Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Titel: Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
Vom Netzwerk:
überhängenden Braunen beschattet. Endlich brach er das Schweigen und sagte mit leiser, schwankender Stimme:
    »Ohne Zweifel kömmt diese Botschaft von Gott; und da er Erbarmen mit uns hat und uns von seinem bevorstehenden Gerichte Kunde gab, geziemt es uns wohl, auf das ernsthafteste zu berathen und festzusetzen, wie wir seinen Willen am besten erfüllen und seinen Zorn abwenden.«
    Die Häuptlinge saßen immer noch schweigend da, wie von tiefer Betrübniß befangen. Unter ihnen befand sich ein alter edler Krieger, Pelistes genannt. Er hatte sich in den afrikanischen Kriegen ausgezeichnet und mit dem Grafen Julian oft Seite an Seite gefochten, der letztere hatte es aber nie gewagt, seine Treue zu versuchen; denn er kannte seine strenge Biederkeit. Pelistes hatte seinen einzigen Sohn, welcher sein Schwert noch nie gezogen hatte, außer in Turnieren, mit sich in das Lager gebracht. Als der Jüngling bemerkte, daß die alten Krieger stumm blieben, färbte das Blut plötzlich seine Wangen; er besiegte seine Bescheidenheit und machte einer edeln Wärme Luft.
    »Ich weiß nicht, Ritter,« sagte er, »was in euerm Geiste vorgeht; was mich betrifft, so halte ich diesen Pilger für einen Abgesandten des Teufels; denn niemand anders hätte einen so feigen und treulosen Rath geben können. Ich sage euch, ich bin bereit, meinen König, mein Vaterland und meinen Glauben zu vertheidigen. Ich kenne keine höhere Pflicht, als diese, und wenn es Gott gefällt, mich in deren Erfüllung den Tod finden zu lassen, so mag sein höchster Wille geschehen.«
    Als der junge Mann sich erhoben hatte, um zu sprechen, hatte sein Vater mit ernster und strenger Miene das Auge auf ihn gefesselt und, auf sein großes Schwert gelehnt, seinen Worten zugehört. Sobald der Jüngling geendigt hatte, umarmte ihn Pelistes mit der Zärtlichkeit eines Vaters.
    »Du hast recht gesprochen, mein Sohn,« sagte er; »wenn ich zu dem Rathe dieses schurkischen Pilgers geschwiegen habe, so geschah es nur, weil ich deine Meinung hören und erfahren wollte, ob du deiner Abstammung und der Erziehung würdig bist, welche ich dir gegeben habe. Hättest du einen andern Rath ausgesprochen, als den, welchen du gegeben hast; hättest du dich feig und ehrlos gezeigt: würde ich dir, so wahr mir Gott hilft, mit diesem Schwerte, das ich in meiner Hand halte, den Kopf abgeschlagen haben. Aber du hast gerathen, wie ein ehrenfester und christlicher Ritter, und ich danke Gott, daß er mir einen Sohn gegeben hat, würdig, die Ehre meines Stammes fortzupflanzen. Was jenen Pilger angeht, so liegt mir nichts daran, ob er ein Heiliger oder der Teufel sei; so viel verspreche ich, daß, wenn ich denn in der Vertheidigung meines Königs und meines Vaterlandes sterben muß, der Feind mein Leben theuer bezahlen soll. Fasse ein Jeder den gleichen Entschluß, und ich hege die Hoffnung, wir werden beweisen, daß der Pilger ein Lügenprophet gewesen.«
    Pelistes’ Worte richteten den Muth vieler Ritter wieder auf; andere blieben jedoch voller ängstlicher Besorgnisse und Ahnungen; und als sich das Gerücht von dieser Wahrsagung in dem Lager verbreitete, wie die Kreaturen des Bischofs denn Sorge trugen, daß dies geschah – erregte sie Schrecken und Zagheit unter den Kriegsleuten.
    Fünfzehntes Kapitel.
    Gefecht zwischen den beiden Heeren. – Pelistes und sein Sohn. – Pelistes und der Bischof.
    Am folgenden Tage blieben die Heere in den Lagern und schauten sich wechselseitig mit vorsichtigen, aber drohenden Blicken an. Gegen Mittag schickte König Roderich eine auserlesene Schaar von fünfhundert Reitern und zweihundert Mann zu Fuß, die bestbewaffneten Mannen seines Heeres, ab, um dem Feind ein Gefecht anzubieten, weil er, wenn er einen theilweisen Sieg davon trüge, den Muth seiner Krieger zu beleben hoffte. Sie wurden von Theudemir, demselben gothischen Edeln, angeführt, welcher sich durch seinen ersten Widerstand gegen den Einfall der Moslemen ausgezeichnet hatte.
    Die christlichen Schaaren stellten sich mit fliegenden Fahnen in dem Thale, welches die beiden Heere trennte, in Schlachtordnung auf. Die Araber zeigten sich nicht träge, der Herausforderung zu entsprechen. Ein zahlreicher Reiterhaufen stürzte zum Angriffe hervor, unter ihnen dreihundert von des Grafen Julian Mannen. Ein heißes Gefecht entspann sich auf dem Gefilde und auf den Ufern des Flusses; auf beiden Seiten wurde manche wackere That vollbracht, und viele tapfern Krieger wurden erschlagen. Als die Nacht einbrach,

Weitere Kostenlose Bücher