Erwachen
ging zu ihr. Zu dem Zeitpunkt arbeitete sie nicht im Pub. Ich ging zu ihr und erzählte ihr, was ich gesehen hatte. Sie war total schockiert, völlig verängstigt, und sie lief davon. Blieb monatelang weg. Ich behielt sie im Auge, wollte ihr Raum geben, damit sie sich darüber klar werden konnte, was zu tun war. Schließlich war die Vision so deutlich gewesen. Ich brauchte Alice. Das wusste ich einfach.«
»Aber du hast sie nicht bekommen.«
»Doch, das habe ich. Eines Tages kam sie zurück, völlig fertig. Sagte, sie hätte eine Vision gehabt. Vertraute mir an, als Kind hätte sie häufig Visionen gehabt, aber dann hätten sie aufgehört. Und diese war eindeutig. Genau wie ich hatte sie uns gemeinsam die Pforte schließen sehen.« Er holte tief Luft. »Deshalb hat sie wieder im Pub angefangen. Es zog sie dorthin zurück, weil ich ihr von meiner Vision erzählt hatte.«
»Sie hatte es doch auch gesehen«, erwiderte ich. »Es ist nicht deine Schuld.«
»Vielleicht nicht«, sagte er, aber es klang traurig. »Wie auch immer, jedenfalls hatte ich jetzt meine Verbündete. Aber zwischen uns bestand keine Verbindung. Sie war ein Mädchen, mit dem ich zusammenarbeitete, und das war gut so. Aber es fühlte sich seltsam an. Und das umso mehr, als ich kapierte, dass sie sich in mich verliebt hatte.«
»Kaum zu glauben«, sagte ich lächelnd.
»Eines Abends nach der Arbeit kam sie zu mir. Flirtete mit mir. Berührte mich.« Angespannt ballte er die Fäuste und versuchte, die Kontrolle nicht zu verlieren.
»Und dann hat sie es gesehen«, sagte ich.
»Es hat ihr eine Heidenangst eingejagt. Sie ist davongerannt. Hat gesagt, sie wisse nicht, worauf sie vertrauen könne. Mit unserer Suche nach einer Möglichkeit, die Pforte zu verschließen, waren wir noch nicht weit gekommen, und jetzt wollte sie nicht mehr mitmachen. Ich war auf mich allein gestellt, und das hat mich nicht gerade begeistert.«
»Und dann?«
»Dann kam sie zu mir zurück. Sagte mir, sie habe Angst. Sie müsse mit mir reden, unter vier Augen. Ich sollte mich nach der Arbeit mit ihr treffen.«
»Das war Samstag«, sagte ich, weil ich wusste, wohin dies führen würde.
»Sie kam nicht. Und dann warst du im Pub. Ich wusste sofort, dass du nicht sie warst.«
»Woher?«
»Das habe ich dir doch schon gesagt. Ich habe dich begehrt.« Sein heißer Blick machte mir klar, dass das noch immer so war. »Ich habe dich begehrt, sobald ich dich gesehen habe, und das ist mir mit Alice nie passiert.«
Ich schluckte und drängte die Erinnerung an seinen Körper beiseite und an die Umarmung, bei der ich mich lebendig und ganz gefühlt hatte. Mich wie ich gefühlt hatte. »Warum hast du mir nichts davon erzählt? Von uns beiden? Von den Pforten?«
»Weil ich immer noch glaubte, die Frau in meiner Vision sei Alice. Und ich wusste, dass du nicht Alice warst. Ich nahm an, du hättest sie umgebracht und ihren Platz eingenommen, weil du irgendwas Böses vorhattest. Was, wusste ich nicht, aber ich wollte es rausfinden. Also habe ich abgewartet und dich beobachtet.«
»Und bist mir nahegekommen.«
»Ja«, sagte er. Er schien es nicht zu bereuen.
Ich war mir sicher, dass ich genau dasselbe getan hätte. Hatte es ja sogar getan, als ich zugelassen hatte, dass ich ihm nahekam. »Und Maecruth? Du hast mich vor seinem Haus vergiftet, du erinnerst dich noch?«
»Ich wusste nicht, dass du es warst. Vor allem, weil du von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet warst, aber auch, weil ich die Verbindung zwischen Alice - der neuen Alice - und besagtem Kämpfer nicht hergestellt hatte. Und vor allem habe ich keine Verbindung zwischen der neuen Alice und der Frau aus meiner Vision hergestellt. Ich habe dich einfach nur für eine Körperdiebin gehalten. Für jemanden, der ziemlich dilettantisch mit Magie rumspielt.«
»Was waren das für Gerüchte über einen Kämpfer?«
»In der Unterwelt hieß es, ein Priester würde versuchen, die
Pforte zu schließen, und die dunklen Mächte hätten einen Kämpfer losgeschickt, um das zu verhindern.«
»Und du wolltest dem Priester helfen.«
»Ja, das wollte ich. Aber ich war nicht willkommen.«
Ich runzelte die Stirn. »Du hast mit ihm gesprochen?«
»Ich habe Kontakt mit einem Engel aufgenommen.«
Ich schnappte nach Luft. »Es gibt sie also wirklich?«
»Nicht so, wie du das in der Nacht erlebt hast, als Lily starb.« Ich hatte ihm erzählt, was ich gesehen und gehört hatte. Ein weißes Licht. Flügelschlagen. Und das Gefühl, etwas
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