Erst zur Party dann ins Bett
das Einzige, was die Leere zu füllen vermocht hatte, war der Alkohol gewesen.
„Warst du betrunken in der Zeit, seit wir zusammen sind?” fragte sie. Sie saß noch immer ziemlich nahe hinter ihm, beugte sich jetzt aber nicht mehr zu ihm vor.
Und wie hätte er ihr das verübeln können! Wenn sie gestanden hätte, ein Tier zu sein, das Beute witterte, hätte er es sich wahrscheinlich auch nicht zwei Mal überlegt, sich von ihr fern zu halten. Und im Grunde war das alles, was er war. Er hatte seine Sucht vor der Welt verborgen, aber das bedeutete nicht, dass er nicht täglich damit kämpfte, und Corrine war eine sehr intelligente Frau. Sie wusste selbst am besten, dass es Dinge gab, von denen man sich nie befreien konnte.
„Nein. Seit einem halben Jahr nach Rogers Tod habe ich keinen Alkohol mehr angerührt.”
„Roger?” fragte sie. Dann setzte sie sich mit untergeschlagenen Beinen hin und beobachtete ihn im Halbdunkel des Zimmers. Sein Hemd lag um ihre Schultern und gab Ihr die Wärme, die er ihr gern gegeben hätte. Dieses Geständnis wäre so viel einfacher mit ihrer Unterstützung. Und dem Wissen, dass er nicht allein war. Aber er wollte es sich nicht leichter machen.
„Roger war Angelicas erster Mann. Er war mein bester Freund. Er starb bei einem Wasserski-Unfall während ihrer Flitterwochen.” Er vermisste Roger immer noch. Sie hatten viel Zeit zusammen verbracht, nachdem Roger sich in Angelica verliebt hatte. Und Roger war der einzige Mensch gewesen, der gemerkt hatte, dass Kent trank. Aber Roger hatte nie etwas gesagt, sondern einfach nur begonnen, Kent für Sport zu interessieren und ihn herauszufordern, nüchtern zu bleiben.
„Im College überredete er mich, mit dem Trinken aufzuhören”, sagte Kent nach einer Weile.
„Und nach seinem Tod hast du wieder damit begonnen?” fragte Corrine.
Er konnte es ihr nicht richtig erklären, aber da war wieder dieses Gefühl gewesen, „Warum ich?” Warum lebte er noch, obwohl er nichts mit seinem Leben angefangen hatte? Warum hatte er überlebt, obwohl er keine Frau hatte? „Ja.”
Sie rutschte näher, kniete sich neben ihn und berührte mit den Fingerspitzen seine Schulter.
Er wollte sie an sich ziehen und sich an ihre Wärme klammern, weil ihm so schrecklich kalt war.
„Weiß Angelica davon?”
„Nein.” Er erinnerte sich, wie er sie nach der Beerdigung sechs Monate nicht gesehen hatte und wie sie eines Tages dann vor seiner Tür gestanden hatte. Des Zusammenlebens mit Menschen, die glaubten, sie verhätscheln zu müssen, müde, hatte sie ihm vorgeschlagen, ihre guten Beziehungen und ihr Wissen zu vereinen. Und Kent hatte einen Weg gefunden, seinem Freund Jahre der Unterstützung und der Freundschaft zu vergelten, indem er seiner Witwe half, sich auf eigene Füße zu stellen.
Corrine blieb so lange still, dass Kent Angst bekam, sie anzusehen - aber sie hatte nicht aufgehört, ihn zu berühren.
„Ich bewundere deine Kraft”, sagte sie schließlich.
Er schnaubte. „Ich habe keine Kraft in mir. Jeden Tag muss ich mit dem Bedürfnis kämpfen, die Flasche aufzumachen.”
Sie streichelte seine Schulter mit einer unendlich zärtlichen Berührung. Er fühlte sich entblößt. War ihr überhaupt bewusst, wie sehr er sie brauchte?
„Wir alle haben Dinge, mit denen wir zu kämpfen haben”, erwiderte sie ruhig.
Er kannte ihren Kampf. Er äußerte sich in ihrem Wohnzimmer voller Filme über Familien.
In ihrer gemütlichen Küche und der Tatsache, dass ihr Haus in einem Wohnviertel für Familien lag. „Ja, aber wenn du unterliegst, schadest du wenigstens niemandem.”
Sie glitt tiefer auf dem Bett, legte sich neben ihm auf die Seite und schlang ihre Arme um ihn. Er erschauderte bei ihrer Berührung und gab dem Bedürfnis nach, sie an sich zu ziehen.
„Das kann ich mir bei dir nicht vorstellen”, sagte sie.
„Ich kann es manchmal.” Eine seiner Hände schlüpfte unter ihre Bluse und zeichnete die Linie ihrer Wirbelsäule nach.
„Kent, du hast etwas erlebt, das die meisten Menschen in die Knie gezwungen hätte. Die Tatsache, dass du es überlebt hast, ist bemerkenswert.”
Corrine hätte früher nie gedacht, dass ein so starker, disziplinierter Mann wie Kent etwas so Unkontrollierbares in seinem Wesen haben könnte. Erst als sie ihn allmählich kennen lernte, hatte sie es gespürt.
Das Herz tat ihr weh beim Gedanken an den sechzehnjährigen Kent, der aus einem sechswöchigem Koma erwacht war, nur um zu erfahren, dass sein
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