Erst ich ein Stück/Minnie, Detektivin
Saure Gurkenzeit für dicke Kater
Ich liege im Garten unter dem Fliederbusch und atme den köstlichen Duft von blühenden Blumen und einer säuberlich zerlegten Beutemaus ein. Mit gespreizten Zehen und lang ausgestreckten Beinen präsentiere ich meinen Bauch der warmen Frühlingssonne und lasse mich von Clara unter dem Kinn kraulen.
Doch dann, ganz plötzlich, verstärkt sich der Druck ihrer Finger auf meiner Kehle, und es fühlt sich gar nicht mehr nach Clara an.
Erschrocken reiße ich die Augen auf und schaue geradewegs in das runde rote Gesicht des Nachbarkaters.
„Hallo Süße“, kraunzt er.
„Wie wär’s denn mit uns beiden?“
Waaas? Der tickt ja wohl nicht richtig!
Hastig winde ich mich
unter seiner Pfote hervor.
„Hau ab!“, fauche ich.
„Lass mich bloß in Ruhe!“
Doch wie ich diesen übergewichtigen Fleischklops namens Gonzo kenne, wird er nun genau an dieser Stelle Wurzeln schlagen und mir den Rest des Tages auf die Nerven gehen.
Hilfe suchend linse ich zum Wohnhaus hinüber, aber weder von Clara noch von ihrer Mutter Regine ist eine Spur zu entdecken. — Typisch! Wenn man die beiden am nötigsten braucht, sind sie nicht da!
Ich werde mir also wohl oder übel selbst etwas einfallen lassen müssen.
Obwohl es mich große Überwindung kostet, mache ich einen Schritt auf Gonzo zu und recke ihm anmutig meine Nase entgegen.
„Du willst also ein bisschen kuscheln, was?“, schnurre ich.
„Oh, das wäre himmlisch“,
schnurrt Gonzo zurück.
Verzückt schließt er die Augen.
Und das ist sein Fehler!
Blitzschnell hole ich aus
und verpasse ihm einen kräftigen Hieb.
„Aooouh!“, jault Gonzo.
Mit großen Sprüngen prescht er davon.
„Ein bisschen Sport ist gut für deine Figur!“, rufe ich ihm nach.
Zufrieden putze ich mir das Schnäuzchen. Wie gut, dass ich mich auf meine Krallen verlassen kann. Die Lust auf Dösen in der Sonne oder einen Festschmaus aus Mäuseinnereien ist mir jedoch gründlich vergangen. Trotz meines triumphalen Sieges steuert meine Laune dem Nullpunkt entgegen. Jetzt helfen nur noch Streicheleinheiten, und so trotte ich hoffnungsvoll auf das Wohnhaus zu. Dort husche ich durch die kleine Klapptür, die direkt in die Vorratskammer führt, in der Regine aber leider nur fest verschlossene Delikatessen aufbewahrt.
Ich betrachte die Bilder von Sardinen und Thunfisch auf einigen Dosen, und prompt läuft mir das Wasser
im Mund zusammen. Vielleicht hätte ich besser doch die Maus verzehren sollen. Um diese Fischkonserven zu öffnen, sind selbst meine Krallen nicht lang und spitz genug.
Hastig wende ich mich ab und fixiere ein Gurkenglas. Allein beim Anblick der dunkelgrünen Tarnwürste, die sich in Essig, Zwiebeln und Senfkörnern tummeln, schnürt sich mir der Hals zu. Wie Clara und ihre Mutter diese sauren Dinger überhaupt runterkriegen, ohne an einem Würgereiz zu ersticken, ist mir ein Rätsel. Manchmal futtern sie sogar an einem einzigen Abend ein ganzes Glas leer. Allmählich glaube ich, dass jemand sie erpresst und ihnen womöglich gedroht hat, sämtliche Thunfischdosen zu stehlen, wenn sie diese Gurkendinger nicht innerhalb einer bestimmten Zeit aufgegessen haben.
Doch wer würde so etwas Gemeines tun?
Mir fällt keiner ein.
Außer Gonzo natürlich.
Aber der passt nie und nimmer
durch die kleine Klapptür.
Der würde mitten darin stecken bleiben
und müsste ewig lange hungern,
bis er sich wieder befreien könnte.
Hmm — Das ist keine üble Vorstellung!
Andererseits: Wer will schon, dass einem ein hässlicher fetter Kater tagelang die Haustür verstopft?
Dabei kann Gonzo eigentlich gar nichts dafür, dass er so aussieht. Seine Speisenzubereiterin ist nämlich genauso dick wie er. Ständig mampft sie Käsekuchen, Pommes frites, Sahnepralinen oder Frühstücksspeck in sich hinein. Und Gonzo bekommt natürlich immer bergeweise davon ab. Nicht, dass ich neidisch wäre! So aussehen wie er möchte ich auf gar keinen Fall!
Im Gegenteil: Ich bin sogar ziemlich stolz auf meine außerordentlich grazile Größe.
„Minnie?“,
höre ich Claras helle Stimme rufen.
„Minnie, wo steckst du?“
„Hier!“, maunze ich.
Ich schiebe meinen Kopf
durch die Tür und linse in die Küche.
Clara hockt auf dem Boden.
Zuerst schaut sie unter die Eckbank.
Dann versucht sie, ihren Kopf unter den Küchenschrank zu drücken. Das macht sie immer wieder, obwohl sie mittlerweile eigentlich kapiert haben müsste, dass er nicht darunter passt. Doch in gewisser Weise scheinen Menschen
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