Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
gewaffnete und geschmückte Wachen und Diener um sich, nebst vierhundert Geiseln – junge Ritter aus den edelsten Familien der Gothen – und einer großen Anzahl von Gefangenen beiderlei Geschlechtes, welche wegen ihrer Schönheit auserlesen und als Geschenke für den Kalifen bestimmt waren. Diesen folgte ein großer Zug von Lastthieren, welche mit der Beute Spaniens beladen waren; denn er nahm alle Schätze, welche er während seiner Eroberungen gesammelt, und den Antheil, welchen er für seinen Gebieter abgesondert bewahrt hatte, mit sich. Mit dieser Menge von Siegeszeichen, mit diesem Reichthum an Beute, wodurch die Herrlichkeit des von ihm eroberten Landes recht an das Licht trat, hoffte er zuversichtlich, die Verläumdungen seiner Feinde zum Schweigen zu bringen.
Als er durch das Thal des Guadalquivir zog, wandte er sich oft um und schaute gedankenvoll auf Cordova zurück. Nachdem er eine Stunde geritten war und im Begriffe stand, die Stadt aus den Augen zu verlieren, hielt er auf der Höhe eines Hügels sein Pferd an und blickte lange Zeit auf ihre Paläste und Thürme.
»O Cordova!« rief er aus; »groß und glorreich bist du unter den Städten und reich an allen Wonnen! Mit welchem Schmerz und Kummer scheide ich von dir! denn ich weiß gewiß, es würde die Zahl meiner Tage verlängern, wenn ich in deinen freundlichen Mauern wohnen könnte.«
Nachdem er diese Worte gesprochen, setzte er, wie der arabische Chronikenschreiber erzählt, seine Reise fort; aber seine Augen waren zu Boden geheftet, und häufige Seufzer verriethen die Schwere seines Herzens.
Er schiffte sich zu Cadix ein und landete mit seinem ganzen Gefolge und seinem Gepäcke an der Küste von Afrika, um die nöthigen Anordnungen in Bezug auf seine Statthalterschaft in diesem Lande zu treffen. Er vertheilte seine Herrschaft unter seine Söhne Abdelola und Meruan, deren erstern er in Tangier, den andern in Cairvan ließ. Nachdem er, wie er glaubte, auf diese Weise seiner Familie Macht und Wohlfahrt gesichert hatte, indem er alle seine Söhne als seine Stellvertreter in den von ihm eroberten Ländern zurückließ, reis’te er nach Syrien ab und nahm die kostbare Beute des Westen mit sich.
Während Musa in dieser Art über seine Befehlshaberstellen verfügte und unter der Last der Schätze langsam gen Osten zog, zeigte sich der alte Tarek bei weitem rascher und eifriger, der Aufforderung des Kalifen zu entsprechen. Er wußte, wie wichtig es da, wo Klagen gehört werden sollten, sei, zuerst vor dem Richter zu erscheinen; überdies war er zu jeder Zeit und Stunde fertig und gerüstet zum Aufbruch, und hatte nichts, das ihn in seiner Eile hemmte. Die Beute, welche er seinen Eroberungen verdankte, hatte er entweder unter seine Krieger vertheilt, oder an Musa abgeliefert, oder mit seiner gewohnten verschwenderische Freigebigkeit verschleudert. Mit einem kleinen Gefolge langgedienter Krieger erschien er in Syrien, und hatte keine andere Trophäen vorzuzeigen, als seine zerschlagene Rüstung und einen mit Narben bedeckten Körper. Mit Begeisterung aber wurde er von der Menge empfangen, welche zusammenströmte, um einen jener Eroberer des Westen zu sehen, von deren wundervollen Thaten jede Zunge sprach. Sie hatte ihre Freude an seinem hageren kriegerischen Aussehen, seinen harten, sonneverbrannten Zügen und seinem schadhaften Auge zumal.
»Heil und Segen,« rief die Menge, »dem Schwerte des Islam, dem Schrecken der Ungläubigen. Seht das wahre Vorbild eines Kriegers, welcher die Schätze verachtet und nichts sucht, als Ruhm.«
Der Kalife empfing Tarek el Tuerto mit vieler Huld und verlangte von ihm Berichte über seine Siege. Tarek theilte eine kriegermäßige Erzählung von seinem Thun mit, offen und gradezu, ohne geheuchelte Bescheidenheit und auch ohne eitle Ruhmsucht.
»Gebieter der Gläubigen,« sagte er, »ich bringe dir weder Silber, noch Gold, noch kostbare Steine, noch Gefangene; denn die Beute, welche ich nicht unter meine Soldaten vertheilte, übergab ich Musa, als meinem Befehlshaber. Welcher Art mein Benehmen gewesen, werden die ehrenhaften Krieger meines Heeres dir erzählen; ja, laß unsere Feinde, die Christen, fragen, ob ich mich jemals feig, oder grausam oder habgierig gezeigt habe.«
»Welche Art Volk sind diese Christen?« fragte der Kalife.
»Die Spanier,« sagte Tarek, »sind in ihren Vesten Löwen, in ihren Sätteln Adler, aber blose Weiber, wenn sie zu Fuß sind. Werden sie geschlagen, eilen sie, wie Ziegen, in ihre
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