Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
Hände kam.«
Darauf zog Tarek unter seinem Gewande einen Smaragdfuß, von gleicher Arbeit wie die übrigen und zu der Tafel vollkommen passend, hervor.
»Sieh, Gebieter der Gläubigen,« rief er, »den Beweis, wer der wahre Finder dieser Tafel ist; und in gleicher Art verhält es sich mit dem größern Theil der Beute, welche Musa als Zeichen seiner Thaten vorgelegt hat. Ich habe diese Schätze erobert; ich habe die Städte eingenommen, in welchen sie gefunden worden sind. Glaubt ihr meinen Worten nicht, so fragt die hier anwesenden christlichen Ritter, welche ich fast sämmtlich zu Gefangenen gemacht habe; fragt jene sarazenischen Krieger, welche mich in meinen Schlachten unterstützten.«
Musa war einen Augenblick verwirrt, versuchte aber bald, sich zu rechtfertigen.
»Ich habe,« sagte er, »als der Oberbefehlshaber deiner Heere gesprochen, unter dessen Befehlen, unter dessen Fahnen die Eroberung vollendet worden ist. Die Thaten des Kriegers sind die Thaten des Befehlshabers. Man kann bei einem großen Siege nicht annehmen, daß der Befehlshaber des Heeres alle Gefangene selbst genommen, alle Erschlagene selbst getödtet, alle Beute selbst gesammelt hat, obgleich in dem Berichte seines Sieges all das aufgezählt wird.«
Der Kalife zürnte aber und achtete auf seine Worte nicht.
»Du hast deine eigenen Verdienste herausgehoben,« sagte er, »und die Verdienste Anderer vergessen; ja, du hast einen Andern, der sich um seinen Gebieter höchst verdient gemacht hat, herabzusetzen gesucht. Der Lohn deines Neides und deiner Habsucht komme auf dein Haupt!«
So sprach er und bestimmte einen großen Theil der Beute dem wackern Tarek und den andern Häuptlingen, Musa aber gab er nichts; und der alte Emir zog sich unter dem Hohne und Murmeln der Anwesenden zurück.
Wenige Tage darauf starb der Kalife Walid Almanzor, und sein Bruder Soliman folgte ihm in der Regierung. Dieser neue Herrscher hegte einen tiefen Haß gegen Musa, weil er, seinem Befehle entgegen, sich an den Hof seines Bruders verfügt hatte, und er lieh den Verläumdungen seiner Feinde ein bereitwilliges Ohr; denn Musa’s Thaten waren zu glorreich gewesen, als daß er nicht viele Feinde hätte haben sollen. Alle faßten nun Muth, da sie sahen, daß er in Ungnade gefallen war, und sie häuften üble Nachreden auf sein Haupt, indem sie ihn anklagten, er habe einen großen Theil der dem Kalifen gehörigen Beute für sich behalten. Der neue Kalife lieh diesen Anklagen gern sein Ohr, und befahl ihm, Alles herauszugeben, was er in Spanien erobert habe.
Musa hätte den Verlust seiner Reichthümer vielleicht mit standhafter Seele ertragen; aber die Schmälerung seines Ruhmes erfüllte sein Herz mit Bitterkeit.
»Von meiner ersten Jugend an,« sagte er, »bin ich ein treuer Diener des Thrones gewesen, und jetzt, in meinem Alter, werde ich meiner Ehren entsetzt. An den Schätzen liegt mir nichts; aber man beraube mich der Ehre nicht, welche mir von Gott gekommen.«
Dieses Murren erbitterte den Kalifen nur noch mehr, und er nahm ihm seine Befehlshaberstelle, zog sein ganzes Habe ein, legte ihm eine Buße von zweihunderttausend gewichtigen Goldstücken auf und befahl, daß er gepeitscht und der Mittagssonne ausgestellt und dann in das Gefängniß geworfen werden sollte [Fußnote:
Conde , p. I. cap. 17.
– Der Verf. ] . Auch das Volk verspottete und verhöhnte ihn in seinem Elende, und als es ihn den Blicken aller Welt blosgestellt und in der Sonnengluth ohnmächtig werden sah, deutete es lachend auf ihn und rief aus: »Sieh da den Neiden und Lügner! Der ist’s, der vorgab, er habe das Land der Ungläubigen erobert.«
Fünfzehntes Kapitel.
Benehmen des Abdalasis als Emir von Spanien.
Während sich das Erzählte in Syrien begab, war der junge Abdalasis, der Sohn Musa’s, als Emir oder Statthalter in Spanien geblieben. Er war edeln und wohlwollenden Charakters; allein er war auch offen und vertrauensvoll und wurde leicht durch die Ansichten derer, die er liebte, geleitet und beherrscht. Glücklicher Weise hatte, wie schon bemerkt worden, sein Vater, als er von ihm schied, als ersten und treusten Rathgeber den klugen Ayub, Musa’s Neffen, bei ihm gelassen; durch seinen Rath geleitet, verwaltete er eine Zeitlang die öffentlichen Angelegenheiten des Landes mit Umsicht und Erfolg.
Nicht lange nach der Abreise seines Vaters erhielt er ein Schreiben von ihm, welches er auf seiner Reise nach Syrien an ihn gerichtet hatte. Es war folgenden Inhalts.
»Geliebter
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