Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
Kalife wird mir Gerechtigkeit widerfahren lassen!« Dieser lakonische Trotz steigerte Musa’s Zorn so sehr, daß er ihn in ein Gefängniß zu werfen befahl und sogar sein Leben bedrohte.
Darauf hatte Magued el Rumi, obgleich er seine Beförderung der Ungnade Tarek’s verdankte, die Großmuth, sich warm zu seinen Gunsten auszusprechen.
»Bedenkt,« sagte er zu Musa, »welches die Folgen dieser Strenge sein können. Tarek hat viele Freunde in dem Heere; auch seine Thaten waren ausgezeichnet und glänzend und berechtigen ihn zu den höchsten Ehren, zu dem größten Lobe, statt der Ungnade und der Gefangenschaft.«
Musa’s Zorn war jedoch nicht zu besänftigen, und er hoffte, seine Maasregeln durch die Absendung einer Botschaft an den Kalifen zu rechtfertigen, bei welchem er Tarek des Ungehorsams anklagte und sein rasches, verwegenes Benehmen hervorhob. Der Erfolg bewies die Klugheit des von Magued gegebenen Rathes. Nach einiger Zeit erhielt Musa von dem Kalifen ein demüthigendes Schreiben, worin ihm befohlen wurde, Tarek den Befehl über die Truppen, »welche er so ruhmwürdig angeführt habe,« zurückzugeben und »eines der besten Schwerter des Islam« nicht nutzlos zu machen. [Fußnote:
Conde , p. I. cap. 15.
– Der Verf. ]
Auf diese Weise bringt der Neidische Demüthigungen und Vorwürfe über sich selbst, während er sich bemüht, einen verdienten Nebenbuhler herab zu setzen. Als die Kunde von der Gerechtigkeit, welche der Kalife dem alten Krieger angedeihen ließ, in das Lager kam, verbreitete sich unter den Schaaren allgemeine laute Freude, und in den lächelnden Zügen aller derer, welche Musa umgaben, las er den strengen Tadel über sein Verfahren. Er verbarg jedoch seine tiefe Demüthigung und gab sich den Anschein, als wenn er mit der größten Freude den Befehlen seines Gebieters nachkäme. Er befreite Tarek aus dem Gefängniß, lud ihn zu einem Festmahl an seine Tafel und gab ihm öffentlich den Oberbefehl über seine Schaaren zurück. Mit Jubel und Entzücken nahm das Heer seinen Liebling auf und feierte die Wiederversöhnung der beiden Feldherrn. Aber der Jubelruf der Krieger klang widerwärtig in Musa’s Ohr.
Zwölftes Kapitel.
Musa verfolgt den Eroberungsplan. – Belagerung von Saragossa. – Vollständige Unterjochung Spaniens.
Als die Zwistigkeiten, welche das arabische Heer in dem Verfolge seiner Eroberungen eine Zeitlang aufgehalten hatten, beigelegt und die Befehlshaber der maurischen Krieger dem Scheine nach wieder versöhnt waren, brach Musa als Oberfeldherr auf, um das Unternehmen durch die Unterwerfung der nördlichen Theile Spaniens zu vervollständigen. Dieselbe rasche Weise der Eroberung, welche durch Tarek so scharfsinnig angewendet worden, wurde fortwährend befolgt. Die Truppen waren leicht gewaffnet und jeder überflüssigen Belästigung baar. Jeder Reiter hatte außer seinen Waffen eine kleine Vorrathstasche, ein kupfernes Geschirr, in welchem er das Nöthigste kochen konnte, und ein Fell, das ihm als Bedeckung und als Bett dienen konnte. Das Fußvolk hatte nichts zu tragen, als seine Waffen. Jeder Abtheilung war eine beschränkte Anzahl von Maulthieren und Treibern beigegeben, welche gerade hinreichte, das nöthige Gepäcke und den Vorrath von Lebensmitteln fortzuschaffen. Nichts ward erlaubt, was die Zahl der Kämpfenden vermindern, ihre raschen Bewegungen aufhalten oder ihre Vorräthe nutzloser Weise aufzehren konnte. Von Neuem ergingen strenge Befehle, welche bei Todesstrafe alles Plündern verboten, mit Ausnahme eines feindlichen Lagers oder solcher Städte, die durch Sturm genommen werden mußten. [Fußnote:
Conde , p. I. cap. 15.
– Der Verf. ]
Die Heere traten nun ihre verschiedenen Marschlinien an. Das unter Tarek wendete sich nordöstlich, bemächtigte sich des Landes gegen die Quelle des Tajo zu, überschritt die Kette der iberischen oder aragonischen Gebirge und verbreitete sich in den Ebenen und Thälern, welche der Ebro bewässert. Es war überraschend, in einem so kurzen Zeitraume ein so ausgedehntes und schwieriges Land in Besitz nehmen und unterwerfen und die eindringenden Heere, wie die Fluthen einer Ueberschwemmung, ihre Wogen bis in die entferntesten und verstecktesten Theile ausbreiten zu sehen.
Während Tarek auf diese Weise das Land in nordöstlicher Richtung durchstürmte, schlug Musa den entgegengesetzten Weg ein; doch war es sein Plan, im Norden mit ihm zusammen zu stoßen und dort ihre Kräfte zu vereinigen. Indem er sich nach Westen wandte,
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