Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Titel: Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
Vom Netzwerk:
rüstete er Alles zu, um mit einer mächtigen Verstärkung in Spanien einzutreffen und den Oberbefehl des siegreichen Heeres zu übernehmen. Seinen ältesten Sohn, Abdalasis, hatte er zu Cärvan zurückgelassen und ihm die Statthalterschaft über Almagreb oder Westafrika übergeben. Dieser Abdalasis war in der Blüthe der Jugend und wegen seiner Großmuth und der einnehmenden Leutseligkeit, die seinen Muth verschönte, von den Kriegern ungemein geliebt.
    Musa Ben Nosair setzte mit einem auserlesenen Heere von zehntausend Reitern und achttausend Fußgängern, Arabern und Afrikanern, über die Meerenge des Herkules. Seine zwei Söhne, Meruan und Abdelola, und zahllose arabische Edle aus dem Stamme Koreish begleiteten ihn. Er stieg mit seinen glänzenden Legionen auf der Küste von Andalusien an’s Land und ließ seine Zelte am Guadiana aufschlagen.
    Hier erhielt er die erste Kunde, daß der ungestüme Tarek gegen seine Befehle ungehorsam gewesen und, ohne seine Ankunft zu erwarten, seinen Zug fortgesetzt und die edelsten Provinzen und Städte des Königreichs mit seiner leichten arabischen Reiterei durchstreift und unterjocht habe.
    Musa’s argwöhnischer Geist wurde durch diese Nachrichten nur noch erbitterter. Er betrachtete fortan Tarek nicht mehr als seinen Freund und Mithelfer, sondern als einen neidischen Nebenbuhler, als den entschiedensten Feind seines Ruhms; und er beschloß, ihn zu verderben. Sein erster Gedanke war jedoch, sich einen Theil an der wirklichen Eroberung des Landes zu sichern, bevor es gänzlich unterjocht wäre.
    Er wählte zu diesem Zwecke unter seinen christlichen Gefangenen einige Führer und brach auf, um sich solche Theile des Landes zu unterwerfen, welche von Tarek noch nicht besucht worden waren. Der erste Platz, welchen er angriff, war die alte Stadt Carmona. Sie war nicht von bedeutendem Umfange, wurde aber durch hohe Mauern und feste Thürme vertheidigt; auch hatten sich viele der Flüchtlinge des großen Heeres, das bei Xerez geschlagen worden war, in diese Stadt geworfen.
    Die Gothen hatten sich um diese Zeit von ihrem ersten Schrecken erholt; allmählig hatten sie sich an den Anblick der sarazenischen Schaaren gewöhnt, und ihr angeborner Muth war durch die Gefahr neu belebt worden.
    Kurz nachdem die Araber ihre Zelte vor den Mauern von Carmona aufgeschlagen hatten, machte ein auserlesenes Häuflein von Rittern eines Morgens vor Anbruch des Tages einen plötzlichen Ausfall, überrumpelte den nichts ahnenden Feind, tödtete dreihundert Mann in den Zelten und zog sich wieder in die Stadt zurück; sie ließen zwanzig der Ihrigen, mit ehrenvollen Wunden bedeckt, und zwar in dem Mittelpunkte des feindlichen Lagers, todt zurück.
    Am nächsten Tag machten sie wieder einen Ausfall und stürzten sich auf einen andern Theil des Lagers; die Araber waren aber dies Mal auf ihrer Hut und stellten ihnen überlegene Streitkräfte entgegen. Nachdem sie eine Zeitlang tapfer gefochten, wurden sie in Unordnung gebracht und flüchteten in voller Eile nach der Stadt, während die Araber ihnen auf den Fersen folgten. Die Wachen drinnen fürchteten, die Thore zu öffnen, um nicht mit ihren Freunden einen Strom von Feinden in die Stadt zu lassen. Als die Fliehenden sich auf diese Weise ausgeschlossen sahen, beschlossen sie, wie brave Krieger zu fallen, ehe sie sich übergäben. Sie wendeten daher plötzlich ihre Pferde, öffneten sich einen Weg mitten durch die Schaar ihrer Feinde, schlugen sich wieder bis zu dem Lager durch und wütheten in demselben mit verzweifelter Wildheit, bis sie, nachdem sie dem Feinde gegen achthundert Mann getödtet, sämmtlich niedergehauen wurden. [Fußnote:
Abulcasim , Perdida de Espana, lib. I. cap. 13.
– Der Verf. ]
    Musa befahl nun, die Stadt durch Sturm zu nehmen. Die Moslemen griffen sie von allen Seiten an, fanden aber tapfern Widerstand. Es regnete Steine, Pfeile und siedendes Pech auf sie, wodurch viele ihren Tod fanden; andere, welche Sturmleitern angelegt hatten, wurden kopfüber von den Zinnen herab gestürzt. Der Alcayde Galo vertheidigte, nur von zwei Kriegern unterstützt, einen Thurm und einen Theil der Mauer, und tödtete und verwundete mit einer Armbrust mehr als achtzig feindliche Krieger. Der Angriff hatte über einen halben Tag gedauert, als die Moslemen mit einem Verluste von fünfzehnhundert Mann zurückgedrängt wurden.
    Musa war erstaunt und erbittert, vor einer so kleinen Stadt auf einen solchen verzweifelten Widerstand zu stoßen; denn Carmona

Weitere Kostenlose Bücher