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Erzaehlungen

Erzaehlungen

Titel: Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schnitzler
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Frau Heinold, daß in solchen Dingen Worte und Schwüre, oh, auch von andern Frauen, als ich eine bin, sehr wenig zu bedeuten haben?«
    »Sie lieben ihn ja nicht«, rief Beate plötzlich ohne alle Zurückhaltung aus. »Es wäre eine Laune, weiter nichts. Und ich bin seine Mutter. Frau Baronin, Sie werden mich einen solchen Schritt nicht vergebens haben tun lassen.«
    Fortunata stand auf, sah Beate lange an und streckte ihr die Hand entgegen. Sie schien sich mit einem Male überwunden zu geben. »Ihr Herr Sohn ist von dieser Stunde an für mich nicht mehr auf der Welt«, sagte sie ernst. »Verzeihen Sie, daß ich Sie so lange auf diese – selbstverständliche Antwort habe warten lassen.«
    Beate nahm ihre Hand und empfand in diesem Augenblick Sympathie, ja, eine Art von Mitleid für die Baronin. Fast fühlte sie sich versucht, mit einem Wort der Entschuldigung Abschied von ihr zu nehmen. Aber sie unterdrückte diese Regung, vermied es sogar, etwas auszusprechen, das wie ein Dank hätte klingen können und sagte nur ziemlich hilflos: »Nun, dann ist ja die Sache in Ordnung, Frau Baronin.« Und stand auf.
    »Sie wollen schon gehen?« fragte Fortunata in ganz gesellschaftlichem Ton.
    »Ich habe Sie lange genug aufgehalten«, erwiderte Beate ebenso.
    Fortunata lächelte, und Beate kam sich etwas dumm vor. Sie ließ es zu, daß die Baronin sie bis zur Gartentür begleitete, und reichte ihr hier nochmals die Hand. »Ich danke Ihnen für Ihren Besuch«, sagte Fortunata sehr liebenswürdig und fügte hinzu: »Wenn ich in der allernächsten Zeit nicht dazu kommen sollte, ihn zu erwidern, so werden Sie es mir hoffentlich nicht übelnehmen.«
    »Oh«, sagte Beate und erwiderte noch von der Straße her das freundliche Kopfnicken der Baronin, die an der Gartentüre stehengeblieben war. Unwillkürlich ging Beate rascher als sonst und hielt sich auf der ebenen Landstraße; sie konnte ja später auf den schmalen Waldpfad abbiegen, der steil und geraden Wegs zur Villa des Direktors führte. Wie steht's nun eigentlich, fragte sie sich erregt. Bin ich die Siegerin geblieben? Sie hat mir wohl ihr Wort gegeben. Ja. Aber sagte sie nicht selbst, daß Frauenschwüre nicht viel bedeuten? Nein, sie wird es nicht wagen. Sie hat ja nun gesehen, wozu ich fähig bin. Die Worte Fortunatens klangen in ihr weiter. Wie sonderbar sie nur von jenem Sommer in Holland gesprochen hatte! Wie von einem Ausruhen und Aufatmen nach einer wilden, süßen, aber wohl auch schweren Zeit. Und sie mußte sich Fortunata plötzlich vorstellen im weißen Leinenkleid über dem nackten Leib an einem Meeresstrand dahinlaufend, wie von bösen Geistern gehetzt. Es mochte nicht immer schön sein, solch ein Dasein, wie es Fortunata beschieden war. In gewissem Sinn war sie wohl, wie manche Frauen ihrer Art, innerlich zerstört, verrückt und kaum verantwortlich für das Unheil, das sie anrichtete. Nun, sie konnte ja tun, was sie wollte, nur Hugo sollte sie gefälligst in Frieden lassen. Mußte es denn gerade der sein? Und Beate lächelte, als ihr einfiel, daß man ja der Frau Baronin, als Ersatz gewissermaßen, einen eben angelangten hübschen jungen Herrn namens Fritz Weber hätte anbieten können, mit dem diese wohl auch ganz zufrieden gewesen wäre. Ja, den Antrag hätte sie ihr stellen sollen. Wahrlich, das hätte diesem kostbaren Gespräch die letzte Würze gegeben! Was es doch für Frauen gab! Was für ein Leben die führten! So daß sie von Zeit zu Zeit in holländischen Fischerdörfern sich erholen mußten. Für andere wieder war das ganze Leben solch ein holländisches Fischerdorf. Und Beate lächelte ohne rechte Heiterkeit.
    Sie stand vor dem Parktor der Welponerschen Villa und trat ein. Vom Tennisplatz her, der sich ziemlich nah dem Eingang befand, durch das dünne Gesträuch, sah Beate weiße Gewänder schimmern, hörte die wohlbekannten Rufe und trat näher. Zwei Geschwisterpaare standen einander gegenüber: der Sohn und die Tochter des Hauses, neunzehn und achtzehn alt, beide dem Vater ähnlich, mit dunkeln Augen und starken Brauen, in Zügen und Gebärden die italienisch-jüdische Abstammung verratend; auf der andern Seite der Doktor Bertram und seine überschlanke Schwester Leonie, die Kinder eines berühmten Arztes, der hier im Ort seine Villa bewohnte. Beate blieb zuerst in einiger Entfernung stehen, freute sich an der kräftig-freien Bewegung der jungen Gestalten, dem scharfen Flug der Bälle und fühlte sich wohlig angeweht von dem frischen Hauch eines

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