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Erwacht

Erwacht

Titel: Erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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vorwurfsvoll an.
    »Das ist alles deine Schuld! Er hat sich solche Sorgen um dich gemacht, dass er nicht mehr richtig funktionieren konnte. Er isst nichts.« Sie rümpfte die Nase über den schmutzigen Tellern. »Na ja… zumindest nicht seine normalen Portionen. Er hat seit Tagen nicht geschlafen. Er gibt sich selbst für alles die Schuld. Deshalb konnte ihn Onyx auch so leicht überwältigen. Selbst jetzt…« Sie schob einen Teller in der Spüle beiseite, sodass ein Glas unter den Wasserhahn passte. Damit löste sie einen Domino-Effekt aus und der ganze Stapel Teller verrutschte und knackte. Ich hörte, wie etwas zerbrach. Dennoch ließ sie hartnäckig weiterhin Wasser in das Glas schießen und knallte es dann auf die Theke, nachdem sie kaum daran genippt hatte. »Er fragt nach seinem Regenbogen «, spottete sie.
    »Was soll eigentlich dieser ganze Regenbogen-Mist?«, fragte ich, wobei ich mich an Griffin wandte und Magda ignorierte. Entweder so oder ein Gruß mit dem erhobenen Mittelfinger.
    Griffin blickte von der Karte auf, die er Phoenix gerade gezeigt hatte. »Ich glaube, es hat etwas mit deiner Macht zu tun. Wir alle haben individuelle Stärken – deine scheinen in deiner Aura einen Regenbogen zu reflektieren. Lincoln kann die Schatten sehen, die an Leuten haften, wenn sie von einem Verbannten verändert wurden. Es kann sein, dass er in seinem geschwächten Zustand auch deine Aura deutlicher sehen kann.«
    »Großartig. Er hat also Superkräfte und Macht, was die Sehkraft anbelangt, du bist eine Art menschlicher Lügendetektor und ich bekomme meinen eigenen Umzugswagen beim Karneval.« Ich stemmte die Hände in die Hüften und holte ein weiteres Mal tief Luft, um meine Mitte wieder zu finden. Ich blickte Phoenix an, der das Zimmer mit mildem Interesse beobachtete.
    »Gehen wir. Ich muss unterwegs noch einen kurzen Zwischenstopp einlegen«, sagte ich. Dann wandte ich mich an Magda, die mich anscheinend noch immer nicht anschauen wollte. »Sag ihm … dass er nicht sterben soll.«
    Sie starrte mich ungläubig an. »Du wirst deine Zusage machen?« Ich bedachte sie mit meinem besten Jetztkomm-mir-bloß-nicht-blöd-Blick. »Halt ihn einfach am Leben, bis ich wieder zurückkomme.«
    »Gehst du nicht zu ihm?«, fragte sie vorwurfsvoll.
    »Nein. Wir müssen los.« Ich konnte ihr nicht sagen, dass ich nicht wusste, ob ich ihm momentan gegenübertreten konnte, nicht wenn ich wusste, dass mir mein Leben, wie ich es bisher kannte, entglitt.
    Phoenix kam zu mir und nahm meine Hand, er spürte, dass ich hier rausmusste. »Wohin?«
    »Nach Hause. Ich brauche etwas.«

KAPITEL DREIUNDZWANZIG
    »Verhalten wir uns so, dass – sollte unser Schicksal das Nichts sein – das als eine Ungerechtigkeit angesehen werden muss; kämpfen wir gegen die Vorsehung, selbst ohne Aussicht auf einen Sieg.«
    MIGUEL DE UNAMUNO
     
    I ch zog eine schwarze Cargo-Hose und ein graues Trainingsshirt an und schnürte mir einen Pulli um die Taille. »Überleben für Anfänger« vom Feinsten. Ich durchwühlte meine Schubladen, die mit Pinseln, Stiften und Modeschmuck vollgestopft waren, und fand mein altes, angeknackstes Handy. Ich steckte die SIM-Karte aus dem Handy, das ich zertrümmert hatte, hinein und schaltete es ein. Wundersamerweise zeigte es noch zwei Balken Batterie an. Vermutlich gab es eine Menge Dinge, die ich mitnehmen sollte. Waffen wären keine schlechte Idee – aber ich hatte keine. Im letzten Moment steckte ich meine Babyhalskette in die Tasche, zusammen mit dem Gedicht, das Mum mir hinterlassen hatte.
    Es klopfte an die Tür.
    »Ich komme!«, rief ich Phoenix zu. Ich fuhr mir mit den Fingern durchs Haar und zog es nach hinten zu einem Pferdeschwanz zusammen, dann schnappte ich meine Wanderstiefel und machte die Tür auf. Auf der anderen Seite stand Dad.
    »Hi, Liebes«, sagte er. Er sah besorgt aus.
    »Dad, hi. Ich dachte, du wärst Phoenix.«
    »Er ist im Wohnzimmer.« Er nickte mit dem Kopf in diese Richtung und fügte hinzu: »Ihr scheint euch … gut zu verstehen.«
    Ich begann, meine Stiefel anzuziehen, während Dad da stand. Ich hatte keine Zeit für dieses Gespräch. »Ja, aber wir sind auf dem Sprung.«
    »Vi, ist alles okay?«, fragte er. Meine Ungeduld war ihm nicht entgangen.
    »Mir geht es gut«, sagte ich. Dann fiel mir etwas ein. »Dad, ich weiß, das klingt jetzt ein bisschen komisch, aber als ich geboren wurde, hat Mum da irgendwas …« Ich hasste es, ihm das anzutun. Wenn man sie nur erwähnte, verzog er vor

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