Erwacht
der Patsche. Im Moment kann ich mich nicht einmal für den Gedanken erwärmen, dass es möglicherweise einen Gott gibt.«
»Es geht um Vertrauen, Violet, das muss nicht mit Gott zu tun haben. Du brauchst einfach nur Vertrauen.«
Ich presste die Zähne zusammen und machte weiter. Es klang noch immer wie eine verdammte Gott-Angelegenheit für mich. »Prima, wo werde ich springen?«
»Es gibt ein Ritual, in dem du dich bereit erklären musst. Du musst in die Wildnis gehen und eine Nacht dortbleiben. Dort gibt es einen Berg, den du besteigen musst, an dessen Spitze sich ein Felsen befindet. Im ersten Augenblick der Morgendämmerung springst du. Ab da trittst du deine eigene Reise an. Nur eines ist für uns alle gleich. Du wirst sowohl zum Licht als auch zur Finsternis gehen. Da gibt es keine Ausnahmen.«
Ich holte tief Luft. Ich sollte von einem Felsen springen.
»Kann man dabei sterben?« Ich war mir nicht sicher, ob ich wirklich eine Antwort darauf wollte, war mir nicht sicher, ob es irgendetwas ändern würde.
»Nicht dass ich wüsste, aber einige kamen zurück und waren in Mitleidenschaft gezogen … geistig.«
Großartig.
Irrsinn, ich komme.
Ich schaute aus dem Fenster. Es war beinahe dunkel. »Kann ich heute Abend gehen?«
»Vielleicht …«, sagte Griffin, aber er sah aus, als wäre er sich da nicht so sicher.
»Vielleicht?«, hakte ich nach.
» Vielleicht, wenn Phoenix dich dorthin bringen kann, aber wir kennen ihn immer noch nicht, Violet. Irgendetwas ist da geschehen zwischen Onyx und ihm, was wir noch nicht verstehen, und kein anderer Verbannter, den ich je gesehen habe, kann sich so schnell bewegen wie er und … na ja, du solltest wissen, dass er für mich nicht zu entschlüsseln ist. Ich kann seine Wahrheit nicht lesen. Das ist noch nie passiert.«
»Aber in der Lagerhalle hast du ihn gelesen.«
»Ich weiß. Ich glaube, er kann es kontrollieren – als würde er eine Tür öffnen, wenn er das will. Aber er kann sie auch geschlossen halten. Dasselbe scheint er tun zu können, wenn wir versuchen, ihn zu spüren. Es ist, als würde er es manchmal erlauben, manchmal aber auch nicht. Ich habe einfach ein schlechtes Gefühl.«
Ich holte tief Luft und stieß sie durch zusammengepresste Lippen wieder aus.
»Steck dir deine Instinkte sonstwohin, Griffin. Sie haben sich heute nicht gerade bezahlt gemacht.« An jedem anderen Tag wäre ich diplomatischer gewesen, aber wie ich gerade herausfand, konnte das Leben verdammt schwierig sein.
Er legte beide Hände auf die Küchenbank und ließ den Kopf hängen. »Du würdest jetzt losgehen müssen«, räumte er ein.
»Ich bringe sie hin.« Phoenix’ Stimme erklang ruhig aus der Küchenecke. Ich fragte mich, wie lang er schon zugehört hatte.
Griffin nahm meine Hände. »Lincoln ist wie ein Bruder für mich, aber du musst das nicht tun. Du musst es aus den richtigen Gründen wollen.«
»Ja, klar.« Fast lachte ich. »Gründe sind Gründe. In dem Moment, als er verletzt wurde, hatte ich keine Wahl mehr.«
»Eine schreckliche Freiheit.« Er lächelte traurig und drückte meine Hände.
»Ja.« Ich brachte das Wort kaum heraus. Besser hätte er es nicht sagen können.
»Er hat Glück, dass er dich hat.«
Ich schaute zu Phoenix hinüber, der wieder seinen allgegenwärtigen Gleichmut erlangt hatte. Was auch immer die anderen vielleicht sagen mochten – er war für mich da gewesen, seit all das begonnen hatte. Er hatte mich nie unter Druck gesetzt oder mich dazu gezwungen, etwas zu tun, jemand Bestimmtes zu sein. Ich zog meine Hände aus Griffins Griff.
»Er hat mich nicht.«
Ich wusste, dass Phoenix die Entschlossenheit aus meinen Gefühlen herauslesen würde. Vielleicht hatte ich meine Wahlmöglichkeit verloren. Vielleicht würde ich nicht in der Lage sein, ihm beizustehen, und würde Lincoln sterben lassen. Vielleicht war ich für immer in diese verdrehte Realität von Engeln und Grigori, Gut und Böse verstrickt – aber alles andere lag bei mir. Ich kam mir lächerlich vor, je geglaubt zu haben, Lincoln und ich könnten zusammen sein.
Dem stand immer etwas im Weg. Durch das, was ich jetzt vorhatte, würde sichergestellt, dass es immer so sein würde. Grigori-Partner können niemals zusammen sein.
Magda kam heraus und warf einen Haufen blutiger Handtücher in die Wäsche. Dann kam sie in die Küche, wo sie fortfuhr, Schranktüren zu öffnen und zu schließen, auf der Suche nach etwas … oder nichts.
Schließlich wirbelte sie herum und starrte mich
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