Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erzaehlungen

Erzaehlungen

Titel: Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schnitzler
Vom Netzwerk:
erklärende Worte schreiben sollte, zuckte die Achseln: »Wozu?« und setzte nur die Adresse aufs Kuvert: Herrn Oberleutnant Otto von Bogner. Oberleutnant – ja! – Er gab ihm die Charge wieder, aus eigener Machtvollkommenheit. Irgendwie blieb man doch immer Offizier – da mochte einer angestellt haben, was er wollte –, –, oder man
wurde
es doch wieder – wenn man seine Schulden bezahlt hatte.
    Er rief den Burschen, gab ihm den Brief zur Bestellung. »Aber tummeln S' sich.«
    »Is' eine Antwort, Herr Leutnant?«
    »Nein. Sie geben's persönlich ab und – es ist keine Antwort. Und in keinem Fall wecken, wenn Sie zurückkommen. Schlafen lassen. Bis ich von selber aufwach'.«
    »Zu Befehl, Herr Leutnant.« Er schlug die Hacken zusammen, machte kehrt und eilte davon. Auf der Stiege hörte er noch, wie der Schlüssel in der Tür hinter ihm sich drehte.

XV

    Drei Stunden später läutete es an der Gangtür. Joseph, der längst wieder zurückgekommen und eingenickt war, schrak auf und öffnete. Bogner stand da, dem er befehlsgemäß vor drei Stunden den Brief seines Herrn überbracht hatte.
    »Ist der Herr Leutnant zu Hause?«
    »Bitt' schön, der Herr Leutnant schlaft noch.«
    Bogner sah auf die Uhr. Gleich nach erfolgter Revision, in dem lebhaften Drang, seinem Retter unverzüglich zu danken, hatte er sich für eine Stunde frei gemacht, und er legte Wert darauf, nicht länger auszubleiben. Ungeduldig ging er in dem kleinen Vorraum auf und ab. »Hat der Herr Leutnant keinen Dienst heute?«
    »Der Herr Leutnant ist marod.«
    Die Tür auf dem Gang stand noch offen, Regimentsarzt Tugut trat ein. »Wohnt hier der Herr Leutnant Kasda?«
    »Jawohl, Herr Regimentsarzt.«
    »Kann ich ihn sprechen?«
    »Herr Regimentsarzt, melde gehorsamst, der Herr Leutnant ist marod. Jetzt schlaft er.«
    »Melden S' mich bei ihm, Regimentsarzt Tugut.«
    »Bitte gehorsamst, Herr Regimentsarzt, der Herr Leutnant hat befohlen, nicht zu wecken.«
    »Es ist dringend. Wecken S' den Herrn Leutnant, auf meine Verantwortung.«
    Während Joseph nach unmerklichem Zögern an die Tür pochte, warf Tugut einen mißtrauischen Blick auf den Zivilisten, der im Vorraum stand. Bogner stellte sich vor. Der Name des unter peinlichen Umständen verabschiedeten Offiziers war dem Regimentsarzt nicht unbekannt, doch tat er nichts dergleichen und nannte gleichfalls seinen Namen. Von Händedrücken wurde abgesehen.
    Im Zimmer des Leutnants Kasda blieb es still. Joseph klopfte stärker, legte das Ohr an die Tür, zuckte die Achseln, und wie beruhigend sagte er: »Herr Leutnant schlaft immer sehr fest.«
    Bogner und Tugut sahen einander an, und eine Schranke zwischen ihnen fiel. Dann trat der Regimentsarzt an die Tür und rief Kasdas Namen. Keine Antwort. »Sonderbar«, sagte Tugut mit gerunzelter Stirn, drückte die Klinke nieder – vergeblich.
    Joseph stand blaß mit weitaufgerissenen Augen.
    »Holen S' den Regimentsschlosser, aber g'schwind,« befahl Tugut.
    »Zu Befehl, Herr Regimentsarzt.«
    Bogner und Tugut waren allein.
    »Unbegreiflich«, meinte Bogner.
    »Sie sind informiert, Herr – von Bogner?« fragte Tugut.
    »Von dem Spielverlust, meinen Herr Regimentsarzt?« Und auf Tuguts Nicken: »Allerdings.«
    »Ich wollte sehen, wie die Angelegenheit steht«, begann Tugut zögernd. – »Ob es ihm gelungen ist, sich die Summe – wissen Sie etwa, Herr von Bogner –?«
    »Mir ist nichts bekannt«, erwiderte Bogner.
    Wieder trat Tugut an die Tür, rüttelte, rief Kasdas Namen. Keine Antwort.
    Bogner, vom Fenster aus: »Dort kommt schon der Joseph mit dem Schlosser.«
    »Sie waren sein Kamerad?« fragte Tugut.
    Bogner, mit einem Zucken der Mundwinkel: »Ich bin schon
der.
«
    Tugut nahm von der Bemerkung keine Notiz. »Es kommt ja vor, daß nach großen Aufregungen,« begann er wieder, – »es ist ja anzunehmen, daß er auch in der vergangenen Nacht nicht geschlafen hat.«
    »Gestern vormittag«, bemerkte Bogner sachlich, »hatte er das Geld jedenfalls noch nicht beisammen.«
    Tugut, als hielte er es für denkbar, daß Bogner vielleicht einen Teil der Summe mitbrächte, sah ihn fragend an, und wie zur Antwort sagte dieser: »Mir ist es leider nicht gelungen ... den Betrag zu beschaffen.«
    Joseph erschien, zugleich der Regimentsschlosser, ein wohlgenährter, rotbäckiger, ganz junger Mensch, in der Uniform des Regiments, mit den nötigen Werkzeugen. Noch einmal klopfte Tugut heftig an die Tür – ein letzter Versuch, sie standen alle ein paar Sekunden mit

Weitere Kostenlose Bücher