Himbeere“, sagte Sarah. „Schließlich bist du verschwunden gewesen und nicht ich.“
„Ich habe bloß meine Tasche gesucht“, meinte Linni schulterzuckend. „So, wie du es dir gewünscht hast.“
„Und?“, wollte Sarah wissen.
„Hast du sie gefunden?“
Linni schüttelte den Kopf. „Nee.“
„Das ist aber blöd“, sagte Sarah.
„Was machen wir denn jetzt?“
Wieder zwinkerte Linni nur mit den Augen.
„Wieso machst du das?“, fragte Sarah.
„Was denn?“, fragte Linni
und zwinkerte munter weiter.
„Na das“, sagte Sarah
und zwinkerte ebenfalls.
Die beiden Mädchen zwinkerten so lange, bis ihnen die Augen wehtaten und Sarah einen Kicheranfall bekam.
„Du bist vielleicht blöd“, gickerte sie. „Kein Wunder“, brummte Linni.
„Ich finde meine Tasche nicht. Trotzdem muss ich langsam mal mit dem Wunsch erfüllen anfangen, sonst verpasse ich noch meine Wolke.“
„Na und“, meinte Sarah. „Dann bleibst du eben hier bei mir. Wir könnten zwinkern und zusammen spielen oder lustige Sachen machen.“
Linni schüttelte den Kopf. „Das geht nicht“, erwiderte sie. „Ich bin eine Wunschfee. Ich darf nicht mit Menschenmädchen spielen. Und gezwinkert habe ich nur, weil ich dachte, dass du das vielleicht witzig findest. Du hast so ein trauriges Gesicht gemacht.“
„Ich bin traurig“, betonte Sarah.
„Und hungrig.
Außerdem sind meine Eltern
verschwunden.“
„Unsinn“, sagte Linni. „Die ratzen nur.“
„Und wo?“,
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