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Erzaehl es niemandem

Erzaehl es niemandem

Titel: Erzaehl es niemandem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randi Crott , Lillian Crott Berthung
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vor.
     
    5. Mai
    Brief
von Helmut Crott, Drammen, an Lillian Berthung, Odda:
    In den letzten Tagen ist mir oft der Gedanke gekommen, zu
gegebener Zeit und vor einer passenden Stelle das Dir bekannte Geheimnis zu
lüften. Aber auch in dieser Beziehung weiß man wieder nicht, welches der
richtige Zeitpunkt ist, um weder nach der einen noch nach der anderen Seite
irgendwelche Nachteile zu verursachen. Das Leben ist und bleibt ein
Glücksspiel, wobei wir hoffentlich wie bisher begünstigt werden.
     
    9. Mai
    Brief
von Helmut Crott, Drammen, an Lillian Berthung, Odda:
    Draußen auf den Straßen kann man ein Leben beobachten, wie ich
es so noch nie gesehen habe. Die Menschen laufen durch die Stadt mit kleinen
und großen norwegischen Flaggen. Es herrscht unbeschreiblicher Jubel. An einem
Kiosk las ich die Überschrift einer Zeitung: Unser Kampf ist mit einem Sieg
gekrönt. Den Soldaten gegenüber verhält sich die Bevölkerung hier in Drammen
ruhig. Einige scheinen sogar Mitleid mit uns zu haben. Bis jetzt wissen wir
nicht, was mit uns geschehen soll. Vor einer Stunde hörte ich, dass die
Engländer in Oslo gelandet sein sollen. Da wird es nicht mehr lange dauern, bis
sie hier sind, und dann habe ich wahrscheinlich keine Möglichkeit mehr
rauszukommen, um einen Brief an Dich zu schicken. Was wird mit uns geschehen?
Im größten Vertrauen in unsere Zukunft, Dein Helmut
     
    10. Mai
    Brief
von Helmut Crott, Drammen, an Lillian Berthung, Odda:
    Meine geliebte Lillian, es ist immer noch Nacht.Vier Uhr. Wir
haben gerade Befehl bekommen, den Stützpunkt zu verlassen. Wir sollen ins
Kongsberger Gebiet verfrachtet werden. Mit der Freiheit ist es jetzt zu Ende.
In diesem Augenblick habe ich nur einen einzigen Wunsch, daß meine persönliche
Situation bald aufgeklärt wird. Falls Du längere Zeit nichts von mir hörst, ist
es nicht gelungen, Dir weitere Briefe zu schicken. Ein glückliches Wiedersehen
wird eines Tages kommen. Dein treuer Helmut
    P.S. Versteck alles, was darauf hindeutet, dass Du eine deutsche Verbindung hast.
Schau nach in Deiner Handtasche. In Oslo, so hört man, werden Leute auf der
Straße kontrolliert.
     
    10. Mai
    Brief
von Lillian Berthung, Odda, an Helmut Crott:
    Vorläufig müssen meine Briefe liegen bleiben, aber ich schreibe
dennoch jeden Tag, wie es mir geht und was um mich herum an großen und kleinen
Begebenheiten geschieht. Die letzte
Radiomeldung ist, daß alle deutschen Soldaten sofort ihre Stützpunkte in
Norwegen verlassen müssen und daß sie vorläufig in großen Lagern interniert
werden sollen, bevor sie nach Deutschland geschickt werden. Ist dort überhaupt
ein Wiederaufbau möglich? Wir hören jeden Tag schreckliche Dinge von dort. Die
Hauptschuldigen an dieser Katastrophe sind zu feige, um sich für ihre Handlungen
zu verantworten, und geben sich selbst eine Kugel.
    Wenn Du jetzt wahrscheinlich interniert wirst, hoffe ich, daß es
Dir gelingen wird, Deine Verhältnisse offenzulegen. Was beweisen wird, daß Dich
an allem keine Schuld trifft. Wo ist die halbe Portion, wo ist Dein Vater? Wo
bist Du heute?
     
    12. Mai
    Brief
von Helmut Crott, Kriegsgefangenenlager Heistadmoen, an Lillian Berthung, Odda:
    Meine liebe kleine Schicksalsgefährtin, wie ich Dir gestern
noch kurz mitteilen konnte, sind wir im Laufe des Tages gruppenweise von
Drammen abgefahren, wobei wir nach zweistündiger Fahrt bereits am Ziel waren.
Es handelt sich nicht um ein ehemaliges KZ , sondern um
ein früheres deutsches Armeegelände. In diesem Lager werden alle Soldaten des
Oslofjordes gesammelt. Oft habe ich daran gedacht, alles auf eine Karte zu
setzen und mich zu entfernen. Aber ich will wie immer einen geraden Weg gehen,
der mir bisher die richtigen Ziele gewiesen hat.
     
    13. Mai
    Brief
von Helmut Crott, Kriegsgefangenenlager Heistadmoen, an Lillian Berthung, Odda:
    Während des Schreibens sitze ich auf einer aus Birkenstämmen gebauten
Bank unter drei hohen Fichten, durch die die Sonne ihr Licht auf dieses Blatt
wirft. Mein Blick geht weit über Wiesen, Felder, Häuser, Straßen, Wälder und
Höhen in die Ferne, in der auch die Freiheit und Du auf mich warten.
     
    13. Mai
    Brief
von Helmut Crott, Kriegsgefangenenlager Heistadmoen, an Lillian Berthung, Odda:
    Jedenfalls darfst Du vorläufig nicht nach Harstad zurückkehren,
denn wir hören, daß jetzt überall die Frauen festgenommen und belästigt werden,
die mit Deutschen dienstlich oder persönlich zu tun hatten.
     
    2. Juni
    Brief
von Helmut Crott,

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