Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
der Verbannung und dem Einsiedlerleben Roderich’s wird von Berganza mitgetheilt, der sich auf portugiesische Chronikenschreiber stützt.
»Einige portugiesische Geschichtschreiber,« sagt Berganza, [Fußnote:
Chron. lib. I. cap. 13.
– Der Verf. ] »versichern, der König Don Rodrigo habe sich, nachdem er die Schlacht verloren, nach Merida begeben und sich in das Kloster Cauliniano zurückgezogen, wo er seine Sünden bereut und unter vielen Thränen gebeichtet habe. Da er aber ein noch abgezogeneres Leben zu führen wünschte, wählte er einen Mönch, Namens Roman, zu seinem Gefährten, nahm ein Christusbild, welches Cyriakus, ein griechischer Mönch, von Jerusalem in das Kloster Cauliniano gebracht hatte, und begab sich auf einen sehr rauhen Berg, welcher über dem Meere, in der Nähe des Dorfes Pederneyra, lag. Rodrigo lebte in Gesellschaft des genannten Mönchs ein Jahr lang in der Tiefe einer Grotte; darauf begab er sich zu der Einsiedelei von San Miguel, welche bei Viseo lag, und wo er starb und begraben wurde.
»Man kann diese Nachricht in den Noten des Don Thomas Pamayo zu Paulus Diaconus lesen. Die Chronik von San Millan, welche bis zum Jahre 883 geht, sagt aus, man habe bis zu seiner Zeit nichts von dem Ende des Königs Rodrigo erfahren. Als wenige Jahre darauf der König Don Alonso der Große die Stadt Viseo eingenommen hatte, fand er in einer Kirche die Grabschrift, welche in lateinischer Sprache besagt: »Hier liegt Rodrigo, der letzte König der Gothen.« –
Die Höhle des Herkules.
Da die Erzählung von dem Zauberthurm eine der verbreitetsten sowohl, als auch der am wenigsten glaubwürdigen Punkte in der Geschichte Don Roderich’s ist, so scheint es rathsam, sie durch den Bericht von einem andern Wunder der Stadt Toledo zu stützen und zu befestigen.
Diese alte Stadt, welche ihr Dasein beinahe aus den Zeiten der Sündfluth herschreibt und als ihren Gründer Tubal, den Sohn Japhet’s und Enkel Noah’s, anführt, [Fußnote:
Galazar , Historia Granad. Cardinal. Prolog. vol. I. pl. 1.
– Der Verf. ] hat vielen Generationen und einer wechselnden Menge von Völkerstämmen als fester Kriegspunkt gedient. Sie trägt Spuren des Scharfsinns und der Erfindungskunst ihrer mannichfaltigen Besitzer und zeigt eine Fülle von Geheimnissen und Vorwürfen, welche die Alterthumsforscher in Zweifel und Verwirrung zu setzen vermögen.
Sie ist auf einem hohen Bergvorsprung erbaut, an dessen Fuß die Wellen des Tajo grollend vorüberbrausen, und wird von steilen, zerrissenen Höhen beherrscht. Die Höhen sind voller Klüfte und Grotten; und der Bergvorsprung selbst, auf welchem die Stadt erbaut wurde, zeigt Spuren von Gewölben und unterirdischen Wohnungen, welche gelegentlich unter den Trümmern alter Häuser oder unter Kirchen und Klöstern entdeckt worden sind.
Nach den Annahmen Vieler waren dies die Wohnungen oder Zufluchtsörter der ursprünglichen Bewohner des Landes; denn, Plinius zufolge, war es Sitte der Alten, in hohen, felsigen Gegenden Höhlen zu graben und in ihnen zu wohnen, um so den Fluthen auszuweichen; und eine solche Vorsicht, sagt der würdige Don Pedro de Roxas in seiner Geschichte von Toledo, war bei den ersten Toledanern natürlich genug, in Betracht, daß sie ihre Stadt kurz nach der Sündfluth gründeten, während das Andenken daran ihrem Gedächtnisse noch neu war.
Andere haben angenommen, diese geheimen Grotten und Gewölbe seien Verstecke der Einwohner und ihrer Schätze gewesen, während Krieg und Gewalt in dem Lande wütheten, oder rohe Tempel zur Verrichtung religiöser Ceremonien in den Zeiten der Verfolgung.
Ferner fehlt es nicht an andern, sehr ernsten Schriftstellern, welche ihnen einen weit düsterern Ursprung zuschreiben. In jenen Höhlen, sagen sie, wurden die teuflischen Mysterien der Zauberei gelehrt; in ihnen wurden jene höllischen Festlichkeiten und Zauberkünste vorgenommen, welche in den Augen Gottes und der Menschen schrecklich sind.
»Die Geschichte,« sagte der gute Don Pedro de Roxas, »ist voll von Berichten, daß die Magier ihre Zaubereien und ihre abergläubischen Gebräuche in tiefen Höhlen und geheimnißvollen Plätzen verrichteten; denn da diese Teufelskunst schon seit dem ersten Ursprung des Christenthums verboten war, suchten sie stets verborgene Orte auf, um sich derselben hinzugeben.«
In den Zeiten der Mauren wurde diese Kunst, wie man berichtet, gleich Astronomie, Mathematik und Philosophie, öffentlich auf ihren Universitäten gelehrt, und
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