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Erzaehl es niemandem

Erzaehl es niemandem

Titel: Erzaehl es niemandem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randi Crott , Lillian Crott Berthung
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heute ist nicht klar, wann und von wem die
Entscheidung getroffen wurde, im Norden keinen Krieg mehr zu führen. Klar ist
nur, dass Terboven anders entschieden hätte. Ihm war an einer friedlichen
Abwicklung nicht gelegen. Doch Terboven spielt keine Rolle mehr in Norwegen. Dönitz hat ihn am 7. Mai abgesetzt.
Reichskommissar soll nun der Wehrmachtbefehlshaber Böhme werden. Da am frühen
Morgen dieses 7. Mai aber im französischen Reims der Chef des
Wehrmachtführungsstabes, Generaloberst Alfred Jodl, die Urkunde der bedingungslosen
Kapitulation unterzeichnet, erhält Böhme noch am Abend seiner Ernennung zum
Reichskommissar den Befehl, sich entsprechend dieses Vertrages zu verhalten.
Böhme gehorcht. Um 22 Uhr erklärt er über den Rundfunk, dass sich die Wehrmacht
auch in Norwegen ergebe. 73
    Helmut erfährt dies in Drammen, 40 Kilometer südwestlich von Oslo.
Auch seine Kompanie war im April zurückbeordert worden, und er wartet mit den
anderen Soldaten darauf, wie es jetzt weitergehen soll.

Es ist Friede, und alle jubeln
    Mai – August 1945 in Tagebüchern und Briefen
     
    8. Mai
    Tagebuch
Lillian, Odda:
    Es ist früher Vormittag. Vor zwei Stunden haben wir von der bedingungslosen
Kapitulation Deutschlands erfahren. Norsk Rikskringkasting ist wieder geöffnet
und sendet ununterbrochen neue Meldungen. Im Zentrum von Odda übertragen
Lautsprecher die Rede des amerikanischen Präsidenten Truman. Der letzte Akt der
Tragödie ist zu Ende. Es ist Friede, und alle jubeln. Aber was soll jetzt mit
den Hunderttausenden Okkupationssoldaten geschehen, die immer noch bewaffnet
sind? Wie wird es sich entwickeln? Am Abend treffen sich Tausende von Menschen
im Zentrum von Odda. Norwegische Flaggen werden geschwungen, Musikkapellen
spielen. Es wird gesungen und getanzt. Immer wieder erklingt die norwegische
Nationalhymne Ja
vi elsker dette landet . Es ist so, als ob alle sich kennen, als
ob jeder Einzelne den Krieg gewonnen hat. Einige sind total betrunken. Heute
Abend dürfen sie es sein. Es ist, als ob die Zeit stillsteht.
     
    9. Mai
    Tagebuch
Lillian, Odda:
    Ständig kommen neue Radiomeldungen: Deutsche Truppen ziehen
sich zurück aus den Gebieten, auch aus Sörreisa und Harstad. Ich komme zufällig
vorbei und werde Augenzeuge, wie Mitglieder der Nasjonal Samling aus ihren
Häusern abgeholt werden. Von den Menschen wüst beschimpft, stehen sie auf den
Ladeflächen der Lastwagen mit hoch erhobenen Händen. Einige werden angespuckt.
Manche wollen die Gefangenen verprügeln. Die Polizei versucht es zu verhindern.
Aber es gelingt nicht. Zwei junge Mädchen werden an den Haaren gezogen,
verspottet und verhöhnt.
    Es tut weh, das zu sehen. Sie haben sich auch in einen
Deutschen verliebt. Wenn mich hier jemand kennen würde, ginge es mir genauso.
     
    13. Mai
    Tagebuch
Lillian, Odda:
    Blanche schreibt: »Gut, dass du nicht in Harstad bist. Heimatfrontsoldaten
haben alle Mädchen geholt, die was mit Deutschen hatten. Sie wurden angespuckt
und man hat ihnen die Haare abgeschnitten!« Müssen Norweger auf diese Weise
zeigen, dass sie gute Norweger sind? Inmitten all der Freude also auch
Verzweiflung und Rachegefühle.
    Heute haben wir die Freigelassenen aus Deutschland und aus dem
Gefängnis Grini begrüßt. Alle werden mit Jubel und Blumen empfangen. Es werden
Reden gehalten, einige der Heimgekehrten weinen, viele sehen mitgenommen und
ausgemergelt aus. Unter den Freigelassenen ist auch ein Russe. In gebrochenem
Norwegisch hält er eine Dankesrede. Zu seinen Ehren wird die »Internationale«
gespielt.
    Die ersten Gerüchte über die Konzentrationslager kommen. Man
kann es nicht fassen, was man hört. In den Straßen marschieren die
Heimatfront-Soldaten mit geschulterten Gewehren und auch die ersten englischen
Soldaten zeigen sich. Sie sind freundlich und winken der Bevölkerung mit dem
Victory-Zeichen zu.
    Ständig hört man von Verhaftungen. NS -Leute
werden aus allen öffentlichen Ämtern entlassen. Reichskommissar Terboven hat
sich im Bunker seiner Residenz in Skaugum in die Luft gesprengt und Quisling 74 ist festgenommen worden. Ich hoffe trotz allem,
dass es keine Todesurteile in Norwegen geben wird. Was ist mit all denen, die
in den fünf langen Jahren der Besatzung reich geworden sind, weil sie mit
Deutschen Geschäfte gemacht haben und Baracken und Festungsanlagen gebaut haben?
Der König und der Kronprinz werden erwartet, und das Volk bereitet sich auf die
erste 17.-Mai-Feier 75 nach der Besatzung

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