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Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Titel: Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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sich einen Weg mitten durch das feindliche Heer zu bahnen und zu Baja in Lusitanien eine Zuflucht zu finden.
    Musa konnte sich nicht erklären, was dieser verzweifelte Ausfall bedeuten sollte. Als der Tag kam, sah er die Thore der Stadt weit geöffnet. Eine Anzahl alter, ehrwürdiger Männer erschienen in seinem Zelte, boten Unterwerfung an und flehten um Gnade; denn Niemand war in der Stadt geblieben, als Alte, Kranke und Gebrechliche. Musa hörte theilnehmend auf ihr Flehen und gewährte ihnen, um was sie baten; und die einzige Abgabe, welche er forderte, bestand in drei Maas Weizen und drei Maas Gerste, welche jedes Haus oder jede Familie zu liefern hatte. Er legte eine Besatzung von Arabern in die Stadt und ließ eine Anzahl Juden dort, welche sich zu Sevilla ansässig machen sollten. Nachdem er sich auf diese Weise zwei bedeutende Plätze in Andalusien gesichert hatte, überschritt er die Grenzen dieser Provinz und rückte mit vielem kriegerischen Pompe in Lusitanien ein.
    Neuntes Kapitel.
    Musa belagert die Stadt Merida.
    Musa’s Heer bestand nun aus ungefähr achtzehntausend Reitern; nur weniges Fußvolk nahm er mit sich; denn dieses ließ er als Besatzung in den weggenommenen Städten. Er fand bei seinem Eintritt in Lusitanien keinen Widerstand. Eine Stadt legte nach der andern ihre Schlüssel zu seinen Füßen nieder und bat, in friedliche Dienstbarkeit aufgenommen zu werden. Nur eine einzige Stadt rüstete sich zu tapferem Widerstande – das alte Merida, ein Ort von großem Umfang, wunderbarer Stärke und zahllosem Reichthum.
    Ein edler Gothe, Namens Sacarus, war Befehlshaber der Stadt – ein Mann von ausgezeichneter Klugheit, Vaterlandsliebe und Tapferkeit. Als er von dem Herannahen der Eindringlinge hörte, versammelte er innerhalb der Mauern die ganze Bevölkerung des umliegenden Landes, mit ihren Pferden und Maulthieren, ihren Heerden und ihrer besten Habe. Damit er sich einen bedeutenden Vorrath von Brod sichere, füllte er die Magazine mit Getraide und ließ auf den Kirchen Windmühlen errichten. Nachdem dies geschehen war, verwüstete er die Umgegend weit und breit, so daß ein Belagerungs-Heer sich auf einer Wüste lagern mußte.
    Als Musa diese prachtvolle Stadt zu Gesicht bekam, stand er in Bewunderung verloren. Er schaute eine Zeit lang schweigend auf diese mächtigen Mauern, auf diese stolzen Thürme, ihre große Ausdehnung und auf die stattlichen Paläste und Kirchen, welche sie schmückten.
    »Gewiß,« rief er zuletzt aus, »gewiß haben alle Nationen der Erde ihre Macht und Geschicklichkeit vereinigt, um diese Stadt zu verschönern und zu vergrößern.
Alla Achbar!
Glücklich der, welcher den Ruhm haben wird, ihrer Herr zu werden!«
    Da er einsah, daß ein so bevölkerter und so stark befestigter Platz einen langen und fruchtbaren Widerstand leisten würde, sandte er Boten nach Afrika an seinen Sohn Abdalasis, um alle die Truppen, welche in den festen Plätzen Mauritaniens entbehrt werden konnten, zu sammeln, zu ihm zu eilen und sein Heer zu verstärken.
    Während Musa’s Truppen ihre Zelte aufschlugen, brachten ihm Flüchtlinge aus der Stadt die Kunde, eine auserlesene Schaar habe im Sinn, um Mitternacht einen Ausfall zu machen und sein Lager zu überraschen. Der arabische Befehlshaber nahm Augenblicks seine Maasregeln, sie mit einer Ueberraschung von seiner Seite zu empfangen. Nachdem er seinen Plan entworfen und den vornehmsten Führern seines Heeres mitgetheilt hatte, befahl er, man solle den ganzen Tag hindurch dem Lager das Ansehn nachlässiger Verwirrung und Unordnung geben. Die Außenposten waren nur schlecht bewacht; da und dort wurden Feuer angezündet, als schicke man sich zu fröhlichen Gelagen an; überall schallten die Töne der Musik und das Gelächter fröhlicher Schmausenden, und das ganze Lager schien in sorgloser Sicherheit sich zu ergötzen und in der Beute des Landes zu schwelgen. Als die Nacht heranrückte, erlosch ein Feuer nach dem andern, und ein tiefes Schweigen folgte, als wenn die sämmtliche Mannschaft nach dem Festgelag in schweren Schlaf gefallen wäre.
    Mittlerweile zogen einzelne Truppenabtheilungen still und heimlich aus, um die Außenposten zu verstärken. Der Renegat Magued legte sich mit einem zahlreichen Kriegerhaufen in einen tiefen Steinbruch, an welchem die Christen vorüber mußten, in Hinterhalt. Nachdem diese Vorbereitungen getroffen waren, erwarteten sie in athemlosem Schweigen die Ankunft des Feindes.
    Um Mitternacht versammelte sich die

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